Leitsatz (amtlich)
Wenn das Landwirtschaftsgericht an Stelle des Erlasses eines Feststellungsbeschlusses ein Hoffolgezeugnis erteilt hat, ist nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung die auf Einziehung des Hoffolgezeugnisses gerichtete Beschwerde statthaft, obwohl die Erteilung des Hoffolgezeugnisses als tatsächliche Handlung grundsätzlich nicht beschwerdefähig ist.
In einem Verfahren auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses hat das Landwirtschaftsgericht von Amts wegen zu prüfen und ggf. inzident festzustellen, ob es sich bei dem von dem Erblasser hinterlassenen Grundbesitz im Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls noch um einen Hof im Sinne der HöfeO handelte oder ob die Hofeigenschaft außerhalb des Grundbuchs entfallen war.
Der bloße Wille des Erblassers, seinen Grundbesitz trotz Betriebseinstellung weiter als Hof zu behandeln und nach höferechtlichen Grundsätzen zu vererben, ist nicht maßgeblich, wenn objektiv bereits lange Zeit vor dem Erbfall eine dauerhafte Betriebseinstellung erfolgt ist.
Hat ein Erblasser durch letztwillige Verfügung einen Hoferben eingesetzt und kann dieser die Hofnachfolge deshalb nicht antreten, weil die Hofeigenschaft im Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls bereits entfallen war, dann ist diese Verfügung in der Regel dahingehend auszulegen, dass der Bedachte die Besitzung unabhängig von ihrer höferechtlichen Einordnung erhalten soll. Selbst wenn die landwirtschaftliche Besitzung der wesentliche Vermögensgegenstand des Erblassers ist, kommt aber eine Alleinerbschaft des Hoferben gem. § 2087 BGB nicht in Betracht, wenn die Auslegung des Testaments einen anderslautenden Willen des Erblassers ergibt.
Normenkette
BGB §§ 2087, 2361; HöfeO § 1
Verfahrensgang
AG Herford (Aktenzeichen 2 Lw 56/20) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 23.03.2021 wird das Amtsgericht - Nachlassgericht - Herford angewiesen, das Hoffolgezeugnis vom 22.12.2020 und den Erbschein vom 16.02.2021 einzuziehen.
Die Gerichtskosten in beiden Instanzen werden dem Beteiligten zu 1) auferlegt. Darüber hinaus wird von der Anordnung einer Kostenerstattung abgesehen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 101.968,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten über die Rechtsnachfolge nach der am 00.00.2020 im Alter von 91 Jahren verwitwet und kinderlos verstorbenen Erblasserin C, bei der es sich um die Tante des Beteiligten zu 2) und die Großtante des Beteiligten zu 1) handelt.
Der Ehemann der Erblasserin war Eigentümer des im Grundbuch des Amtsgerichts H, Blatt 000, eingetragenen landwirtschaftlichen Grundbesitzes in einer Größe von ca. 10,3 ha, für den seit dem 25.09.1950 ein Hofvermerk im Grundbuch eingetragen ist.
Mit dem Tod ihres Ehemannes am 00.00.1991 wurde die seinerzeit 62-jährige Erblasserin als dessen testamentarische Hoferbin Eigentümerin des vorgenannten Grundbesitzes. Nach Veräußerung einer 8724 m2 großen Parzelle im Dezember 1991 wurde der Einheitswert für den nunmehr 9,4659 ha großen landwirtschaftlichen Grundbesitz durch Bescheid vom 15.02.1992 auf 30.300 DM festgesetzt.
Diesen Grundbesitz bewirtschaftete die Erblasserin nachfolgend nicht selbst weiter, sondern verpachtete die landwirtschaftlichen Nutzflächen in einer Größe von knapp 9 ha etwa zur Hälfte jeweils an den Beteiligten zu 1) und den benachbarten Landwirt I.
Seit Ende der 1990er Jahre bis etwa zum Jahr 2005 nutzten der Beteiligte zu 2) und einer seiner Brüder eine Scheune auf der Hofstelle als Lagerfläche für Möbel. In der Folgezeit vermietete die Erblasserin die Scheune als Unterstellfläche an Dritte.
Am 01.08.2012 errichtete die Erblasserin ein handschriftliches Testament, in dem es einleitend wie folgt heißt:
"Ich C geborene D am 00.00.0000 in G-F geboren, werde mein Gesamtes Vermögen in meiner Linie Vererben. Da ich bis heute von den Nichten und Neffen meines Mannes nicht unterstützt worden bin, werden alle vom Erbe ausgeschlossen. Das hat mein Mann J zu Lebzeiten mir gesagt."
Nachfolgend ordnete die Erblasserin an, dass ihre Nichten K und L jeweils einen Betrag in Höhe von 20.000 EUR erhalten und die Einrichtungsgegenstände untereinander aufteilen sollen.
Wegen des weiteren Inhalts und des genauen Wortlauts des Testaments, von dem die Erblasserin eine handschriftliche Abschrift erstellte, wird auf die zur Akte gereichten Ablichtungen Bezug genommen (Bl. 11 und 12).
Am 09.09.2012 errichtete die Erblasserin ein weiteres handschriftliches Testament, in dem sie den Beteiligten zu 1) zum Erben ihres Hofes einsetzte und die Erbeinsetzung näher begründete. Gleichzeitig ordnete sie an, dass ihr Nachbar I das von ihm gepachtete Land erstmal behalten und ein weiteres, näher beschriebenes Stück Land erhalten solle.
Auch insoweit wird wegen des genauen Wortlauts auf die Ablichtung des Testaments (Bl. 13, 14) Bezug genommen.
Wenige Tage nach Errichtung des letztgenannten Testaments begab sich die Erblasserin aufgrund einer geplanten Knie-Operation in stationäre Krankenhausbehandlung. Nach der Op...