Leitsatz (amtlich)
Für die Frage der Volljährigkeit ist nach dem Recht Guineas Art. 168 Code De L'enfant maßgeblich, wonach ein Kind unter 18 Jahren nur mit Zustimmung seiner Eltern bzw. des Inhabers der elterlichen Sorge Verträge schließen kann.
Normenkette
BGB Art. 21; BGBEG Art. 7, 21, 24 Abs. 1 S. 1; EGV 2201/2003 Art. 1 Abs. 2b, Art. 8 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Bochum (Aktenzeichen 61 F 153/16) |
Tenor
Die Beschwerde des Vormunds vom 24.11.2016 gegen den Beschluss des Amtsgerichts -Familiengericht- Bochum vom 28.10.2016 wird zurückgewiesen.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; eine außergerichtliche Kostenerstattung findet nicht statt.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Bezogen auf den guineischen Staatsangehörigen E, geboren am 14.11.1997, wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Bochum vom 11.11.2013 - Az. 60 F 356/13 -, das Ruhen der elterlichen Sorge festgestellt und Vormundschaft angeordnet. Zum Vormund wurde Rechtsanwältin G bestellt.
Mit Beschluss vom 28.10.2016 hat das Amtsgericht deklaratorisch festgestellt, dass die Vormundschaft beendet ist, weil der Beteiligte das 18. Lebensjahr erreicht hat. Maßgeblich sei insofern Art. 1 des Code de l'enfant guineen vom 19.08.2008, welcher den bis dato geltenden Art. 443 Code Civil verdrängt habe. Die offiziellen Amtsträger des Staates Guinea hätten eine entsprechende Interpretation nach ausdrücklichem Hinweis auf die sich widersprechenden Vorschriften vorgenommen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten E. Durch den Code de l'enfant werde die Volljährigkeitsregelung des zivilen Gesetzbuches in Guinea nicht aufgehoben. Es greife vielmehr die Kollisionsregel, wonach der Art. 443 des Code Civile die gültige Rechtsnorm sei.
II. Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, da die Vormundschaft aufgrund der Volljährigkeit des betroffenen Mündels beendet ist und das Amtsgericht dies insofern zu Recht deklaratorisch festgestellt hat.
1. Die Beschwerde ist nach §§ 58 ff. FamFG zulässig.
a. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für das vorliegende Verfahren folgt aus Art. 8 Abs. 1 EuEheVO - Brüssel II A - VO. Danach ist für Entscheidungen, die die elterliche Verantwortung betreffen, die Zuständigkeit der deutschen Gerichte eröffnet, wenn das betroffene Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. Der Anwendungsbereich der EuEheVO bezieht sich gem. Art. 1 Abs. 2 b EuEheVO auch auf die Vormundschaft. Es ist dabei unerheblich, dass gerade die Minderjährigkeit des betroffenen Mündels vorliegend streitig ist. Die Frage der Minderjährigkeit ist nämlich nicht nur Voraussetzung für die gerichtliche Zuständigkeit, sondern auch für die vom Vormund und dem Mündel begehrte Feststellung, dass die Vormundschaft fortbesteht. Es handelt sich insoweit um eine doppelrelevante Tatsache, bei der die Bejahung des Anspruchs begrifflich diejenige der Zuständigkeit in sich schließt. Zum Zwecke der Vereinfachung und Beschleunigung ist in diesen Konstellationen für die Zuständigkeit zu unterstellen, dass das betroffene Mündel noch minderjährig ist (vgl. BGH, NJW 2010, 873; OLG Bremen, AuAS 2016, 93).
b. Die Beschwerde wurde auch durch den Vormund wirksam erhoben. Für das Beschwerdeverfahren ist nämlich trotz der erstinstanzlichen Entscheidung davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer noch Vormund des Mündels ist und deshalb nach § 9 Abs. 2 FamFG das Beschwerderecht ausüben konnte. Zwar hat der angefochtene Beschluss das Ende der Vormundschaft ausgesprochen und wird ein Beschluss grundsätzlich gem. § 40 FamFG mit der Bekanntgabe an den Beteiligten wirksam. Die Wirkung des § 40 FamFG tritt hier aber schon deshalb nicht ein, weil es sich bei der bloßen Feststellung, dass die Vormundschaft beendet ist, nicht um einen Gestaltungsakt, sondern um einen deklaratorischen Beschluss handelt. Die Frage, ob der Vormund noch Vormund ist, hängt wiederum mit der Frage zusammen, ob das betroffene Mündel noch als minderjährig anzusehen ist. Auch insoweit liegt deshalb eine doppelrelevante Tatsache vor, so dass auch diesbezüglich im Rahmen der Zulässigkeit die Minderjährigkeit zu unterstellen ist.
2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, weil das Amtsgericht zutreffend festgestellt hat, dass die Vormundschaft beendet ist.
a. Das Ende der Vormundschaft unterliegt gem. Art. 24 Abs. 1 S. 1 EGBGB dem Recht des Staates, dem der Mündel angehört, hier mithin dem Recht Guineas. Art. 395, 399 Code Civil des Staates Guinea setzen voraus, dass der Mündel minderjährig ist. Mit Eintritt der Volljährigkeit ist deshalb die Vormundschaft beendet.
b. Die Vorfrage, ob die als Mündel in Betracht kommende Person minderjährig oder im Sinne voller Geschäftsfähigkeit volljährig ist, richtet sich nicht unbedingt nach dem gleichen Recht wie die Voraussetzungen für die Vormundschaft (vgl. OLG Karlsruhe, FamRZ 2015, 1820 m.w.N.). Das Merkmal der Volljährigkeit ist vielmehr selbständig anzuknüpfen (Mü...