Leitsatz (amtlich)
Eine aufwandsangemessene Zeithonorarvereinbarung verletzt auch bei einem Strafverteidigerhonorar weder das Sittengesetz noch ist es nach § 4 Abs. 4 S. 1 RVG (früher § 3 Abs. 3 S. 1 BRAGO) herabzusetzen (Abgrenzung zu BGHZ 162, 98 = NJW 2005, 2142).
Normenkette
RVG § 4 Abs. 4; BRAGO § 3 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Hagen (Urteil vom 16.12.2004; Aktenzeichen 6 O 294/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das am 16.12.2004 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Hagen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3 879,46 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.01.2002 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten erster Instanz werden dem Kläger zu 47% auferlegt und der Beklagten zu 53%, die zudem in Höhe dieses Anteils die außergerichtlichen Kosten erster Instanz des Streithelfers zu tragen hat.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger zu 17%, die Beklagte trägt sie sowie die außergerichtlichen Kosten des Streithelfers im Berufungsverfahren zu 83%.
Der Streithelfer trägt im Übrigen seine außergerichtlichen Kosten erster Instanz und im Berufungsverfahren selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
A.
Gemäß § 540 Abs. 2 i. V. mit § 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO und § 544 ZPO i. V. mit § 26 Nr. 8 S. 1 EGZPO wird von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen abgesehen.
Entscheidungsgründe
B.
Die Berufung ist teilweise begründet.
I.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung eines restlichen Anwaltshonorars in Höhe von (7 587,56 DM=) 3 879,46 EUR gemäß §§ 611, 675 BGB i. V. mit § 414 BGB.
1.
Die Beklagte, die zum fraglichen Zeitpunkt noch unter T GmbH firmierte, hat die sich für den Zeugen L aus dem mit dem Kläger abgeschlossenen Anwaltsvertrag ergebende Verpflichtung zur Zahlung des Anwaltshonorars durch die Honorarvereinbarung vom 18.02.2000 (Bl. 15 f. d. A.) wirksam übernommen.
a)
Die zwischen den Parteien am 18.02.2000 geschlossene Honorarvereinbarung erschöpft sich nicht in einer Regelung der Höhe der Vergütung. Die Regelung der Höhe der Vergütung impliziert vielmehr eine Einigung der Parteien darüber, dass die Vergütung durch eine der Vertragsparteien zu zahlen ist; ohne eine solche Einigung ergäbe die Regelung zur Vergütungshöhe keinen Sinn. Deshalb ist in der Vereinbarung, dass ein bestimmtes Honorar zu zahlen ist, ohne weiteres konkludent nach § 414 BGB die Vereinbarung der Übernahme der Verpflichtung zur Zahlung der Vergütung überhaupt enthalten (vgl. auch BGH NJW 1991, 3095, 3098).
b)
Die Honorarvereinbarung ist zwischen den Parteien auch wirksam zustande gekommen.
aa)
Der damalige Geschäftsführer der Beklagten, der Zeuge T3, hat die zunächst vom Zeugen X ohne Vertretungsmacht abgeschlossene Vereinbarung genehmigt, § 177 Abs. 1 BGB. Dies steht zur Überzeugung des Senats aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme fest.
(1)
Die teilweise erneute Durchführung der Beweisaufnahme war geboten, weil konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit bzw. Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen des Landgerichts begründeten, § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Das Landgericht hat den Zeugen X als Partei angehört, nicht jedoch als Zeugen, als welcher er von beiden Parteien benannt war und auch hätte vernommen werden müssen, weil der Zeuge X nur einfacher Nebenintervenient ist (Zöller, Zivilprozessordnung, 25. Aufl. 2005, § 373, Bearb.: Greger, Rn. 5a, 6). Vor diesem Hintergrund war auch der Zeuge T3 erneut zu vernehmen, um ihm den Inhalt der Zeugenaussage X vorzuhalten. Der Zeuge L ist trotz eines entsprechenden erstinstanzlichen Beweisantritts auch durch die Beklagte vom Landgericht nicht vernommen worden; auch die Vernehmung der Zeugin E ist trotz dahingehender erstinstanzlicher Beweisantritte der Parteien unterblieben.
(2)
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat der Zeuge X zunächst für die Beklagte die Unterschrift unter der Honorarvereinbarung vom 18.02.2000 geleistet, obwohl er zu diesem Zeitpunkt weder deren gesetzlicher Vertreter noch zur Abgabe der Erklärung besonders bevollmächtigt war. Vielmehr war der Zeuge X seinerzeit lediglich alleinvertretungsberechtigter Mitgeschäftsführer der T GmbH, die die Komplementärstellung in der T2 GmbH & Co. KG, der Muttergesellschaft der Beklagten, einnahm. Als solcher war der Zeuge lediglich im Innenverhältnis für die Verwaltungsangelegenheiten der T Gruppe und damit auch der Beklagten zuständig, hatte aber für die Beklagte keine nach außen gerichtete Vertretungsmacht. Allerdings hat der Zeuge T3, der zum damaligen Zeitpunkt Geschäftsführer der Beklagten war, auf die im Nachhinein erfolgte Mitteilung des Zeugen X vom Abschluss der Honorarvereinbarung sein Einverständnis mit dieser erklärt. Dies ergibt sich aus der entsprechenden Bekundung des Zeugen T3, die den Senat überzeugt hat. Der Zeuge konnte sich an Details des Geschehens wie die vom Zeugen X für den Abschl...