Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Wirksamkeit Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Energielieferungsverträgen.

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Urteil vom 14.01.2011; Aktenzeichen 25 O 230/11)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 12.12.2012; Aktenzeichen VIII ZR 14/12)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 14.01.2011 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt,

1.

es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, diese zu vollstrecken an den Vorstand, zu unterlassen,

bei Stromversorgungsverträgen, die mit Verbrauchern geschlossen werden, die nachfolgenden oder inhaltsgleiche Bestimmungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen einzubeziehen sowie sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 01.04.1977, wie geschehen in dem Antragsformular nebst Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten für den Tarif S Naturstrom-Haushalt (Anlage K2 zur Klageschrift) zu berufen:

“[6.1] S kann den Verbrauchspreis und den Grundpreis ändern. Eine solche Anpassung wird Ihnen mit einer Frist von mindestens acht Wochen schriftlich angekündigt. Ändert S auch nur einen dieser Preise, so sind Sie - auch während der Erstlaufzeit - berechtigt, diesen Vertrag zum Zeitpunkt der angekündigten Preisänderung in Textform zu kündigen. Die Kündigung muss mindestens einen Monat vor Wirksamwerden der Änderung bei S eingegangen sein. Kündigen Sie nicht, so gelten die geänderten Preise zum angekündigten Zeitpunkt. S wird Sie auf die Bedeutung Ihres Verhaltens im Anpassungsschreiben besonders hinweisen.

[8.3] Als Zahlungsart steht Ihnen das Lastschriftverfahren zur Verfügung.

[9.1] Fordert S Sie bei Zahlungsverzug erneut zur Zahlung auf oder lässt den Betrag durch einen Beauftragten einziehen, kann S Ihnen die dadurch entstehenden Kosten pauschal berechnen.

[9.2] [Sollten Sie Ihren Zahlungsverpflichtungen trotz Mahnung nicht nachkommen, kann S die Stromlieferung vier Wochen nach Androhung unterbrechen lassen und den örtlichen Netzbetreiber mit der Unterbrechung der Versorgung beauftragen […] S lässt die Versorgung unverzüglich wiederherstellen, sobald die Gründe für die Unterbrechung entfallen sind und Sie die Kosten der Unterbrechung und Wiederherstellung der Belieferung ersetzt haben.] Die Kosten können für strukturell vergleichbare Fälle pauschal berechnet werden; die pauschale Berechnung muss einfach nachvollziehbar sein.

[15.2] S haftet auch bei schuldhafter Verletzung wesentlicher Vertragspflichten, bei leichter Fahrlässigkeit jedoch der Höhe nach beschränkt auf die bei Vertragsschluss vorhersehbaren vertragstypischen Schäden (wesentliche Vertragspflichten sind solche, deren Erfüllung den Vertrag prägt und auf die der Kunde vertrauen darf).„

2.

an den Kläger 200,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.03.2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 37 % und die Beklagte zu 63 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung des Ausspruchs in der Hauptsache gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Hinsichtlich der Kosten darf der jeweilige Vollstreckungsschuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Der Kläger, Dachverband aller 16 Verbraucherzentralen und 25 weiterer verbraucher- und sozialorientierter Organisationen in Deutschland, nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Verwendung allgemeiner Geschäftsbedingungen in Anspruch. Nach § 2 seiner Satzung bezweckt der Kläger die Wahrnehmung von Verbraucherinteressen. Die Beklagte ist ein Stromversorgungsunternehmen, welches seine Dienstleistungen auch gegenüber den Verbrauchern erbringt. Bei Abschluss von Stromversorgungsverträgen, die mit Verbrauchern geschlossen werden, verwendet die Beklagte ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen S Naturstrom, welche folgende Bestimmungen enthalten:

"[2.3] Der Stromliefervertrag kommt zustande, sobald S Ihnen in einem weiteren Schreiben (bzw. bei Auftragserteilung gemäß 2.2 ggf. auch per E-Mail) das Zustandekommen bestätigt und den verbindlichen Lieferbeginn mitteilt. Wenn Ihr Auftrag bis zum 15. eines Monats bei S eingegangen ist, beginnt die Stromlieferung in der Regel am 1. des übernächsten Monats. Voraussetzung ist allerdings, dass Ihr bisheriger Stromliefervertrag vor Lieferbeginn beendet werden ...

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