Leitsatz (amtlich)

Wird ein abzutrennendes Grundstück ohne eigenen Zugang zu einer öffentlichen Straße veräußert, kann es zu den Pflichten des den Kaufvertrag beurkundenden Notars gehören, die Beteiligten über die Möglichkeit der Vereinbarung eines Wegerechts und dessen Absicherung durch eine Grunddienstbarkeit zu belehren. Der Minderwert eines Grundstücks, der daraus resultiert, dass die dingliche Sicherung eines - im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung begründeten - Wegerechts unterbleibt, kann ein vom Notar zu ersetzender Schaden sein. Die Haftung eines Notars für den Schaden ist aufgrund einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit derzeit ausgeschlossen, wenn der geschädigte Käufer aufgrund einer anwaltlichen Pflichtverletzung einen Anspruch auf Ersatz des Schadens gegen seinen Prozessbevollmächtigten hat.

 

Normenkette

BNotO § 19 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Arnsberg (Aktenzeichen 1 O 296/19)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 22.06.2020 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen wird, wobei die Zahlungsklage in Höhe eines Betrages von 10.025,00 EUR endgültig abgewiesen bleibt.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern der Beklagte vor der Vollstreckung nicht Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 27.054,35 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt den beklagten ehemaligen Notar nach Beurkundung eines Grundstückskaufvertrags vom 29.12.2006 (UrkNr. Urk01/2006) und der darauf beruhenden Auflassung vom 01.06.2007 (Urk.Nr. Urk02/2007) in Anspruch. Mit den vorgenannten Verträgen erwarb der Kläger Teilflächen aus den Grundstücken Flur (..), Flurstücke Flst01 u. Flst02 sowie die Grundstücke Flur (..), Flurstücke Flst03, Flst04 der Gemarkung X/Z zu einem Kaufpreis von insg. 100.000,00 EUR. Eigentümer und Verkäufer des Grundstücks Flur (..), Flurstück Flst01 war der Vater des Klägers, seine Mutter war Eigentümerin und Verkäuferin der Grundstücke Flur (..), Flurstücke Flst02, Flst03 u. Flst04. Die Eltern des Klägers bewohnen die benachbarte, auf den ihnen zu Eigentum gehörenden Grundstücken aufstehende Immobilie Lstraße 00a. Die vom Kläger erworbene Teilfläche des Flurstücks Flst01 ist mit einem Fachwerkhaus bebaut. Es hat die Postanschrift Lstraße 00. Seinerzeit wurde es von dem Kläger bewohnt.

Im Zeitpunkt der Beurkundung des notariellen Kaufvertrags waren die zu veräußernden Grundstücksteilflächen noch nicht vermessen. Der Kaufgegenstand war durch eine Skizze, die Teil des Kaufvertrags ist, bestimmt. Wegen der Lage der veräußerten Grundstücksflächen wird auf die vorbezeichnete Skizze (Bl. 231 d.A.) sowie auf die von den Parteien überreichten Lagepläne (Bl. 31, 64, 65 u. 215 d.A.) verwiesen. In dem Kaufvertrag vom 29.12.2006 ist unter § 10 die Erschließung des Kaufgrundstücks vermerkt.

Die aufgrund des Kaufvertrags vom 29.12.2006 zu übertragenden Flächen wurden im April 2007 durch einen von den Eltern des Klägers beauftragten Vermessungsingenieur vermessen und danach neu bezeichnet. Die dem Kläger übertragenen Grundstücksflächen tragen jetzt die Bezeichnungen Flur (..), Flurstück Flst05 u. Flst06; der dem Vater des Klägers verbleibende Teil des früheren Flurstücks Flst01 trägt nunmehr die Bezeichnung Flurstück Flst07. Entgegen dem Kaufvertrag wurde eine im Bereich der X(..)straße gelegene Fläche von ca. 20m2 aus dem Grundstück Flst01/Flst05 nicht mitvermessen. Der Beklagte identifizierte nach Vermessung und Teilung der Grundstücke den aufzulassenden Kaufgegenstand anhand der Vermessungsunterlagen. Deswegen wurde die Teilfläche von 20 m2 nicht an den Kläger übertragen.

Das neu gebildete Grundstück Lstraße 00 grenzt an keiner Stelle unmittelbar an den öffentlichen Straßenraum. Das klägerische Grundstück ist im Westen und Süden von Grundstücken der Eltern des Klägers und im Norden von fremden Grundstücken umschlossen, im Osten wird es durch das an der X(..)straße entlanglaufende Gewässer gleichen Namens begrenzt, das nicht überbaut werden darf. In der Vergangenheit nutzte der Kläger das im Eigentum seines Vaters stehende Flurstück Flst07 als Zuwegung zu seiner Immobilie.

Im Jahr 2016 untersagten die Eltern dem Kläger infolge familiärer Streitigkeiten das Betreten und die Nutzung der in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke und versperrten auf dem Flurstück Flst07 die Zuwegung zu dem Grundstück des Klägers. Der Kläger strengte ein einstweiliges Verfügungsverfahren sowie ein Hauptsacheverfahren vor dem Landgericht Arnsberg (2 O 421/16) an, um die Nutzung seines Grundstücks zu erreichen. In diesem Ver...

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