Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Unterscheidung von privat- und öffentlich-rechtlichen Verkehrssicherungspflichten (Schulunfall)

 

Verfahrensgang

LG Arnsberg (Urteil vom 23.05.2011; Aktenzeichen I-1 O 436/10)

 

Tenor

Die Berufung des klagenden Landes gegen das am 23.5.2011 verkündete Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des LG Arnsberg wird zurückgewie-sen.

Das klagende Land trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Das klagende Land nimmt die beklagte Gemeinde aus Anlass eines Schulunfalls aus nach § 82 LBG NW übergeleitetem Recht auf Schadensersatz in Anspruch.

Die Beklagte ist Trägerin der örtlichen B-Schule, an der die als Beamtin im Dienst des Landes stehende Zeugin K als Grundschullehrerin tätig ist. Am 27.2.2009 verletzte sich die Zeugin während des Sportunterrichts, den sie in der von der Beklagten unterhaltenen und der B-Schule zur Verfügung gestellten Sporthalle W abhielt, als sie beim Vorturnen einer Übung mit Anlauf auf eine zur Ausstattung der Sporthalle gehörende Weichbodenmatte sprang, dort auf dem Gesäß landete und mangels ausreichender Abfederung durch die Matte weitgehend ungebremst auf dem Hallenboden aufschlug, wodurch sie sich neben einer Steißbeinprellung eine Fraktur des 9. Brustwirbels zuzog.

Die Sporthalle W sowie die darin befindlichen Sportgeräte waren am 22.9.2008 im Auftrag der Beklagten durch die Streithelferin überprüft worden, die über ihre hierbei getroffenen Feststellungen einen sog. Inspektion/Kontrollbericht gefertigt hatte, in dem u.a. vermerkt ist "2 Stk Schaumkern für Weichbodenmatte 195 × 295 × 30 erneuern und neu einziehen", versehen mit dem handschriftlichen Zusatz: "alte Füllung zu weich". Nach dem Unfall der Zeugin K ließ die Beklagte die im Prüfbericht der Streithelferin angesprochenen Weichbodenmatten gegen neue austauschen.

Mit seiner Klage verlangt das Land nach erfolgloser vorgerichtlicher Aufforderung der Beklagten zum Schadensausgleich Ersatz aufgrund der Verletzung der Zeugin K angefallener, von ihm getragener und mit 7.980,49 EUR bezifferter Behandlungskosten sowie daneben Erstattung verauslagter vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten.

Das klagende Land hat vorgetragen, der mangelhafte Zustand der Weichbotenmatte sei für die Zeugin K nicht erkennbar gewesen, während die Beklagte hiervon aufgrund des Prüfberichts der Streithelferin positive Kenntnis gehabt habe, gleichwohl aber im Vertrauen darauf, dass nichts passieren werde, bis zum Unfall der Zeugin K untätig geblieben sei. Die Beklagte hafte deshalb für den der Zeugin K entstandenen Schaden aufgrund ihr vorzuwerfender Amtspflichtverletzung, da sie es entgegen ihrer aus § 79 SchulG NRW folgenden, ihr als Schulträger obliegenden Verpflichtung zur Unterhaltung der Schulanlagen und Schulgebäude und in Kenntnis des Prüfberichts der Streithelferin unterlassen habe, notwendige Vorkehrungen zur Gewährleistung eines verkehrssicheren Zustands der Sporthalle samt darin befindlicher Geräte zu treffen. Die verletzte Amtspflicht der Beklagten habe dabei mit drittschützender Wirkung auch gegenüber der Zeugin K bestanden. Daneben trage die Beklagte auch die Verkehrssicherungspflicht für die von ihr (der B-Schule) vermietete Sporthalle und hafte daher auch aus diesem Gesichtspunkt. Durch die notwendige Behandlung der Zeugin K und deren Dienstausfall seien Kosten in mit dem Klageantrag zu 1. geltend gemachter Höhe angefallen.

Die Beklagte ist dem entgegen getreten und hat eingewandt, der Zeugin K stehe kein Schadensersatzanspruch gegen sie -die Beklagte- zu, der auf das Land übergegangen sein könnte. Zu ihren -der Beklagten- Gunsten finde die Bestimmung des § 46 Abs. 2 BeamtVG Anwendung. Danach komme eine Haftung ungeachtet des Umstandes, dass sie selbst nicht Dienstherr(in) der Zeugin K sei, allein bei durch -hier nicht gegebene- vorsätzlich unerlaubte Handlung verursachten Schäden in Betracht. Unabhängig davon fehle es an einer ihr -der Beklagten- anzulastenden, zumal schuldhaften Pflichtverletzung, insbesondere lasse sich eine solche nicht aus dem Prüfbericht der Streithelferin herleiten, in dem sich kein Hinweis auf eine bestehende -abgesehen davon auch bestrittene- Unfallgefahr finde. Der Zeugin K sei überdies ein weit überwiegendes und im Ergebnis anspruchsausschließendes Mitverschulden anzulasten, da aufgrund ihrer langandauernden Tätigkeit an der B Schule davon ausgegangen werden müsse, dass ihr der beanstandete Zustand der Weichbodenmatten schon vor ihrem Unfall positiv bekannt gewesen sei, sie abgesehen davon aber auch gehalten gewesen wäre, die Matten vor Beginn ihrer Turnübung auf ihre Tauglichkeit hin zu überprüfen, die für die ausgeführte Turnübung ohnehin schon aufgrund ihrer Beschaffenheit auch bei ordnungsgemäßem Zustand des Schaumkerns nicht bestanden habe, weshalb es auch an der Kausalität zwischen behaupteter Pflichtverletzung und dem Schaden fehle. Zur Anspruchshöhe werde dag...

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