Leitsatz (amtlich)
1. Ein Parteiwechsel auf Klägerseite im Mahnverfahren nach Widerspruch gegen den Mahnbescheid ist zulässig.
2. Jedenfalls mit Zustellung einer den Anforderungen des § 253 ZPO genügenden Klagebegründung durch den neuen Kläger ist ein entsprechendes Prozessrechtsverhältnis wirksam begründet.
3. Hat der Konkursverwalter durch Nichtverfolgung eines Anspruchs pflichtwidrig die Masse verkürzt, so kann der einzelne Gläubiger vom Verwalter nach Beendigung des Konkursverfahrens gem. § 82 KO Schadensersatz in Höhe des auf ihn entfallenden Quotenschadens verlangen. Soweit dies nicht geschieht, kann der Schuldner vom Verwalter lediglich Freistellung ggü. den verbleibenden Gläubigern in Höhe des jeweiligen, auf diese entfallenden Quotenschadens verlangen. Der davon zu trennende, allen Beteiligten gemeinsam entstandene Gesamtschaden, der inhaltlich der Summe der Einzelschäden entspricht, kann ausschließlich im Rahmen einer Nachtragsverteilung (§§ 166 ff. KO) durch einen neuen Konkursverwalter eingezogen werden (Änderung der Rspr. des Senats; Aufgabe von NZI 2001, 373).
Normenkette
ZPO §§ 253, 688 ff; KO § 82
Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 21.09.2006; Aktenzeichen 8 O 564/04) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 21.9.2006 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Essen unter Zurückweisung der Berufung des Klägers abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger nimmt den Beklagten aus abgetretenem Recht der U AG wegen Pflichtverletzungen in Anspruch, die er, der Beklagte, als Konkursverwalter über das Vermögen der Zedentin begangen haben soll.
Die Aktionäre der späteren Gemeinschuldnerin beschlossen in der Hauptversammlung vom 26.7.1982 eine Gewinnausschüttung für das Jahr 1981 i.H.v. 840.000 DM und zugleich eine Kapitalerhöhung um 1.400.000 DM. Die beiden Hauptaktionäre Dr. L und G, die 99 % der neuen Aktien übernahmen, wurden neben zwei Minderheitsaktionären aufgefordert, 50 % des Nennwertes der neu übernommenen Aktien an die Gesellschaft zu zahlen. Bei der Hausbank der Gesellschaft, der C AG, wurde ein neues Konto "Kapitalerhöhung" eingerichtet, auf das in der Folgezeit 735.000 DM vom laufenden Konto der U AG umgebucht wurden. Obwohl ein Liquiditätszufluss damit nicht verbunden war, bescheinigte die C AG mit Schreiben vom 24.9.1982 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf § 37 Abs. 1 AktG, dass der vorgenannte Betrag, der 50 % der neu übernommen Aktien nebst 5 % Agio entspreche, auf das Kapitalerhöhungskonto eingezahlt worden sei und dem Vorstand endgültig zur freien Verfügung stehe.
Mit Beschluss vom 1.3.1985 wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der U AG eröffnet. Der Kläger wirft dem Beklagten vor, in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter pflichtwidrig nicht überprüft und erkannt zu haben, dass die Kapitalerhöhung aus dem Jahre 1982 nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei und die C AG aufgrund ihrer unrichtigen Bescheinigung gem. § 37 Abs. 1 S. 4 AktG als Gesamtschuldnerin neben den an der Kapitalerhöhung beteiligten Aktionären für den ausstehenden Erhöhungsbetrag einzustehen gehabt habe. Den somit i.H.v. 735.000 DM ggü. der C AG bestehenden Anspruch der Gesellschaft habe der Kläger pflichtwidrig nicht zur Masse gezogen, sondern verjähren lassen.
Nach Aufhebung des Konkursverfahrens am 4.9.1997 erwirkte der Kläger 1999 und 2001 zwei Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse, die wegen einer Hauptforderung i.H.v. 1.334.245,84 DM gegen die U AG u.a. deren angebliche Ansprüche gegen den Beklagten aus den vorgenannten Pflichtverletzungen betrafen. Als der Haftpflichtversicherer des Beklagten eine negative Feststellungsklage in Aussicht stellte, verzichtete der Kläger zunächst auf die Rechte aus den Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen und brachte 2002 lediglich wegen eines Teilbetrages von 244.893,94 EUR eine erneute Pfändung aus.
Im August 2000 beantragte der Kläger zwei Mahnbescheide gegen den Beklagten. Aus eigenem Recht machte er Schadensersatzansprüche i.H.v. 81.090,89 EUR geltend (6 O 301/01 LG Essen, 27 U 44/03 OLG Hamm). In Bezug auf den weiteren, am 6.9.2000 erlassenen Mahnbescheid, der vorliegendem Verfahren zugrunde liegt, trat er zunächst als Prozessbevollmächtigter der U AG auf. Der Mahnbescheid über 6,5 Mio. DM betraf u.a. Schadensersatzforderungen gem. § 82 KO wegen des Nichteinzugs der Ansprüche gegen die C AG i.H.v. 1,0 Mio. DM (Punkt 2.3) und entgangene Zinserträge aufgrund des Nichteinzugs "vorstehender Forderungen" von 900.000 DM (Punkt 2.5). Der Beklagte hat fristgerecht Widerspruch gegen den Mahnbescheid eingelegt.
Mit schriftlicher, auf den 6.9.2002 datierter Vereinbarung trat die U AG de...