Entscheidungsstichwort (Thema)
Straßenverkehrsrecht: Haftungsverteilung bei Kollision zwischen einem linksabbiegenden Schlepper und einem überholenden Leichtkraftrad. Schadensersatz und Schmerzensgeld: Haftung für die Verursachung eines Verkehrsunfalls bei Mithaftung des Geschädigten von 33,3 %
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Urteil vom 19.08.1999) |
Tenor
Die Anschlussberufung der Beklagten gegen das am 19. August 1999 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung des Klägers wird - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen - das genannte Urteil abgeändert. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger unter Einbeziehung der landgerichtlichen Verurteilung 965, 86 DM nebst 4 % Zinsen seit denn 26. Juni 1997 zu zahlen.
Die Beklagten werden weiter verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger unter Einbeziehung der landgerichtlichen Verurteilung ein Schmerzensgeld von insgesamt 18. 000, 00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 26. Juni 1997 zu zahlen.
Es wird festgestellt, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger 2/3 des zukünftigen materiellen Schadens aus dem Verkehrsunfall vom 1997 in P sowie den zukünftigen immateriellen Schaden unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Klägers von 1/3 zu ersetzen; den materiellen Schaden nur insoweit, als Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen der Kläger 47 %, und die Beklagten 53 %.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 30 % und die Beklagten 70 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Es beschwert die Beklagten in Höhe von 21. 049, 20 DM und den Kläger um 8. 106, 03 DM.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagten aufgrund eines Verkehrsunfalls, der sich am 1997 um 15.35 Uhr in P an der Einmündung H Strasse/P ereignete, auf Schmerzensgeld, Schadensersatz und Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige materielle und immaterielle Schäden in Anspruch.
Der am 1980 geborene Kläger befuhr an diesem Tage mit einem von seiner Mutter gehaltenen Leichtkraftrad Yamaha in P, Ortsteil H die H Straße in Fahrtrichtung I. Vor ihm fuhr in gleicher Richtung der Beklagte zu 1) mit einem bei der Beklagten zu 2) versicherten Ackerschlepper, an dem ein Pflanzenspritzgerät angebaut war. Der Trecker hatte eine Breite von 2, 05 m, das Pflanzenspritzgerät eine Breite von 2, 90 m. Am Schlepper waren (serienmäßige) Außenspiegel angebracht. In der Höhe schloss das Anbaugerät mit der Fahrerkabine ab. Es war hinten an beiden Seiten mit rotweißen Warntafeln versehen, auf welchen Fahrtrichtungsanzeiger angebracht waren.
Der Kläger und der Beklagte zu 1) fuhren zunächst unter einer Eisenbahnbrücke her. Dort war die Geschwindigkeit wegen Bauarbeiten an der Bahnstrecke auf 30 km/h beschränkt. Die rechte Fahrspur war gesperrt, so dass die Verkehrsteilnehmer die linke Fahrspur benutzen mussten. Ob sich der Kläger nach dem Durchfahren der Baustelle wieder nach rechts einordnete, ist streitig. Hinter der Brücke setzte der Kläger zum Überholen des Beklagten zu 1) an. Als der Kläger im Begriff war, an dem Ackerschlepper vorbeizufahren, bog der Beklagte zu 1) in die Straße "P" ab. Der Kläger prallte aus streitiger Ursache mit dem Krad gegen das vordere linke Rad des Schleppers.
Ob auch an der Unfallstelle die Geschwindigkeit (noch) auf 30 Km/h beschränkt war, ist streitig.
Durch die Kollision wurde das Krad mit dem Kläger in den (in Fahrtrichtung des Klägers gesehen) linken Straßengraben geschleudert. Der Kläger wurde am rechten Bein einschließlich des Fußes erheblich verletzt. Auch gegenwärtig leidet der Kläger noch unter den Folgen der Verletzungen (Krallenzehenbildung).
Er hält ein Schmerzensgeld in Höhe von (zumindest) 35.000,00 DM für angemessen.
Der unfallbedingte Sachschaden des Klägers beträgt unstreitig 2. 897, 60 DM. Hiervon hat die Beklagte zu 2) vorprozessual ein Drittel (= 965, 86 DM) erstattet.
Der Kläger behauptet, er selbst sei an der Unfallstelle mit etwa 45 km/h gefahren. Die zulässige Geschwindigkeit sei dort nicht mehr auf 30 Km/h beschränkt gewesen. Nach dem Durchfahren der Baustelle habe er sich wieder nach rechts eingeordnet und erst danach den Überholvorgang begonnen. Der Beklagte zu 1) habe vor der Unfallsstelle weder geblinkt noch sich zur Fahrbahnmitte eingeordnet. Dieser habe auch keine signifikante Geschwindigkeitsreduzierung vorgenommen. Offensichtlich habe er nicht der doppelten Rückschaupflicht Rechnung getragen. Durch das angebaute Pflanzenspritzgerät sei eine Beobachtung des rückwärtigen Verkehrs durch Blick in den Außenspiegel auch gar nicht möglich gewesen. Der Beklagte zu 1) habe daher die Pflicht gehabt, den Schlepper anzuhalten und sich durch einen Blick aus der Fahrerkabine Gewissheit über G rückwärtigen Verkehr zu verschaffen.
Die eingetretene Krallenzehenbildung könne nur durch eine tiefgreifende und großflächige Gewebetransplantation a...