Leitsatz (amtlich)
Zu Indizien, die die Annahme eines manipulierten Unfallgeschehens bei der anstreifenden Beschädigung eines geparkten Fahrzeugs rechtfertigen. Wird ein Unfallgeschehen mit einem Leihwagen manipuliert, kann der vermeintlich geschädigte Fahrzeugeigentümer auch für die Reparaturkosten des Leihwagens einzustehen haben.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1-2, § 830 Abs. 1; StGB § 25 Abs. 2, § 303; VVG § 86
Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 29.10.2015; Aktenzeichen 2 O 124/13) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten zu 3) wird der Kläger unter teilweiser Abänderung des Urteils der 2. Zivilkammer des LG Essen vom 29.10.2015 auf die Widerklage hin verurteilt, an die Beklagte zu 3) mit den gesondert in Anspruch genommenen N (im Verfahren 2 O 133/13 LG Essen) und I (im Verfahren 2 O 377/12 LG Essen) als Gesamtschuldner 19.995,60 EUR nebst 5 % Zinsen seit dem 16.07.2013 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger einschließlich der Kosten der Nebenintervention.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger, Halter und Besitzer eines Volvo XC 60, hat gegen die erstinstanzlich am Verfahren noch beteiligt gewesenen Beklagten zu 1) und 2) und die allein jetzt noch am Verfahren beteiligte Beklagte zu 3) aufgrund einer schriftlichen Ermächtigung der Mercedes-Benz Bank als Sicherungseigentümerin Schadensersatzansprüche aus einem behaupteten Verkehrsunfallereignis vom 14.10.2012 gegen 22:50h in U auf der Straße T-Straße geltend gemacht. Nach Darstellung des Klägers soll der Beklagte zu 1) zum vorgenannten Zeitpunkt mit einem bei der Beklagten zu 2) angemieteten und bei der Beklagten zu 3) krafthaftpflichtversicherten Mercedes Sprinter das von dem Kläger gehaltene und auf dem Parkstreifen der T-Straße abgestellte Fahrzeug, sowie auch drei unmittelbar davor geparkte Fahrzeuge, einen Opel Insignia OPC, einen weiteren Volvo XC 60 und einen Porsche 911, während der Vorbeifahrt in Fahrtrichtung gestreift haben. Die Beklagte zu 3) hat u.a. eingewandt, der Verkehrsunfall sei abgesprochen gewesen, so dass dem Kläger infolge der erteilten Einwilligung in die Rechtsgutverletzung keine Schadensersatzansprüche zustünden. Sie hat widerklagend die in Bezug auf den Mercedes Sprinter aufgewandten und von ihr der Beklagten zu 2) erstatteten Reparaturkosten, sowie die Kosten der Auskunftserteilung durch eine Wirtschaftsdatenbank und die Kosten eines von ihr zum Nachweis des Vorliegens einer Unfallmanipulation beauftragten Schadensgutachters i.H.v. 20.320,47 EUR (rechnerisch richtig: 20.287,15 EUR) ersetzt verlangt.
Durch das angefochtene Urteil, auf das gem. § 540 ZPO Bezug genommen wird, soweit sich aus dem Nachstehenden nichts anderes ergibt, hat das LG Klage und Widerklage abgewiesen. Der Kläger habe nicht beweisen können, das Fahrzeug unbeschädigt am späteren Unfallort abgestellt zu haben, während die Beklagte zu 3) nicht habe beweisen können, dass der Kläger in die Beschädigung seines Fahrzeugs eingewilligt habe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten zu 3), mit der diese ihren erstinstanzlichen Widerklageantrag nach im Laufe des Verfahrens erklärter Rücknahme der Auskunfteikosten weiter verfolgt.
Die Beklagte zu 3) beantragt, das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und den Kläger gesamtschuldnerisch neben den gesondert in Anspruch genommenen N (2 O 133/13 LG Essen) und I (2 O 377/12 LG Essen) zu verurteilen, an sie 19.995,60 EUR nebst 5 % Zinsen seit dem 16.07.2013 zu zahlen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst den damit überreichten Anlagen verwiesen. Die Akten 2 O 377/12 LG Essen lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Das in diesem Verfahren eingeholte Gutachten des Sachverständigen Prof. T vom 25.07.2014 wurde gem. § 411a ZPO verwertet.
II. Die Berufung der Beklagten zu 3) hat nach dem zuletzt gestellten Widerklageantrag in vollem Umfang Erfolg.
Der Beklagten zu 3) steht gegen den Kläger ein Anspruch auf Zahlung von 19.995,60 EUR gem. §§ 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. § 303 Abs. 1, § 25 Abs. 2 StGB bzw. § 830 Abs. 1 und 2 BGB, § 86 VVG zu.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Senat mit der nach § 286 ZPO erforderlichen Gewissheit davon überzeugt, dass zwischen dem Kläger und dem ehemaligen Beklagten zu 1) eine Vereinbarung des Inhalts getroffen worden ist, wonach der Beklagte zu 1) mit einem bei der Beklagten zu 2) angemieteten Mercedes Sprinter das von dem Kläger gehaltene und in der T-Straße geparkte Fahrzeug Volvo XC 60 am Abend des 14.10.2012 mittels Anstreifens beschädigen sollte. Durch die Abrechnung des Schadens gegenüber der Beklagten zu 3) versprach sich der Kläger einen eigenen, rechtswidrigen, weil ihm nicht zustehenden, finanziellen wirtschaftlichen Vorteil, der zu Lasten der Beklagten zu 3) als Krafthaftpflichtversicherer gegangen wäre.
Dass es sich um ein abgesprochenes Unfallereignis handelt, ergibt sich aus den nachstehend aufgeführten Indizien.
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