Verfahrensgang
LG Dortmund (Aktenzeichen 3 O 266/20) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das am 30.04.2021 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund abgeändert.
Die Beklagte werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin 2.532,17 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 22.10.2019 sowie vorgerichtlich aufgewendete Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 334,75 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 25.12.2019 zu zahlen.
Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 58 % der Klägerin und zu 42 % den Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gemäß den §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO verzichtet.
II. Die Berufung hat teilweise Erfolg.
Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
1. Die Klägerin kann von den Beklagten gemäß den §§ 280 Abs. 1, 675, 611 BGB, iVm § 86 Abs. 1 VVG aus übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmer, der Eheleute A, Zahlung von 2.532,17 EUR verlangen.
Der Beklagte zu 2. als sachbearbeitender Rechtsanwalt hat die Anwaltspflichten aus dem zwischen der Beklagten zu 1. und den Eheleuten A geschlossenen Anwaltsdienstvertrag verletzt, wodurch den Versicherungsnehmern ein Kostenschaden entstanden ist. Nach Ausgleich der angefallenen Kosten durch die Klägerin ist diese zur Geltendmachung des Regressanspruchs aktivlegitimiert.
Im Einzelnen:
a) Zwischen den bei der Klägerin rechtsschutzversicherten Eheleuten A und der Beklagten zu 1. ist ein Anwaltsvertrag zustande gekommen.
Die Versicherungsnehmer mandatierten die Beklagte zu 1. im August 2015 mit der Wahrnehmung ihrer Interessen aus Anlass des am 02.07.2015 erklärten Widerrufs des von ihnen bei der B AG im Oktober 2005 aufgenommenen und im Jahr 2011 zurückgeführten Verbraucherdarlehens über einen Nennbetrag von 145.000 EUR. Das anwaltliche Mandat erstreckte sich nach vorprozessualer Beratung auf das Klageverfahren, das zunächst vor dem Landgericht Bochum und nach Verweisung vor dem Landgericht Frankfurt/Main geführt wurde (Az 2-28 O 202/18 LG Frankfurt a.M.). Flankierend übernahm die Beklagte zu 1. die Einholung des Deckungsschutzes durch die hiesige Klägerin.
Die Haftung des Beklagten zu 2. als Sozius der seinerzeit als GbR organisierten Beklagten zu 1. folgt aus § 128 HGB analog.
b) Die Aktivlegitimation der Klägerin zur Verfolgung des streitgegenständlichen Regressanspruchs ergibt sich aus § 86 Abs. 1 VVG.
Unstreitig beglich sie die vorprozessuale Anwaltsvergütung der Beklagten zu 1. und die auf die Versicherungsnehmer entfallenden Prozesskosten aus dem vorbenannten Klageverfahren in einer Gesamthöhe von 6.323,55 EUR. Damit ist der auf Erstattung der Kosten gerichtete Schadensersatzanspruch der Versicherungsnehmer wegen anwaltlicher Pflichtverletzung gemäß § 86 Abs. 1 VVG auf die Klägerin übergegangen.
c) Der Beklagte zu 2. ist den aus dem erteilten Mandat resultierenden anwaltlichen Beratungspflichten nicht in vollem Umfang gerecht geworden.
aa) Allgemein gilt:
In den Grenzen des erteilten Mandats hat der Anwalt dem Mandanten diejenigen Schritte anzuraten, die zu dem erstrebten Ziel zu führen geeignet sind, und Nachteile für den Auftraggeber zu verhindern, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind. Dazu hat er dem Auftraggeber den sichersten und gefahrlosesten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit der Mandant zu einer sachgerechten Entscheidung in der Lage ist (st. Rspr., s. nur BGH, Urt. v. 16.09.2021, IX ZR 165/19, BeckRS 2021, 29230, Tz. 27 m.w.N.). Soll eine Klage erhoben werden, muss der Anwalt die Aussicht des beabsichtigten Prozesses prüfen. Der Rechtsanwalt muss das ungefähre Ausmaß der Risiken abschätzen und dem Mandanten das Ergebnis mitteilen. Ist eine Klage praktisch aussichtslos, muss der Rechtsanwalt dies klar herausstellen. Er kann nach den gegebenen Umständen gehalten sein, von der beabsichtigten Rechtsverfolgung ausdrücklich abzuraten (BGH a.a.O. Tz. 29).
Dabei hat der Anwalt seine Mandatsbearbeitung und Beratung nicht nur am Gesetz, sondern auch an der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung auszurichten (BGH a.a.O. Tz. 30). Ein Berater muss sich anhand der amtlichen Sammlungen und einschlägigen Fachzeitschriften über die grundlegenden Entscheidungen fortlaufend informieren (BGH, Urt. v. 23.09.2010, IX ZR 26/09, NJOZ 2011, 328, Tz. 22, Urt. v. 25.09-2014, IX ZR 199/13, NJW 2015, 770, Tz12; kritisch Fahrendorf, Anwaltshaftung, 10. Aufl., Kap. 2 Rn. 132ff.).
Ist eine Rechtsfrage höchstrichterlich noch nicht geklärt, hat der Anwalt auch die veröffentlichte Instanzrechtsprechung in den Blick zu nehmen (Fahrendorf, a.a.O. Kap. 2, Rn. 142).
Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, bedeutet das aber nicht, dass der Anwalt dann die Mandatsbearbeitun...