Leitsatz (amtlich)
Ein Wechsel der Lichtzeichen einer Lichtzeichenanlage von Grün- auf Gelblicht ordnet an anzuhalten, wenn dies mit normaler Betriebsbremsung möglich ist. Gegen diese Regelung verstößt schuldhaft, wer nach einem Wechsel der Lichtzeichen von grün auf gelb mit einem Sattelzug in den Kreuzungsbereich einfährt, obwohl ihm mit normaler Betriebsbremsung ein Anhalten zwar erst jenseits der Haltelinie, aber noch vor der Lichtzeichenanlage möglich ist.
Normenkette
StVO §§ 7, 17, 37 Abs. 2, § 37 Nr. 1, § 37 S. 5
Verfahrensgang
LG Dortmund (Urteil vom 18.11.2015; Aktenzeichen 21 O 315/13) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 18.11.2015 verkündete Urteil der 21. Zivilkammer des LG Dortmund wird zurückgewiesen.
Der Tenor der angefochtenen Entscheidung wird - klarstellend - wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt an den Kläger einen Betrag in Höhe von 136,49 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 28.6.2013 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, 70 % aller weiteren materiellen Schäden und alle zukünftigen nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden, die aus dem Verkehrsunfallgeschehen vom 24.9.2012 entstehen werden, unter Berücksichtigung einer Mitverschuldensquote von 30 % zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind.
3. Der Klageantrag zu Zi. 1) ist dem Grunde nach unter Berücksichtigung einer Mitverschuldensquote des Klägers von 30 % gerechtfertigt. Der Klageantrag zu Zi. 2) ist dem Grunde nach mit einer Haftungsquote der Beklagten von 70 % gerechtfertigt.
4. Der Klageantrag zu 4) ist dem Grunde nach gerechtfertigt
Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.
Das Berufungsurteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
A. Der Kläger nimmt die Beklagten auf Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall in Anspruch, der sich am 24.9.2012 gegen 5:18 Uhr morgens in H ereignet hat. Zu diesem Zeitpunkt befuhr der Kläger mit seinem - auf eine Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h gedrosselten - Motorroller die R-Straße auf der äußerst rechten von drei Richtungsfahrspuren in der Absicht die Kreuzung zur D-Straße in Geradeausfahrtrichtung zu überqueren. Dabei passierte er die für ihn geltende Lichtzeichenanlage vor der Kreuzung ohne anzuhalten bei einem Wechsel von Rot/Gelb auf Grünlicht. Aus der Gegenrichtung näherte sich der Beklagte zu 1) mit dem bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Sattelzug mit einer Gesamtlänge von rund 18,75 m auf der Linksabbiegespur der R-Straße in der Absicht an der beampelten Kreuzung nach links in die D-Straße einzubiegen, wobei er die Fahrspur des Klägers queren musste. Im Kreuzungsbereich kam es zur Kollision in der Weise, dass der Kläger - nachdem er infolge einer von ihm durchgeführten Vollbremsung in Schräglage auf regennasser Fahrbahn die Kontrolle über seinen Roller verloren hatte - mit dem Unterfahrschutz auf der rechten Seite des Sattelzugaufliegers zusammenstieß. Dabei trug der Kläger diverse, zum Teil schwere Verletzungen - einschließlich des Verlustes der Milz - davon. Außerdem entstanden ihm - neben weiteren zwischen den Parteien streitigen Sachschäden - Abschleppkosten i.H.v. 194,99 EUR.
Der Kläger, der gegenüber den Beklagten einen Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadensersatz hinsichtlich Schäden an dem Motorroller und seiner Kleidung, sowie Verdienstausfall- und Haushaltsführungsschäden geltend macht, hat erstinstanzlich behauptet, der Beklagte zu 1) müsse die für ihn geltende Lichtzeichenanlage bei Rotlicht passiert haben.
Er hat beantragt,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe 40.000 EUR nicht unterschreiten sollte, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.6.2013 zu zahlen,
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, weitere 13.692,53 EUR (Schadensersatz für materielle Schäden) nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.6.2013 zu zahlen, sowie
3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind dem Kläger zukünftig alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihm infolge des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls entstehen werden, soweit sie nicht a...