Leitsatz (amtlich)
1. Die Entscheidung des FamG, eine Folgesache nicht gem. § 623 Abs. 2 S. 2 abzutrennen, ist anfechtbar.
2. Eignet sich eine im Verbund geltend gemachte Sache nicht als Folgesache (Antrag auf Abänderung einer Sorgerechtsregelung nach § 1696 BGB), ist sie auf Antrag gem. § 623 Abs. 2 S. 2 ZPO abzutrennen.
Verfahrensgang
AG Mannheim (Beschluss vom 25.09.2002; Aktenzeichen 7B F 78/02) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG – FamG – Mannheim vom 25.9.2002 – Az.: EA zu 7B F 78/02 – aufgehoben.
Die von der Antragsgegnerin am 1.8.2002 anhängig gemachte Sache: elterliche Sorge für den Sohn A. geb. 1987 wird zur gesonderten Entscheidung abgetrennt.
Gründe
I. Die Parteien leben seit Juli 2001 voneinander getrennt. Sie haben drei ehegemeinschaftliche Kinder, A., geb. am 1987, D., geb. am 1988 und M., geb. am 1993. Seit der Trennung der Parteien lebt die Tochter D. bei der Antragsgegnerin, die beiden Söhne A. und M. beim Antragsteller. In einem isolierten FGG-Verfahren vor dem AG Mannheim – Az.: 7B F 116/01 – hat das FamG mit Beschluss vom 27.12.2001 (Beiakte S. 115) das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder A. und M. dem Antragsteller und das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Tochter D. auf die Antragsgegnerin übertragen.
Der Antragsteller hat am 19.6.2002 beim AG – FamG – Mannheim einen Scheidungsantrag eingereicht (…). Die Antragsgegnerin hat am 1.7.2002 Scheidungsantrag eingereicht und zugleich beantragt, ihr die elterliche Sorge für die drei ehegemeinschaftlichen Kinder zu übertragen. Mit Schriftsatz vom 26.7.2002 (…) hat die Antragsgegnerin beantragt, in Abänderung des Beschlusses des AG Mannheim vom 27.12.2001 (Az.: 7B F 116/01) das Aufenthaltsbestimmungsrecht für den Sohn A. auf sie zu übertragen. Zugleich hat sie beantragt, das Verfahren bezüglich der elterlichen Sorge abzutrennen und als selbständiges Verfahren zu führen.
Den zuletzt genannten Antrag hat das AG mit Beschluss vom 25.9.2002 (…) zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, der Antrag auf Abänderung der Regelung des Aufenthaltsbestimmungsrechts könne gem. ausdrücklicher gesetzlicher Regelung in § 623 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht als Folgesache im Verbund verfolgt werden. Es komme deshalb auch eine Abtrennung nicht in Betracht. Der Antragsgegnerin stehe es frei, die Abänderung im isolierten FGG-Verfahren zu betreiben. Der Beschluss wurde der Antragsgegnerin am 7.10.2002 zugestellt (…). Der Beschwerde der Antragsgegnerin vom 15.10.2002 (…) hat das AG mit Beschl. v. 8.11.2002 (…) nicht abgeholfen.
II. Die sofortige Beschwerde ist gem. § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zulässig. Lehnt es das AG ab, eine Folgesache gem. § 623 Abs. 2 S. 2 ZPO abzutrennen, wird ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen. Gegen eine solche Entscheidung ist die sofortige Beschwerde zulässig (OLG Düsseldorf v. 3.9.1999 – 3 WF 147/99, FamRZ 2000, 840; OLG Bamberg v. 23.9.1998 – 2 WF 126/98, OLGReport Bamberg 1999, 153 = FamRZ 1999, 1434; Schwab/Maurer, Handbuch des Scheidungsrechts, 4. Aufl., I, 373). Für die „Abtrennung” nach § 628 Abs. 3 ZPO hat das OLG Karlsruhe in Übereinstimmung mit der überwiegenden Meinung in Rspr. und Lit. zwar entschieden, dass ein Rechtsmittel nicht statthaft ist, wenn es das FamG abgelehnt hat, über den Scheidungsausspruch vorab zu entscheiden, also eine Folgesache „abzutrennen” (OLG Karlsruhe v. 13.2.1998 – 2 WF 173/97, OLGReport Karlsruhe 1998, 433 = FamRZ 1999, 98; weitere Rechtsprechungsnachweise bei Zöller/Philippi, ZPO, 23 Aufl., § 623 Rz 11). Dort wird jedoch über diese Frage von Amts wegen entschieden, während die Abtrennung nach § 623 Abs. S. 2 ZPO zwingend einen Antrag voraussetzt.
Der vorliegende Fall ist auch bei § 623 Abs. 2 S. 2 ZPO einzuordnen. Allerdings hat die Antragsgegnerin zuletzt keinen Antrag nach 1671 Abs. 1 BGB gestellt, wie ihn § 623 Abs. 2 S. 2 i.V.m. S. 1 Nr. 1 ZPO voraussetzt, sondern angeregt, gem. § 1696 BGB eine bereits getroffene Entscheidung abzuändern, nämlich die über das Recht, den Aufenthalt des Sohnes Andreas zu bestimmen, aber auch diese Anregung im Scheidungsverfahren angebracht zugleich mit dem Antrag, das Verfahren abzutrennen und als selbständiges Verfahren zu führen. Will ein Elternteil, dass über eine Anregung nach § 1696 BGB erst zusammen mit der Scheidung entschieden wird – ob, wie das AG dies mit guten Gründen verneint hat, eine Anregung, erst mit der Scheidung die elterliche Sorge oder einen Teil davon neu zu regeln, eine Folgesache einleiten kann, muss nicht entschieden werden, weil die Antragsgegnerin eine solche nicht angebracht hat –, darf das FamG darüber auch vorab entscheiden. In diesem Fall verböte es sich ohne weiteres, das durch die Anregung in Gang gesetzte Verfahren als Folgesache zu behandeln. Ebenso kommt eine Behandlung der Sache, wenn eine Entscheidung unabhängig vom Schicksal des Scheidungsantrages begehrt ist, als Folgesache schon deshalb kaum in Frage, weil es regelmäßig sachwidrig wäre, die Entscheidung vom Ausspruch der Scheidung abhä...