Leitsatz (amtlich)
1. Der unbedingt zur Auskunft verurteilte Schuldner darf die Erfüllung nicht bis zur Gewährung im Zwangsmittelverfahren beantragten Geheimnisschutzes hinauszögern.
2. Für die Frage, ab wann die Untätigkeit des Schuldners Zwangsmittel rechtfertigt, ist ohne Belang, ob und ggf. welche Frist zur Erwiderung auf einen Zwangsmittelantrag gesetzt wird.
3. Erklären die Parteien das Zwangsmittelverfahren für erledigt, weil die Auskunft auf den (zuletzt) zulässigen und begründeten Zwangsvollstreckungsantrag erteilt worden ist, so können die Kosten dem Schuldner insbesondere dann aufzuerlegen sein, wenn zum Zeitpunkt der Auskunftserteilung sowohl die ursprünglich vom Gericht gesetzte und ausreichende Frist zur Antragserwiderung als auch eine angemessene Zeit zur Auskunftsleistung bereits verstrichen waren.
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Vollstreckungsschuldnerin gegen den Beschluss des Landgerichts Mannheim vom 5. April 2022, Az. 2 O 73/20 ZV II, wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der sofortigen Beschwerde fallen der Vollstreckungsschuldnerin zur Last.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Kosten des nach § 888 ZPO geführten Zwangsvollstreckungsverfahrens, das sie in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
Auf Patentverletzungsklage der Vollstreckungsgläubigerin (nachfolgend: Gläubigerin) wurde die Vollstreckungsschuldnerin (nachfolgend: Schuldnerin) mit für vorläufig vollstreckbar erklärtem Urteil des Landgerichts Mannheim vom 17. Mai 2021, nach § 319 ZPO berichtigt mit Beschluss vom 8. Juni 2021, unter anderem dazu verurteilt, über bestimmte Handlungen in dem dort näher bezeichneten Umfang Rechnung zu legen. Das Urteil wurde der Schuldnerin am 19. Mai 2021 zugestellt. Der Gläubigerin wurde am 10. Juni 2021 eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils erteilt. Am 9. Juni 2021 hinterlegte die Gläubigerin beim Amtsgericht München einen Betrag in der Höhe, die im Urteil für die Sicherheitsleistung zur Rechnungslegung bestimmt ist.
Die Gläubigerin forderte mit Schreiben vom 29. Juni 2021, das den Prozessbevollmächtigten der Schuldnerin am folgenden Tag zugestellt wurde, dazu auf, der Verurteilung zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung nachzukommen, und übersandte eine Kopie des Hinterlegungsscheins nebst dem Bescheid über die Hinterlegung mit dem Hinweis, dass der Schuldnerin das Original direkt per Gerichtsvollzieher zugestellt werde. Nach Beanstandung durch die Schuldnerin ließ die Gläubigerin mit Schreiben vom 21. Juni 2021 auch den Prozessbevollmächtigten der Schuldnerin eine Kopie der Annahmeanordnung sowie des Hinterlegungsscheins am 27. Juli 2021 zustellen und forderte die Schuldnerin dabei (wiederholt) auf, verurteilungsgemäß Rechnung zu legen, wofür sie nunmehr eine Frist von einer Woche ab Zustellung setzte. Mit Schreiben vom 3. August 2021 bezeichnete die Schuldnerin die Fristsetzung als zu kurz; sie gehe davon aus, der Gläubigerin Auskunft und Rechnungslegung bis Ende des Monats August zur Verfügung stellen zu können.
Am 23. August 2021 reichte die Gläubigerin beim Landgericht den vorliegenden Zwangsvollstreckungsantrag sowie in der Anlage ZV 1 die vollstreckbare Ausfertigung des Urteils, den Hinterlegungsschein und die öffentlich beglaubigte Abschrift der Hinterlegungsanordnung ein; sie beantragte die Festsetzung eines Zwangsgelds bis zu 25.000 EUR und Ersatzzwangshaft von bis zu sechs Monaten gegen die Schuldnerin. Der Vorsitzende der Zivilkammer des Landgerichts forderte die Schuldnerin zur Erwiderung auf den Zwangsvollstreckungsantrag bis zum 20. September 2021 auf.
Die Schuldnerin reichte am 7. September 2021 einen auf § 145a PatG i.V.m. §§ 16, 19 GeschGehG gestützten Antrag ein, vor der Gläubigerin und ihren Vertretern dort näher bezeichnete "Informationen", nämlich "Auskunft und Rechnungslegung" über bestimmte in der Verurteilung bezeichnete Gegenstände, geheim zu halten und ausschließlich zu benennenden Wissensvertretern der Gläubigerin und deren Rechtsanwalt und beiden Patentanwälten zur Kenntnis zu bringen.
Am Tag des Ablaufs der gesetzten Frist zur Erwiderung auf den Zwangsvollstreckungsantrag beantragte die Schuldnerin deren Verlängerung bis zum Ablauf des dritten Werktags nach Zugang der Entscheidung über den Geheimnisschutzantrag, hilfsweise bis zum 11. November 2021. Zur Begründung führte sie aus, um etwaige Geheimhaltungsmaßnahmen nicht zu unterlaufen, könne die Schuldnerin die Auskunft erst nach einer Entscheidung über den Geheimnisschutzantrag und den damit verbundenen Geheimhaltungsmaßnahmen leisten; sie könnte die bereits vorbereitete Stellungnahme, die die Auskunft enthalte, dann umgehend einreichen. Der Vorsitzende der Kammer verlängerte darauf die "der Schuldnerin gesetzte Frist zur Stellungnahme auf den Zwangsvollstreckungsantrag, insbesondere zur angekündigten Erteilung der Auskunft," bis zum 15. Oktober 2021. Auf weiteren Antrag der Schuldnerin verlängerte er die Frist "zur Stellungnahme auf den Zwangsvollstreckungsantrag" später nochmals bis z...