Entscheidungsstichwort (Thema)
Vereinsrecht: Voraussetzungen für Eintragung des regionalen Zweigvereins eines Gesamtvereins ins Vereinsregister; Beschwerdeberechtigung gegen Zurückweisung der Eintragung einer konstitutiv wirkenden Eintragung
Leitsatz (amtlich)
1. Wenn ein regionaler Zweigverein, dessen Mitglieder zugleich dem Gesamtverein angehören, in das Vereinsregister eingetragen werden will, darf er auch dem Gesamtverein gegenüber nicht vollständig auf sein Selbstverwaltungsrecht verzichten. Es genügt aber, wenn er die Voraussetzungen erfüllt, welche nach der Rechtsprechung des BGH zu § 50 Abs. 2 ZPO (NJW 1979, 1402; 1984, 2223; 2008, 69, 73 f.) an einen Verein zu stellen sind.
2. Weist das Registergericht die Anmeldung einer konstitutiv wirkenden Eintragung (hier: Satzungsänderung) in das Vereinsregister zurück, so steht die Beschwerde gem. § 59 Abs. 2 FamFG nur dem anmeldenden Verein zu.
Normenkette
BGB §§ 57-58, 71; ZPO § 50 Abs. 2; FamFG § 59 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Waldshut-Tiengen (Beschluss vom 14.03.2011; Aktenzeichen VR 850) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG - Registergerichts - Waldshut-Tiengen vom 14.3.2011 (VR 850) aufgehoben. Das Registergericht wird angewiesen, die am 23.1.2010 beschlossene Neufassung der Satzung des Antragstellers und den Kassenwart F. W. als weiteres Vorstandsmitglied des Antragstellers in das Vereinsregister einzutragen.
2. Die Beschwerde des Beteiligten wird als unzulässig verworfen.
3. Der Beteiligte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zur Hälfte zu tragen.
4. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller ist seit dem 16.5.2001 als Ortsgruppe B. e.V. des Vereins für D. S. e.V. mit Sitz in A. (fortan: Hauptverein) im Vereinsregister des AG Waldshut-Tiengen eingetragen. Er hat mit Schreiben vom 22.4.2010 u.a. die von der Mitgliederversammlung am 23.1.2010 beschlossene Neufassung seiner Satzung und seinen Kassenwart als neues Vorstandsmitglied zur Eintragung in das Vereinsregister angemeldet. Insoweit hat das AG - Registergericht - Waldshut-Tiengen die Anmeldung durch Beschluss vom 14.3.2011, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, mit der Begründung zurückgewiesen, die in der neuen Satzung vorgesehenen Einflussmöglichkeiten des Hauptvereins schränkten die Selbständigkeit der Ortsgruppe so sehr ein, dass nicht mehr von einem autonomen Verein ausgegangen werden könne, und nach der alten Satzung sei der Kassenwart kein vertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied.
Mit ihren Beschwerden verfolgen die Ortsgruppe und der - zuvor nicht am Verfahren beteiligte - Hauptverein die zurückgewiesenen Anmeldungen weiter. Sie machen geltend, die vom Registergericht beanstandeten Bestimmungen der neuen Satzung seien zulässig und führten auch in der Summe nicht dazu, dass die Ortsgruppe die für einen Verein erforderliche Unabhängigkeit verliere. Wegen der Einzelheiten wird auf die Beschwerdeschrift vom 8.4.2011 verwiesen.
Das Registergericht hat den Beschwerden nicht abgeholfen. Zur Begründung hat es auf den angefochtenen Beschluss verwiesen und ergänzend ausgeführt, die Beschwerde des Hauptvereins sei unzulässig, weil dieser nicht am Verfahren beteiligt sei. Der Hauptverein hält dem entgegen, er sei zu Unrecht nicht als Beteiligter hinzugezogen worden und werde durch den angefochtenen Beschluss in seinen Rechten verletzt.
II. Die Beschwerde des Antragstellers ist gem. § 58 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 63, 64 FamFG). Sie hat auch in der Sache Erfolg. Denn das Registergericht hat die Anmeldungen zu Unrecht zurückgewiesen.
1. Die vollständig neu gefasste Satzung des Antragstellers ist in das Vereinsregister einzutragen. Der Vorstand des Antragstellers hat die einstimmig beschlossene Satzungsänderung ordnungsgemäß angemeldet (§ 71 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BGB) und die neue Satzung genügt sowohl den gem. §§ 71 Abs. 2, 60 BGB zu prüfenden Mindesterfordernissen des § 57 Abs. 1 BGB als auch den Sollvorschriften des § 58 BGB. Entgegen der Auffassung des Registergerichts schränkt sie die Selbständigkeit des Antragstellers auch nicht so stark ein, dass dieser nicht mehr als Verein anzusehen wäre.
Nicht zu beanstanden ist allerdings, dass das Registergericht geprüft hat, ob die Satzung mit dem Grundsatz der Vereinsautonomie vereinbar ist. Wird eine Satzung zur Eintragung angemeldet, so hat das Registergericht neben der formellen Ordnungsmäßigkeit der Anmeldung zu prüfen, ob die gesetzmäßigen Voraussetzungen für eine wirksame Satzung in formeller und materieller Hinsicht gegeben sind. Dabei ist die Satzung auch darauf zu überprüfen, ob materiell-rechtliche Nichtigkeits- oder Unwirksamkeitsgründe vorliegen, die der Eintragung entgegenstehen (vgl. etwa OLG Köln NJW 1992, 1048; OLG Hamm NJW-RR 1995, 119 und OLG Celle, NJW-RR 1995, 1173, aber auch schon KG, OLGZ 1974, 385, 386). Das gilt auch für satzungsmäßige Beschränkungen der Vereinsautonomie....