Entscheidungsstichwort (Thema)
Amtshaftung, Jagdrecht
Leitsatz (amtlich)
1. Bei feldmäßigen Spargelpflanzungen in der nordbadischen Rheinebene handelt es sich um Feldgewächse und nicht um sog. Freilandpflanzungen von Gartengewächsen, bei denen ein Wildschaden gem. § 32 Abs. 2 S. 1 BJagdG nur beim Vorhandensein üblicher Schutzvorrichtungen zur Schadensabwendung ersatzfähig ist.
2. Die Dienstaufsichtsbeschwerde ist ein Rechtsmittel i.S.d. § 839 Abs. 3 BGB gegen die pflichtwidrige Unterlassung einer Amtshandlung. Der Schädiger muss allerdings darlegen und beweisen, dass der Geschädigte im Wege der unverzüglichen Dienstaufsichtsbeschwerde mit Erfolgsaussicht die Vornahme der Amtshandlung hätte bewirken können.
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 11.05.2004; Aktenzeichen 4 O 564/02) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Karlsruhe vom 11.5.2004 (LG Karlsruhe, Urt. v. 11.5.2004 - 4 O 564/02) im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.854,29 Euro nebst 5 Prozentpunkte Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz seit 6.9.2002 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben mit Ausnahme der Kosten, die durch die Anrufung des unzuständigen AG Bruchsal entstanden sind und die der Kläger zu tragen hat.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die beklagte Gemeinde wegen Amtspflichtverletzung auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Kläger ist Eigentümer eines Spargelackers auf dem Gemeindegebiet der Beklagten. Ende August/Anfang September 1997 stellte er fest, dass Wildschweine das ausgetriebene Spargelkraut niedergetrampelt und abgefressen hatten. Seine daraufhin gegen einen der Jagdpächter erhobene Klage auf Ersatz des Wildschadens blieb in beiden Instanzen erfolglos, da er den Schaden nicht binnen der Wochenfrist des § 34 S. 1 Bundesjagdgesetz (BJagdG) schriftlich bei der Beklagten angemeldet hatte (LG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2004 - 1 S 107/03). Den beiden weiteren Jagdpächtern war in diesem Verfahren der Streit verkündet worden. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Ersatz des von ihm mit 22.900 DM bezifferten Wildschadens nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung in Anspruch, weil der zuständige Gemeindebeamte die Niederschrift mehrerer fristgerechter mündlicher Schadensanzeigen amtspflichtwidrig abgelehnt habe.
Das LG, auf dessen Urteil wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Klage abgewiesen. Der Kläger habe es fahrlässig versäumt, den Schaden durch ein Rechtsmittel i.S.v. § 839 Abs. 3 BGB abzuwenden. Er hätte den Wildschaden bei der Gemeinde schriftlich anmelden müssen. Die Bedeutung der einwöchigen Ausschlussfrist sei ihm aus früheren Schadensfällen bekannt gewesen.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Entgegen der Auffassung des LG könne eine formgerechte Anmeldung nicht Rechtsmittel i.S.v. § 839 Abs. 3 BGB sein. Die Stellung eines formgerechten Antrags habe vielmehr aufgrund der von der Beklagten verletzten Beratungs- und Fürsorgepflicht erfolgen müssen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Die Akten des LG Karlsruhe (LG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2004 - 1 S 107/03) waren beigezogen und Gegenstand der Verhandlung.
II. Die Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg. Ihm steht gegen die beklagte Gemeinde aus § 839 BGB, Art. 34 GG ein Anspruch auf hälftigen Ersatz des geltend gemachten Wildschadens nebst Zinsen zu.
1. Der Senat folgt der Beurteilung des LG, dass die Beklagte sich durch die wiederholte Weigerung ihres Mitarbeiters G., die Anmeldung des Wildschadens durch den Kläger zur Niederschrift aufzunehmen, amtspflichtwidrig verhalten hat. Die aus § 17 Abs. 1 der Landesjagdgesetzdurchführungsverordnung (LJagdGDVO) i.V.m. § 34 BJagdG abzuleitende Pflicht der beklagten Gemeinde, (zumindest) die binnen Wochenfrist zur Niederschrift angemeldeten Ansprüche auf Ersatz von Wildschaden entsprechend aufzunehmen, diente auch den Interessen des Klägers als Anspruchsteller. Ihm drohte andernfalls gem. § 34 S. 1 BJagdG das Erlöschen seines möglichen Ersatzanspruchs. Die Einhaltung der nach dem Landesrecht vorgeschriebenen Form ist Voraussetzung für die Ordnungsgemäßheit einer Anmeldung innerhalb der einwöchigen Ausschlussfrist (Mitzschke/Schäfer, Kommentar zum Bundesjagdgesetz, 4. Aufl., § 34 Rz. 1, 2; LG Schweinfurth, Urteil vom 16.1.2002, Jagdrechtliche Entscheidungen, Bd. IX Nr. 128). Den Einwand des Klägers, der beklagte Jagdpächter könne sich wegen der Vereitelung der Schadensanmeldung durch die Gemeindeverwaltung nicht auf den Formmangel berufen, hat das LG Karlsruhe im Urteil vom 11.2.2004 mit dem zutreffenden Hinweis zurückgewiesen, dass das beanstandete Vorgehen der Gemeinde nicht dem Jagdpächer zuzurec...