Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung von Verbraucher- und Unternehmerhandeln. Kilometerangabe beim Gebrauchtwagenkauf
Leitsatz (amtlich)
1. Die Abgrenzung zwischen Verbraucher- und Unternehmerhandeln bei einem Kaufvertrag hängt davon ab, welchem Zweck der Kaufvertrag dienen soll. Maßgeblich ist eine objektive Betrachtungsweise unter Be-rücksichtigung der Erklärungen der Parteien und der sonstigen Umstände bei Vertragsschluss. Subjektive Vorstellungen des Käufers, die für den Verkäufer nicht erkennbar sind, spielen keine Rolle.
2. Die Kilometerangabe in einem schriftlichen Gebrauchtwagenkaufvertrag ist - ohne zusätzliche Erklärungen des Verkäufers - in der Regel nicht als Garantie zu verstehen, wenn der Käufer bei Abschluss des Vertrages als Unternehmer auftritt
Verfahrensgang
LG Konstanz (Urteil vom 14.12.2010; Aktenzeichen 6 O 173/10 C) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Konstanz vom 14.12.2010 - 6 O 173/10 C - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann eine Vollstreckung der Beklagten abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Beklagte betreibt einen Handel mit Kraftfahrzeugen. Der Kläger ist von Beruf Handelsvertreter. Mit Kaufvertrag vom 9.5.2010 erwarb der Kläger von der Beklagten einen gebrauchten Pkw Audi zum Preis von 11.200 EUR. Er verlangt im Rechtstreit die Rückabwicklung dieses Vertrages.
Der schriftliche Kaufvertrag (Anlage A 1) wurde auf einem von der Beklagten verwendeten Formular abgeschlossen. Das Formular enthält die Überschrift: "Kaufvertrag über ein gebrauchtes Kraftfahrzeug (Händlergeschäft)". Es gibt Rubriken für die Eintragung von Verkäufer und Käufer, wobei die Rubrik für den Käufer den vorgedruckten Zusatz "Gewerblich" enthält. In der für den Namen des Käufers vorgesehenen Zeile ist handschriftlich "Handelsvertreter S." eingetragen. Das Formular enthält unmittelbar nach der Bezeichnung der Vertragspartner im oberen Teil des Formulars den folgenden vorgedruckten Gewährleistungsausschluss:
"Das nachstehend beschriebene Fahrzeug wird wie besichtigt und Probe gefahren unter Ausschluss jedweder Gewährleistung/Sachmängelhaftung im Hinblick auf technische und optische Mängel jeglicher Art, insbesondere frühere Unfälle sowie auftretende Mängel in Folge früherer Unfälle, verkauft. Das Fahrzeug wird daher ausdrücklich als nicht unfallfrei, nicht nachlackierungsfrei und technisch nicht mängelfrei verkauft. Desweiteren wird für die Standhaftigkeit beim TÜV keine Gewähr übernommen. Der Ausschluss bezieht sich auch auf jede öffentliche Äußerung und Werbung seitens des Herstellers zu Eigenschaften des Fahrzeuges. Ohne jegliche Garantie, Gewährleistung, Rücknahme oder sonstige Zusicherungen bezüglich der Eigenschaften."
Im Vertrag findet sich im Übrigen ein Feld für den "Km-Stand", in welches handschriftlich "122.200 Km" eingetragen wurde.
Mit vorgerichtlichem Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 23.6.2010 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten den Rücktritt vom Kaufvertrag. Das Fahrzeug weise verschiedene Mängel auf. Es verbrauche zu viel Öl. Der Motor sei mangelhaft. Es sei zudem davon auszugehen, dass die Kilometerleistung des Fahrzeugs wesentlich höher sei, als im Kaufvertrag angegeben. Die Beklagte war zu einer Rückabwicklung des Vertrages nicht bereit.
Wegen den angegebenen Mängeln hat der Kläger Klage zum LG Konstanz erhoben. Er hat eine Rückabwicklung des Kaufvertrages mit den folgenden Anträgen verlangt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.200 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 5.7.2010 Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Pkw Audi A 6/S 6, Kfz-Ident.-Nr. zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Pkw Audi A 6/S 6, Kfz-Ident.-Nr. in Annahmeverzug befindet.
3. Die Beklagte wird verurteilt, außergerichtlich entstandene Kosten i.H.v. 837,52 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 4.7.2010 zu zahlen.
Mit Urteil vom 14.12.2010 hat das LG die Klage abgewiesen. Eine Gewährleistung der Beklagten sei im Kaufvertrag wirksam ausgeschlossen worden. Daher sei der Kläger zum Rücktritt nicht berechtigt gewesen. Auf die Frage eventueller Mängel des Fahrzeugs komme es nicht an. Der Gewährleistungsausschluss sei wirksam, da der Kläger bei Abschluss des Kaufvertrages nicht als Verbraucher aufgetreten sei. Ob der Kläger im Vertrag eine bestimmte Laufleistung des Fahrzeugs garantiert habe, könne dahinstehen. Denn zum einen ergebe sich aus den vom Kläger vorgelegten Unterlagen nicht, dass zu einem früheren Zeitpunkt der Tacho des Fahrzeugs manipuliert worden sein müsse. Zum anderen wäre eine eventuelle Abweichung der tatsächliche...