Leitsatz (amtlich)

1. Ein Umlegungsbeschluss ist nicht schon deshalb unwirksam, weil der ihm zugrunde liegende Bebauungsplan rechtskräftig für unwirksam erklärt worden ist. Es ist ausreichend, dass ein neuer Aufstellungsbeschluss besteht, mit dem die ursprünglichen Planungsziele weiterverfolgt werden, wenn diese hinreichend verlässlich festgelegt sind.

2. Eine Umlegung darf grundsätzlich nicht allein dem Zweck dienen, der öffentlichen Hand unentgeltlich Verkehrsflächen zu verschaffen (im Anschluss an BGH, B. v. 12.7.1990 - III ZR 141/89). Ausreichend ist jedoch, dass eine Neuordnung von einbezogenen Grundstücken erforderlich ist, weil nach der Abtrennung der für die Straßenanlegung benötigten Flächen die verbleibenden Restflächen für eine planentsprechende Nutzung nicht mehr zweckmäßig gestaltet sind.

 

Normenkette

BauGB §§ 45, 47

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Urteil vom 08.04.2011; Aktenzeichen 16 O 16/10 Baul)

 

Tenor

I. Die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil des LG Karlsruhe vom 8.4.2011 - 16 O 16/10 Baul - wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Antragstellerin kann die Vollstreckung durch die Antragsgegnerin und die Beteiligte zu 3 wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das erst- sowie zweitinstanzliche Verfahren wird auf 395.114 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin wendet sich gegen einen Umlegungsbeschluss, den der Umlegungsausschuss der Antragsgegnerin erlassen hat.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin der Grundstücke Flst. Nr. 3659/25, 3659/31, 3684 und 3684/2 auf der Gemarkung der Antragsgegnerin.

Die Grundstücke befinden sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans "Gewerbezentrum K.-S." der Antragsgegnerin vom 27.1.2010, der rückwirkend zum 11.12.2009 in Kraft getreten ist und mit dem auf der Grundlage früherer Bebauungspläne bereits bebaute Flächen neu überplant worden sind. Diesen Bebauungsplan hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Urt. v. 9.6.2011 - 3 S 2584/10 - für unwirksam erklärt, weil er an erheblichen Ermittlungs- und Bewertungsfehlern leide (vgl. Anl. Ast. 4, S. 10 ff.). Das Urteil ist seit dem 23.8.2011 rechtskräftig. Am 28.9.2011 hat der Gemeinderat der Antragsgegnerin die Aufstellung eines neuen Bebauungsplans beschlossen; der Beschluss wurde am 13.10.2011 öffentlich bekannt gemacht (Anl. AG 4).

Am 15.7.2009 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin, die Baulandumlegung für das Gebiet des damals noch in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans anzuordnen. Am 27.1.2010 wurde durch den Gemeinderat der Antragsgegnerin ein Umlegungsausschuss gebildet, der ebenfalls am 27.1.2010 in nicht öffentlicher Sitzung den streitgegenständlichen Umlegungsbeschluss fasste, welcher am 30.1.2010 in der K. Zeitung öffentlich bekannt gemacht wurde. Die Grundstücke der Antragstellerin wären vor allem durch die Erschließung des Plangebiets zwischen der D. Straße im Norden und der K. im Süden betroffen. Flächenabgaben sind geplant für die Straßen B - L, F - M, L - K, M - H und G - H - I, wobei es sich im Wesentlichen um Randbereiche der Grundstücke - mit Ausnahme der Straße M - H - handelt. Durch die Straßen M - H, H - I und L - K würden zudem Gebäude auf den Grundstücken der Antragstellerin in Mitleidenschaft gezogen.

Am 5.3.2010 hat die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Umlegungsbeschluss gestellt.

Die Antragstellerin hat erstinstanzlich geltend gemacht, die gesetzlichen Voraussetzungen einer Umlegung seien nicht gegeben, weil der Umlegungsbeschluss nicht einem der in § 45 S. 1 BauGB genannten Zwecke diene. Eine Erschließungsumlegung komme vorliegend nicht in Betracht, weil es bei dieser um die Baureifmachung von unbebautem Gebiet gehe, hier aber bereits eine Bebauung existiere. Die bloße Bereitstellung einer Verkehrsinfrastruktur reiche für die Erschließungsumlegung nicht aus. Die betreffenden Grundstücke seien auch hinreichend erschlossen und bereits zweckmäßig gestaltet, so dass es keiner neuen Grundstückszuschnitte bedürfe. Der Antragsgegnerin gehe es mit der Umlegung allein darum, öffentliche Verkehrsflächen zu gewinnen. Eine derartige Zwecksetzung sei rechtswidrig, weil es sich dabei um eine fremdnützige Maßnahme handele, wie auch die Begründung des Bebauungsplans belege, wonach die Erschließungsstraßen eine Entlastung der B. herbeiführen sollten. Eine Umlegung sei demgegenüber durch Privatnützigkeit gekennzeichnet.

Der Umlegungsbeschluss sei auch deshalb rechtswidrig, weil er in Wirklichkeit eine Enteignung i.S.d. Art. 14 Abs. 3 GG beinhalte, so dass die Antragsgegnerin das falsche Handlungsinstrument verwendet habe. So finde kein Flächentausch statt, sondern nur ein einsei...

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