Leitsatz (amtlich)

Die Abschaffung des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung stellt als Gesetzesänderung für den Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG wegen übertriebenen Anlockens durch die Bewerbung eines Geburtstagsgutscheins ein erledigendes Ereignis dar.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Vereinigung zur Förderung gewerblicher Interessen i. S. v. § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Die Beklagte ist ein Großversandhaus, welches bundesweit einen Versandhandel mit Modebekleidung, Schmuck, Uhren, Einrichtungsgegenständen und weiteren Gegenständen des persönlichen Bedarfs betreibt. Die Beklage hat gegenüber Kunden Geburtstags-Geschenk-Gutscheine im Wert von 10 DM mit folgenden Ankündigungen ausgelobt: „Nutzen Sie Ihren Geburtstags-Geschenk-Gutschein und sparen Sie voll 10,– DM und K.- Geburtstags-Geschenk-Gutschein. Wichtig! Nur gültig bis 30 Tage nach Erhalt! Hiermit wird Ihnen versichert, dass Sie bei Rücksendung dieses ausgefüllten Geschenk-Gutscheins garantiert 10,– DM – innerhalb 30 Tagen – von Ihrem Einkaufswert abgezogen erhalten. Oder 10,– DM Ihrem Einkaufskonto, über das Sie jederzeit verfügen können, gutgeschrieben werden.”

Die Klägerin hat eine einstweilige Verfügung erwirkt, durch die der Beklagte die beanstandete Werbung verboten worden ist. Mit vorliegen der Klage hat die Klägerin ihren Unterlassungsanspruch in der Hauptsache weiter verfolgt. Sie war der Auffassung, die Werbung mit einem Preisnachlass sowie einem Sonderpreis für einen bestimmten Verbraucherkreis verstoße gegen das Rabattgesetz. Zudem sei die Gutscheinaktion der Beklagten aus dem Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens nach § 1 UWG wettbewerbswidrig.

Die Klägerin hat die Beklagte unter Wiedergabe der oben angeführten konkreten Ankündigungen in dem Antrag auf Unterlassung der Werbung und Durchführung der angekündigten Aktion in Anspruch genommen.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten, da ein verständiger und aufgeklärter Kunde, von dem nach dem vom EuGH entwickelten Verbraucherleitbild auszugehen sei, sich durch einen Betrag von 10,– nicht unsachlich beeinflussen lasse.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, weil die Wertgutschein-Werbung aus dem Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens wettbewerbswidrig i. S. v. § 1 UWG sei.

Hiergegen richtet sich unter Vertiefung des erstinstanzlichen Vortrags die Berufung der Beklagten. Die Klägerin erklärte nach Aufhebung des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung den Unterlassungsantrag in der Hauptsache für erledigt.

Die Beklagte schloss sich der Erledigungserklärung nicht an, sondern beantragte weiterhin Klageabweisung.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

I. Auf den im Berufungsverfahrens geänderten Antrag der Klägerin war festzustellen, dass sich der Antrag auf Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung der beanstandeten Werbung erledigt hat.

1. Die Klage war ursprünglich zulässig und begründet. Jedenfalls im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht war die Beklagte gegenüber der Klägerin (noch) zur Unterlassung verpflichtet, da die Beklagte durch die Bewerbung des Geburtstagsgutscheins Kunden übertrieben angelockt hat und damit im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Handlungen vorgenommen, die gegen die guten Sitten verstoßen haben, § 1 UWG. Das Landgericht hat dies mit eingehender und zutreffender Begründung dargelegt. Der Senat folgt den Gründen der angefochtenen Entscheidung und verweist auf sie, § 543 Abs. 1 ZPO. Das Vorbringen im Berufungsverfahren rechtfertigt keine andere Entscheidung: Auch ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher, dem zum Geburtstag ein solcher Gutschein übersandt wird, wird nach Überzeugung des Senats vielfach geneigt sein, die von der Beklagten angebotene Gutschrift von DM 10 allein zum Anlass zu nehmen, bei der Beklagten Waren zu bestellen, ohne die Angebote der Wettbewerber überhaupt in Betracht zu ziehen oder gar zu prüfen. Die Summe von DM 10, die bei einer Bestellung zum von der Beklagten vorgeschlagenen Mindestbestellwert immerhin eine Herabsetzung des Preises um 12,5 % bewirken würde, ist nach Überzeugung des Senats für einen erheblichen Teil der Werbeadressaten der Beklagten durchaus sehr verlockend. Insbesondere für das durchschnittliche und repräsentative Publikum, an das sich die Beklagte nach eigenem Vortrag wendet, ist das Geschenk von DM 10 derart anziehend, dass es bei der Wahl der Bezugsquelle für nicht hochpreisige Waren des täglichen Bedarfs häufig ohne weiteres den Ausschlag geben wird. Mögen auch Käufer von Exclusiv-Weinen und Exclusiv-Sekt (vgl. OLG Koblenz MD 2001, 50, 51) DM 20 nur als unbedeutende Aufmerksamkeit ansehen, so bedeutet für die Kunden der Beklagten nach Überzeugung des Senats ein Geschenk von DM 10 einen überstarken Kaufanreiz, wenn der Mindestbestellwert nur DM 80 beträgt. Dem wirken auch keine Besonderheiten des Versandhandels entgegen. Auch wenn der angesprochene Werbeadressat seine Kaufentscheidung in der eigenen Wohnung t...

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