Leitsatz (amtlich)
Auch wenn ein Anleger nicht zu dem fachkundigen Personenkreis gehört, dem durch Veröffentlichungen in juristischen Fachzeitschriften die BGH-Rechtsprechung im Jahre 2001 zur Nichtigkeit der Treuhandvollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetzes zeitnah bekannt geworden ist, kann regelmäßig von seiner Kenntnis oder zumindest von seiner grob fahrlässigen Unkenntnis der anspruchsbegründenden Umstände und damit von dem Beginn der Verjährung seines Rückforderungsanspruchs jedenfalls bis zum 31.12.2002 ausgegangen werden (Weiterführung des Senatsurteils vom 18.7.2006 - 17 U 320/05, OLGR 2006, 755).
Normenkette
BGB §§ 195, 199 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 05.12.2006; Aktenzeichen 11 O 46/06) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Mannheim vom 5.12.2006 - 11 O 46/06 - im Kostenpunkt aufgehoben und abgeändert:
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird zugelassen.
5. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug beträgt 19.274,53 EUR.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Rückerstattung von Leistungen auf ein Darlehen, mit dem die Rechtsvorgängerin der beklagten Sparkasse den Beitritt der Kläger zu einem geschlossenen Immobilienfonds finanzierte.
Die Kläger erteilten mit notarieller Urkunde vom 2.10.1995 (Anl. K 1) der Fa. K. Steuerberatungsgesellschaft mbH, W. (künftig: Treuhänderin), umfassenden Treuhandauftrag mit Vollmacht. Die Treuhänderin, die über eine Erlaubnis zur Rechtsberatung nicht verfügte, unterzeichnete namens der Kläger am 6.11.1995 einen Darlehensvertrag mit der Beklagten über einen tilgungsfreien Festkredit im Nennbetrag von 40.000 DM mit einem Disagio von 10 % bei einem Zinssatz von 8,25 %. Das Darlehen sollte am 30.11.2014 zur Rückzahlung fällig werden (Anl. B 2). Als Sicherheit diente die Abtretung der Rechte aus einer zum Zwecke der Darlehenstilgung abgeschlossenen Kapital-Lebensversicherung. Der Beklagten lag eine Ausfertigung der Vollmachtsurkunde bei Unterzeichnung des Vertrages nicht vor. Die Treuhänderin schloss sodann im Namen der Kläger einen Beitrittsvertrag mit dem Immobilienfonds "N. B. No. 4 GdbR" über zwei Gesellschaftsanteile i.H.v. jeweils 17.428 DM.
Die Kläger erbrachten auf den Darlehensvertrag bis einschließlich Juni 1999 neben einer ersten Darlehensrate weitere 13 Zahlungen pro Quartal von jeweils 825 DM (zusammen 5.910,16 EUR). Durch Sondertilgung i.H.v. 37.695,74 DM = 19.273,53 EUR lösten die Kläger das Darlehen zum 13.7.1999 ab (Kontoauszug Anl. K 7). Mit der am 22.2.2006 eingereichten Klage haben die Kläger Rückgewähr der genannten Beträge nebst Zinsentschädigung und Erstattung vorgerichtlicher Anwaltsgebühren verlangt.
Die Beklagte hat sich in erster Linie auf Verjährung berufen.
Das LG hat die Beklagte unter teilweiser Abweisung der Klage auf Rückzahlung der Sondertilgung (19.273,53 EUR) mit der Begründung verurteilt, die geltend gemachte Verjährungseinrede sei insoweit unbegründet; auch auf Verwirkung könne sich die Beklagte nicht berufen. Der Beklagten stünden gegen die Kläger auch keine Ansprüche gem. §§ 128, 130 HGB analog wegen einer etwaigen Bereicherungsschuld der Fondsgesellschaft auf Rückgewähr der empfangenen Darlehensvaluta zu, sodass der hilfsweise erhobene Aufrechnungseinwand nicht durchgreife.
Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung.
Sie erstrebt vollständige Klageabweisung. Die Zahlungsklage sei auch hinsichtlich der Sondertilgung nicht begründet. Auch wenn im Rahmen der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB nach der jüngsten Entscheidung des BGH für den Beginn der neuen dreijährigen Verjährung Kenntnis oder Kennenmüssen i.S.v. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu fordern sei, ändere sich im Streitfall nichts an dem Ergebnis der Anspruchsverjährung spätestens mit Ablauf des 31.12.2005. Zu Unrecht habe das LG für eine Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände auf den 31.12.2001 und nicht - wie richtig - auf den 31.12.2002 abgestellt. Die subjektiven Voraussetzungen lägen im Streitfall jedoch vor, weil die ungeklärte Rechtslage bezüglich des Bestehens eines Bereicherungsanspruchs wegen nichtiger Treuhandvollmacht Ende 2001, jedenfalls aber spätestens Ende 2002 geklärt und allgemein bekannt gewesen sei. Die Kläger könnten sich nicht darauf berufen, erst im Verlaufe des Jahres 2005 von der Nichtigkeit des von ihnen geschlossenen Darlehensvertrags Kenntnis erlangt zu haben. Sie hätten jedenfalls spätestens bis Dezember 2005 verjährungshemmende Maßnahmen ergreifen müssen, weil sie nicht hätten warten dürfen, bis andere Anleger in Parallelverfahren in letzter Instanz obsiegen würden. Hilfsweise macht die Beklagte geltend, der Rückzahlungsanspruch der Kläger sei auch gem. § 197 BGB a.F. verjährt, jedenfalls aber verwirkt. Höchst vorsorglich rechnet die Beklagte mit einem auf Erstattung der ausgezahlten Darlehensvaluta gerichteten Anspruch entsprechend §§ 128, 130 HGB gegen die Kla...