Leitsatz (amtlich)
Ein wegen fehlender Gesamtbetragsangabe nichtiger Darlehensvertrag, der mit dem finanzierten Fondsbeitritt ein verbundenes Geschäft gem. § 9 Abs. 1 VerbrKrG bildet, wird gem. § 6 Abs. 2 S. 1 VerbrKrG gültig, wenn die Darlehensvaluta vertragsgemäß auf das Treuhandkonto ausbezahlt wird. Im Sinne dieser Vorschrift hat der Darlehensnehmer die Darlehenssumme zwar nicht empfangen, aber in Anspruch genommen (in der Begründung Abweichung von BGH, Urt. v. 25.4.2006 - XI ZR 193/04, BGHReport 2006, 908)
Normenkette
VerbrKrG § 6 Abs. 2 S. 1, § 9 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 12.09.2005; Aktenzeichen 5 O 300/04) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Karlsruhe vom 12.9.2005 - 5 O 300/04 - im Kostenpunkt aufgehoben und wie folgt geändert:
a) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.329,47 EUR nebst 5 % Zinsen seit dem 23.12.2004 zu zahlen.
b) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des ersten Rechtszuges trägt die Klägerin 95 % und die Beklagte 5 %. Die Kosten des Berufungsrechtszuges fallen der Klägerin zur Last.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Zwangsvollstreckungsschuldnerin darf die Zwangsvollstreckung der Gläubigerin gegen Sicherheitsleistung von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug beträgt (6.335,09 EUR + 18.017,09 EUR =) 24.353.02 EUR. Der Streitwert für den ersten Rechtszug wird gem. § 63 Abs. 3 GKG auf 25.682,49 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Abwicklung eines Darlehens, mit dem die beklagte Bank den Beitritt der Klägerin zu einem geschlossenen Immobilienfonds finanzierte.
Das von der Gründungsgesellschaft (WGS) und einem Mitgesellschafter initiierte und von diesen über eine Vertriebsgesellschaft auf den Markt gebrachte Anlagekonzept sah vor, dass die durch Anlagevermittler gewonnenen Anleger nach Abklärung ihrer finanziellen Verhältnisse ein notarielles Eintrittsangebot abgeben und sich die Mittel für ihre (auf ein Treuhandkonto der GbR zu leistende) Einlage durch ein Bankdarlehen beschaffen.
Die von einem Anlagevermittler geworbene Klägerin unterzeichnete am 29.11.1993 einen Eintrittsantrag für den Immobilienfonds Nr. 33 der WGS, betreffend zwei Immobilienobjekte in L.-E. und St.-M. nebst Selbstauskunft und einen Antrag auf Abschluss einer Kapitallebensversicherung. Mit notarieller Urkunde vom 30.11.1993 gab die Klägerin ein Angebot auf den Erwerb eines Fondsanteils für insgesamt 30.650 DM ab. Der Beteiligungsvertrag ist sodann durch Annahmeerklärung des geschäftsführenden Gesellschafters des Fonds am 23.12.1993 zustande gekommen. Die Darlehensanträge mit einer Gesamtdarlehenssumme von 35.240 DM und einer Zinsbindungsfrist bis 1.12.2003 unterzeichnete die Klägerin am 6.12.1993. Die Beklagte nahm die Anträge am 30.12.1993 an. Die Darlehensrückzahlung sollte spätestens zum 1.12.2013 durch die an die Beklagte abgetretene Lebensversicherung erfolgen. Die Beklagte zahlte vereinbarungsgemäß die Darlehensvaluta auf das Treuhand-Konto aus.
Die Klägerin erbrachte vertragsgemäß Zinsleistungen bis zum 10.9.2004 i.H.v. insgesamt 7.664,56 EUR. Sie macht Formnichtigkeit des Darlehensvertrags sowie Einwendungen gegen die Darlehensverpflichtung aus dem Fondsbeitritt geltend und verlangt Rückabwicklung des Darlehensvertrages (Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 16.11.2004, Anlagenheft K 10).
Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin Rückzahlung der erbrachten Zinsleistungen nebst Verzugszinsen und Rückabtretung der Rechte aus der Lebensversicherung, jeweils Zug um Zug gegen Übertragung des erworbenen Gesellschaftsanteils, sowie die Feststellung, dass der Beklagten keine weiteren Forderungen aus dem Darlehen zustehen.
Das LG hat der Klage (bis auf einen Teil der Zinsforderung) unter dem Gesichtspunkt der Formnichtigkeit des Darlehensvertrages gem. §§ 4, 6 VerbrKrG (i.d.F. bis zum 30.9.2000) stattgegeben.
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung dagegen und verfolgt ihren erstinstanzlichen Antrag auf Abweisung der Klage bis auf einen Zahlungsbetrag i.H.v. 1.392,47 EUR einschl. Zinsforderung weiter. Sie nimmt die rechtliche Beurteilung des LG hin, dass der Kreditvertrag gem. § 4 Abs. 1 S. 4 Nr. 1b VerbrKrG formnichtig ist. Zu Unrecht habe das LG jedoch eine Heilung durch Auszahlung der Darlehenssumme auf das angegebene Treuhandkonto verneint. Gesetzliche Rechtsfolge des geheilten Formverstoßes sei lediglich eine Reduzierung des Darlehenszinses auf 4 %. Dem werde durch die vorliegende Antragstellung Rechnung getragen. Die Klägerin könne sich darüber hinaus ihrer Verpflichtung aus dem Darlehen auch nicht unter den rechtlichen Gesichtspunkten des Aufklärungsverschuldens bzw. der arglistigen Täuschung beim Fondsbeitritt entziehen.
Die Klägerin tritt der Berufung entgegen und verteidigt das angegriffene ...