Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassungsanspruch bei Beschwerden über angebliche Missstände; Kosten bei erfolgloser obligatorischer Streitschlichtung
Leitsatz (amtlich)
1. Ehrenrührige Äußerungen, die im Zusammenhang mit der Anbringung von Beschwerden über angebliche Missstände ggü. den hierfür zuständigen Stellen abgegeben werden, damit diese ein bestimmtes Verhalten überprüfen und ggf. abstellen, sind grundsätzlich nicht rechtswidrig.
2. Die Privilegierung ehrenrühriger Äußerungen bei Beschwerden findet seine Grenzen bei bewusst falschem Vortrag, bei leichtfertig aufgestellten und offensichtlich unhaltbaren Behauptungen sowie bei Vorbringen, das allein dazu dienen soll, die betroffenen Person ganz allgemein verächtlich zu machen.
3. Anwaltskosten, die in einem gescheiterten obligatorischen außergerichtlichen Verfahren zur Streitschlichtung entstanden waren, können im nachfolgenden Klageverfahren als Vorbereitungskosten erstattungsfähig sein. Voraussetzung hierfür ist, dass im Einzelfall die Inanspruchnahme eines Anwalts im vorgeschriebenen Schlichtungsverfahren erforderlich war.
Verfahrensgang
LG Freiburg i. Br. (Urteil vom 11.08.2008; Aktenzeichen 6 O 173/06) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des LG Freiburg vom 11.8.2006 - 6 O 173/06 - dahin abgeändert, dass die Klage als unbegründet und die Widerklage als unzulässig abgewiesen werden.
2. Bei der Kostenentscheidung des landgerichtlichen Urteils verbleibt es.
3. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
6. Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf 14.449,69 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I. Der Kläger ist 1. Vorsitzender des Motorradclubs MC Ew. e.V., der am Samstag/Sonntag 25./26.6.2005 auf seinem Gelände beim Sportplatz von Ew. sein jährliches Motorradtreffen durchführte. Zum - auf einem Flugblatt angekündigten - Veranstaltungsprogramm gehörten u.a. eine "Fire & Midnight Show" und eine "Burn-Out-Party". Bei einem (stehenden) "Burn-Out" geht es darum, bei hoher Motordrehzahl und arretierten Vorderrädern unter starker Staub-, Lärm- und Geruchsentwicklung die Hinterräder von Kraftfahrzeugen durchdrehen zu lassen.
Mit an den Kläger gerichtetem Schreiben vom 4.7.2005, von dem Kopien an den Bürgermeister und an das Ordnungsamt der Stadt E. sowie an den Ortsvorsteher des Ortsteils Ew. gingen, hat sich die Klägerin über den bei dem Motorradtreffen entstanden nächtlichen Lärm beschwert. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, durch eine Reihe in diesem Schreiben enthaltener Formulierungen in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt worden zu sein. Er hat von der Beklagten erfolglos die Abgabe einer diesbezüglichen Unterlassungserklärung verlangt.
Mit der Klage hat der Kläger die Beklagten auf Unterlassung der von ihm beanstandeten Äußerungen, auf Zahlung eines Schmerzensgeldes i.H.v. 10.000 EUR sowie auf Erstattung seiner vorgerichtlichen Anwaltskosten i.H.v. 390,69 EUR in Anspruch genommen. Die Beklagte hat - widerklagend - vom Kläger Erstattung der ihr vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten verlangt. Dem ist der Kläger mit dem Antrag auf Abweisung der Widerklage entgegengetreten.
Wegen der von den Parteien verfolgten Ansprüche, des zugrunde liegenden Sachverhalts und des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das LG die Klage abgewiesen und den Kläger verurteilt, an die Beklagte/Widerklägerin 449,69 EUR zu bezahlen. Dabei hat es einen Unterlassungsanspruch mit der Begründung verneint, dass die Äußerungen in überwiegender Zahl sich nicht gegen die Person des Klägers richteten; bei den übrigen Äußerungen handele es sich um als berechtigte Interessenwahrnehmung gerechtfertigte Kritik. - Da das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht verletzt worden sei, stehe ihm auch kein - in der verlangten Höhe ohnehin übersetztes - Schmerzensgeld zu. - Die Entscheidung zu den außergerichtlichen Anwaltskosten ergebe sich aus der Unbegründetheit des vom Kläger geltend gemachten Unterlassungsbegehrens.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Anträge weiter. Dabei wiederholt und vertieft er im Wesentlichen seinen früheren Vortrag. Er beantragt, das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,
1. - insoweit unter Androhung von Ordnungsmitteln - die folgenden Äußerungen zu unterlassen:
a) "Die übelste Nacht in diesen Jahren hat uns Ihr 'Motorradtreffen' am 25.6.2005 beschert";
b) "Von Jahr zu Jahr hat sich der Radau gesteigert";
c) "Dass erwachsene Menschen noch nachts um 2:00 Uhr wiederholt Motorräder in vollster Lautstärke am Mikrofon aufdrehen lassen, ist eine solche Unverschämtheit - dafür gehört Ihnen und Konsorten die Maschinen enteignet";
d) "So wenig, wie Sie auf uns Rücksicht genommen haben, so wenig werden wir künftig Rücksicht nehmen";
e) "Wir werde...