Das Urteil ist rechtskräftig.
Leitsatz (amtlich)
Zur Nichtigkeit eines Pachtvertrages über eine Gaststätte wegen Wuchers und zur erforderlichen Feststellung einer verwerflichen Gesinnung des Begünstigten.
Normenkette
BGB § 138 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Konstanz (Urteil vom 12.12.2001; Aktenzeichen 4 O 21/00) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 12.12.2001 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger über die durch Teilanerkenntnisurteil des Landgerichts Konstanz vom 26.09.2000 zuerkannten 18.855,91 DM hinaus weitere 1.121,20 EUR nebst 8 % Zinsen aus 10.762,08 EUR seit 19.01.2000 zu zahlen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat der Kläger 4/9 und die Beklagte 5/9 zu tragen, von den Kosten des Berufungsverfahrens der Kläger 47/50 und die Beklagte 3/50.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger beansprucht mit seiner Klage nach Beendigung eines gewerblichen Pachtvertrages die Rückzahlung der gezahlten Kaution nebst Zinsen. Dem zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzanspruch der Beklagten, auf unterlassene Reinigung der Mieträume und unterlassene Reparaturen gestützt, hält er entgegen, der Mietvertrag sei wegen Wuchers nichtig.
Gegenstand des Pachtvertrages vom 05.10.1994 war die Gaststätte „Z” in Ü. in der ersten parallelen Seitenstraße zur Seepromenade. Die Gaststätte bestand aus Gastraum, Toilettenanlage, Küche und einem Lagerraum (Fläche des reinen Gast- bzw. Schankraumes 54,15 m², die der übrigen Räume nochmals 41,25 m²). Die monatliche Pacht betrug 4.500,00 DM netto zuzüglich Mehrwertsteuer. Der Kläger hatte zuvor im Nachbarhaus eine Gaststätte mit einer Betriebsgröße laut Konzession von 43 m² für netto 1.050,00 DM gepachtet. Er hatte sich bei den Eltern der Beklagten, ihren Rechtsvorgängern, um die Anpachtung deren Gaststätte bemüht. Im Berufungsverfahren ist unstreitig, dass der Kläger die geschuldete Barkaution in Höhe 30.000,00 DM in Raten von 20.000,00 DM am 05.10.1994, von 4.000,00 DM am 20.11.1995 und von 6.000,00 DM spätestens am 17.4.1996 erbracht hat.
Der Beklagte hat das Pachtobjekt nach Ablauf der vertraglichen Pachtzeit zum 31.10.1999 geräumt. Nach dem Pachtvertrag war er verpflicht das Pachtobjekt in gut gebrauchsfähigem, reparaturfreiem Zustand und gereinigt zu übergeben. Mit Anwaltsschreiben vom 04.11.1999 beanspruchte der Kläger die Rückzahlung der geleisteten Kaution von 30.000,00 DM. Mit Schreiben vom 09.11.1999 verweigerte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Auszahlung der Kaution. Er nahm Bezug auf eine beigefügte Aktennotiz vom 06.11.1999 über eine in Gegenwart des Architekten Kraus und der neuen Pächter erfolgte Übergabe an die neuen Pächter und kündigte an, die Belege für den Reinigungs- und Renovierungsaufwand vorzulegen. Weiter verwies er darauf, dass der unglaubliche Zustand der Pachträumlichkeiten es dem Nachpächter nicht gestatten würde, wie von ihm geplant zu eröffnen, so dass deswegen Schadensersatzansprüche zu erwarten seien. Mit Schreiben vom 10.01.2000 hat der Bevollmächtigte der Beklagten dem Bevollmächtigten des Klägers Rechnungen für Reinigungs-, Wartungs- und Reparaturarbeiten sowie Architektenleistungen in Höhe von insgesamt 12.101,18 DM vorgelegt.
Gestützt hierauf hat die Beklagte erstinstanzlich in diesem Umfang Schadensersatz geltend gemacht und hiermit sowie mit einer titulierten Forderung nebst Vollstreckungskosten in Höhe von 1.154,18 DM aufgerechnet. Unter Berücksichtigung von Zinsen in Höhe von 2.111,27 DM hat sie einen restlichen Kautionsanspruch in Höhe von 18.855,91 DM anerkannt. Entsprechend ihrem Anerkenntnis erging Anerkenntnisurteil.
Der Kläger hat die von ihm beanspruchten Zinsen von jährlich 4 % für fünf Jahre mit 6.000,00 DM berechnet und geltend gemacht der Pachtvertrag sei wegen Wuchers sittenwidrig und deshalb nichtig. Er hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 36.000,00 DM zuzüglich 8 % Zinsen hieraus ab Rechtshängigkeit zu zahlen, abzüglich des von der Beklagten bereits anerkannten Teilbetrages.
Die Beklagte hat beantragt,
die über das Anerkenntnis hinausgehende Klage abzuweisen.
Zur Behauptung des Klägers, die vereinbarte Pacht sei wucherisch, hat sie geltend gemacht, die Pacht entspreche vergleichbaren Objekten in Ü Im übrigen könne weder von einer Zwangslage noch von einer Unerfahrenheit des Klägers die Rede sein.
Das Landgericht hat nach Vernehmung von Zeugen und Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen K., das der Sachverständige schriftlich ergänzt und mündlich erläutert hat, der Klage in Höhe von weiteren 1.154,18 DM nebst Zinsen aus 20.010,09 DM seit 19.01.2000 stattgegeben, sie im übrigen aber abgewiesen. Zwar sei von einer sittenwidrig überhöhten Pacht auszugehen, es könne aber keine verwerfliche Gesinnung der Beklagten im Sinne des § 138 BGB festgestellt werden. Ausgehend von einem Kautionsguthaben in Höhe von 32.111,27 DM einschließlich Zins...