Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwaltshaftung. Unterhaltsschaden. Aktivlegitimation für durch Anwaltsverschulden entgangenen Kindesunterhalt beim Kind, nicht gemäß § 1629 Abs. 3 BGB beim anderen Elternteil
Leitsatz (amtlich)
Es kann nicht als Folge eines unterlassenen Hinweises auf Zweifel an der Aktivlegitimation gerügt werden, dass die klagende Partei insoweit die materielle Rechtslage noch nachträglich zu ihren Gunsten hätte ändern (Abtretung) oder einen Parteiwechsel hätte vornehmen können.
Normenkette
BGB § 1629 Abs. 3; ZPO § 139 Abs. 4
Verfahrensgang
LG Mainz (Aktenzeichen 2 O 68/05) |
Gründe
Der Senat erwägt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Gründe werden nachfolgend dargestellt. Der Klägerin wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 16. April 2007.
Die Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nach Auffassung des Senats gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht.
Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg:
Das landgerichtliche Urteil entspricht der Rechtslage und enthält keine Fehler. Die getroffenen Feststellungen sind vollständig und rechtfertigen keine andere Entscheidung:
Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Klägerin zur Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs betreffend die Zahlung von Kindesunterhalt nicht aktivlegitimiert ist. Soweit die Klägerin dem Beklagten zum Vorwurf macht, durch fehlerhaftes Vorgehen im Rahmen der Verhandlungen mit der Bevollmächtigten ihres früheren Ehemannes verursacht zu haben, dass dieser für eine bestimmte Zeit den von ihm geschuldeten Kindesunterhalt nicht gezahlt hat, macht sie keinen eigenen Anspruch, sondern einen Anspruch ihrer Kinder geltend. Auch dann, wenn gemäß § 1629 Abs. 3 BGB ein Elternteil dann, wenn die Eltern getrennt leben oder eine Ehesache zwischen ihnen anhängig ist, den Unterhaltsanspruch des Kindes im eigenen Namen gegen den anderen Elternteil gerichtlich geltend machen kann, bleibt es doch ein Anspruch des Kindes. Wenn dieser Unterhalt nicht gezahlt wird, stellt dies auch dann einen Schaden des Kindes dar, wenn der Unterhalt nicht an das Kind, sondern - bei einem minderjährigen Kind - an den Elternteil, bei welchem es lebt, gezahlt werden soll. Wenn im Rahmen eines Scheidungsverfahrens (oder dessen Vorbereitung während der Trennungszeit) der Rechtsanwalt des Elternteils, bei welchem das Kind lebt, gegenüber dem anderen Elternteil auch die Ansprüche auf Kindesunterhalt geltend macht oder diese in eine Regelung der gesamten Unterhaltsproblematik zwischen den Eheleuten einbezieht, betrifft sein Handeln Ansprüche und Interessen des Kindes. Insoweit stellt sich der Anwaltsvertrag mit dem Elternteil als Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten des Kindes dar. Bei Pflichtverletzungen, welche die Interessen des Kindes betreffen, hat dieses einen eigenen Schadensersatzanspruch gegen den Anwalt. Eine Berechtigung der Eltern, einen derartigen Schadensersatz gegen einen Dritten im eigenen Namen mit dem Antrag einer Zahlung an sich selbst geltend zu machen, besteht nicht. Eine allgemeine gesetzliche Prozessstandschaft der Eltern für ihre Kinder besteht nicht. Die Vorschrift des § 1629 Abs. 3 BGB betrifft lediglich den Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den anderen Elternteil und auch das nur, solange die Trennungszeit und das Scheidungsverfahren andauern.
Der Senat nimmt in Aussicht, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 14.509,51 € (Berufung Klägerin 13.188,10 €, Anschlussberufung Beklagter 1.321,41 €) festzusetzen.
Fundstellen