Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung des Insolvenzverwalters bei Veräußerung schuldnerfremder Gegenstände

 

Leitsatz (amtlich)

1. Vereinbart der Insolvenzverwalter mit dem Berechtigten im Streit um das Eigentum einer im Besitz des Schuldners befindlichen Sache deren Veräußerung und die treuhänderische Hinterlegung des Erlöses, richtet sich die Auskehrung des Erlangten nicht nach § 816 BGB. Maßgeblich ist die jeweilige Parteivereinbarung.

2. Ob und ggf. in welchem Umfang der Insolvenzverwalter vom Erlös Feststellungs- und Verwertungskosten abziehen darf, richtet sich ebenfalls nach dem Vertrag der Parteien. Wurde dort eine Regelung getroffen, ist daneben ein Rückgriff auf die umfassenderen gesetzlichen Befugnisse der §§ 170 ff InsO nicht möglich.

3. Zur Eigentumsübertragung durch Abtretung des Herausgabeanspruchs und zur Reichweite der Eigentumsvermutung des § 1006 BGB.

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Urteil vom 27.11.2003; Aktenzeichen 4 O 651/02)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Mainz vom 27.11.2003 wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt als ehemalige Sicherungseigentümerin den beklagten Insolvenzverwalter auf Zahlung des Erlöses aus dem Verkauf zweier Maschinen in Anspruch. Nach Auffassung des Beklagten standen die Maschinen im Eigentum der Insolvenzschuldnerin (im Folgenden: Schuldnerin).

Ursprünglich war die R.M.D. GmbH & Co. KG (im Folgenden: RMD) Eigentümerin der Maschinen. Ihre Anteile an dieser Gesellschaft verkaufte die Klägerin 1997 an die Schuldnerin. Durch einen als "Nachtrag 2" bezeichneten Vertrag vom 22.12.1997 (Anlage K 5 zur Klageschrift) "übernahm" die Schuldnerin u.a. die beiden Maschinen zu einem Gesamtkaufpreis von 850.000 DM, der nicht gezahlt wurde.

Durch Sicherungsübereignungsvertrag vom 25.5.1998 übertrug die RMD das Eigentum an den beiden Maschinen auf die Klägerin (Anlage K 7 zur Klageschrift) zur Sicherung des von der Schuldnerin zu zahlenden Kaufpreises für die Gesellschaftsanteile. In § 2 des Vertrages heißt es, dass die Maschinen im Besitz der RMD beziehungsweise der Schuldnerin bleiben. Der Sicherungsübereignungsvertrag ist auch von der Schuldnerin unterzeichnet worden (Anlage K 7 S. 2). In einer Nachtragsvereinbarung zwischen der Klägerin und der Schuldnerin vom 25.11.1999 heißt es, die Sicherungsübereignung gelte "bis zur vollständigen Erfüllung der Zahlung" durch die Schuldnerin (Anlage K 8 zur Klageschrift S. 2).

Der Beklagte meint, vor der Sicherungsübereignung vom 25.5.1998 sei die Schuldnerin Eigentümerin der Maschinen geworden. Dementsprechend sei er zu deren Veräußerung befugt gewesen.

Widerklagend hat er von der Klägerin Auskunft über Geschäftsvorgänge und Unterlagen verlangt, die den Verkauf der Gesellschaftsanteile betreffen.

Das LG hat der Klage weitgehend stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Der Beklagte sei nach § 816 BGB zahlungspflichtig, weil er als Nichtberechtigter über die im Eigentum der Klägerin stehenden Maschinen verfügt habe. Der Auskunftsanspruch sei unbegründet, weil die Klägerin bereits alle Unterlagen herausgegeben habe.

Mit seiner Berufung wiederholt der Beklagte die Anträge auf Abweisung der Klage und Auskunftserteilung. Über die Maschinen habe er schon deshalb berechtigt verfügt, weil vereinbart worden sei, dass er sie versteigern dürfe und der Erlös bis zur Klärung der Eigentumsfrage auf einem Anderkonto hinterlegt werde. Das ergebe sich aus seinem Schreiben an die Klägerin vom 5.6.2002 (Anlage K 14). Zur Verwertung der Maschinen sei er aber auch nach § 166 InsO befugt gewesen. Jedenfalls habe das Eigentum an den Maschinen der Schuldnerin zugestanden. Selbst wenn die Auffassung des LG zutreffe, seien gem. § 171 Insolvenzordnung die Feststellungs- und Verwertungskosten abzuziehen. Letztlich sei es der Klägerin auch zumutbar, die begehrten Auskünfte zu erteilen.

Die Klägerin erwidert, an den Maschinen habe kein Absonderungs- sondern ein Aussonderungsrecht bestanden. Der Beklagte ziehe aus seinem Schreiben vom 5.6.2002 unzutreffende Schlussfolgerungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II. Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das LG hat im Ergebnis zu Recht der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Was die Berufung dagegen vorbringt, ist nicht stichhaltig.

Im Einzelnen:

1. Das LG hat gemeint, die Klage sei aus § 816 BGB begründet. Nach § 816 Abs. 1 S. 1 BGB ist ein Nichtberechtigter zur Herausgabe des Erlangten verpflichtet, wenn er über einen Gegenstand eine Verfügung trifft, die dem Berechtigten ggü. wirksam ist. Diese Voraussetzungen sind nach den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung des Berufungsverfahrens deshalb nicht erfüllt, weil die Parteien Mitte 2002 vereinbarten, dass der Beklagte die Maschinen veräußern durfte, jedoch verpflichtet sein sollte, ...

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