rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Unfallversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Feststellung einer relativen Fahruntüchtigkeit kann auch dann erfolgen, wenn die Blutentnahme nicht aus der freigelegten Oberschenkelvene der frischen Leiche oder der vena subclavia, sondern aus dem Herzen erfolgt ist, dabei ohne Rückrechnung sich ein BAK-Wert von 1,03 Promille ergeben hat.

 

Normenkette

AUB 88 §§ 1, 2 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Bad Kreuznach (Aktenzeichen 2 O 283/99)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bad Kreuznach vom 31. März 2000 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die Berufung ist nicht begründet.

1) Das Landgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug, § 543 Abs. 1 ZPO. Das Berufungsvorbringen gibt zu einer abweichenden Beurteilung keine Veranlassung.

a) Der Klägerin steht kein Anspruch aus der Unfallversicherung gemäß § 1 AUB 88 zu. Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass der Unfall durch eine alkoholbedingte Bewusstseinstörung des Versicherungsnehmers verursacht worden ist, was gemäß § 2 Abs. 1 AUB 88 zu einem Leistungsausschluss führt. Der Unfall ereignete sich am 1.02.1999 gegen 21.05 Uhr. Die Entnahme der Blutprobe an der Leiche erfolgte am 2.02.1999 gegen 0.10 Uhr., d. h. ca. 3 Stunden nach dem Unfall. Die Blutentnahme ergab einen BAK-Wert von 1,03 Promille. Da das Trinkzeitende nicht bekannt ist, verbietet sich eine Rückrechnung. Selbst unter Berücksichtigung, dass in der ersten zwei Stunden nach Trinkende keine Rückrechnung erfolgen darf, spricht vieles dafür, dass der Versicherungsnehmer zum Unfallzeitpunkt bei einem Rückrechnungswert von 0,1 Promille pro Stunde möglicherweise mehr als 1,1 Promille hatte und damit absolut fahruntüchtig war (Grimm, Unfallversicherung, AUB Kommentar 3. Aufl. 2000, § 2 Rn. 11, 15). Der Senat geht in Übereinstimmung mit dem Landgericht zugunsten der Klägerin davon aus, dass lediglich von einer Blutalkoholkonzentration von 1,03 Promille zum Unfallzeitpunkt auszugehen ist und damit lediglich eine relative Fahruntüchtigkeit vorliegt. Die Berufung wendet sich ohne Erfolg dagegen, dass die Blutentnahme nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Es ist anerkannt, dass auch eine Analyse von Leichenblut zu zuverlässigen Ergebnissen führt, wobei grundsätzlich zur Bestimmung des Blutalkoholwertes das Blut aus der freigelegten Oberschenkelvene der Leiche bzw. bei einer frischen Leiche, wovon hier auszugehen ist, auch aus der vena subclavia möglich ist. Eine Entnahme aus der Oberschenkelvene war vorliegend nicht mehr möglich (Angaben Dr. Haager GA 34, 36). Anhaltspunkte dafür, dass sich durch Entnahme des Blutes aus dem Herzen eine unrichtige Feststellung der vorhandenen Blutalkoholkonzentration ergeben hat, sind nicht erkennbar. Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass sich durch die im Rahmen der letztlich erfolglosen Reanimation verabreichten Medikamente sich eine nachteilige Veränderung des BAK-Wertes ergeben hat. Dabei verkennt der Senat nicht, dass ausweislich des BAK-Protokolls festgestellt ist, dass das Leichenblut nicht nach den Richtlinien des Bundesgesundheitsministeriums entnommen wurde und der Widmark-Wert nicht festgestellt ist. Selbst wenn sich eine geringfügige Abweichung im BAK-Wert ergäbe, besteht dennoch für den Senat ein im Sinne von § 286 ZPO gesicherter Grad an Gewissheit, dass hier von einer relativen Fahruntüchtigkeit des Versicherungsnehmers auszugehen ist. Bei einem Alkoholgehalt von weniger als 1,1 Promille entfällt der Versicherungsschutz nur dann, wenn äußere Anzeichen für eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit vorliegen. Ergeben sich diese nicht aus sonstigen Ausfallerscheinungen, müssen Fahrfehler festgestellt werden, die typischerweise auf Alkoholgenuß zurückzuführen sind. Ein typisch alkoholbedingter Fahrfehler kann angenommen werden, wenn der Fahrer in einer einfachen Verkehrssituation von der Fahrbahn abkommt, ohne dass eine Behinderung durch Gegenverkehr oder sonstige Umstände ernsthaft in Frage kommt (OLG Hamm r+s 1993, 236; OLG Celle VersR 1997, 98).

b) Aufgrund der Erkenntnisse aus der polizeilichen Ermittlungsakte, insbesondere den Lichtbildern und Spurenuntersuchungen, ist der Versicherungsnehmer auf gerader Fahrbahn nach Durchfahren einer langgezogenen Linkskurve zunehmend und in schräger Fahrtrichtung von der Fahrbahn abgekommen. Nachdem er zunächst nur mit der rechten Fahrseite auf den unbefestigten Seitenstreifen aufgefahren war, befand sich das Fahrzeug nach etwa 24 m Fahrt insgesamt, also auch mit der linken Fahrseite in dem abschüssigen Straßengraben. Das Fahrzeug ist anschließend durch den Straßengraben bedingter, leichter Schräglage noch etwa 17,80 m weitergefahren, bis es gegen das im Erdwall liegende Wasserrohr stieß. Für einen Fahrfehler des Versicherungsnehmers spricht, dass er ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge