Leitsatz (amtlich)

Der Antrag eines Textilrecyclingunternehmens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen einen Unternehmer, der nach dem glaubhaft gemachten Vortrag mehrmals unbefugt Textilien aus den vom Antragsteller aufgestellten Altkleidercontainern entnommen hat, darf nicht mit der Begründung zurückgewiesen werden, der letzte beobachtete Vorfall liege bereits einige Zeit zurück, so dass keine Wiederholungsgefahr glaubhaft gemacht sei.

 

Normenkette

BGB §§ 823, 1004; ZPO § 935 ff.

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 15 O 204/02)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 12.11.2002; Aktenzeichen XI ZB 15/02)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 15. Zivilkammer (Einzelrichter) des LG Köln vom 2.5.2002 – 15 O 204/02 – aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung – auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens – an das LG zurückgewiesen.

 

Gründe

Die zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.

Das LG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu Unrecht durch den angefochtenen Beschluss abgelehnt.

Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass sie als führendes Textilrecyclingunternehmen in Deutschland bundesweit ca. 6.000 und in Nordrhein-Westfalen ca. 2.200 Altkleidercontainer bewirtschaftet und dass der Antragsgegner, der früher von ihr mit der Entleerung solcher Container beauftragt war, den Containern nach Kündigung seines Auftrags mehrfach unbefugt Textilgut entnommen hat. Dies soll ihm durch die beantragte einstweilige Verfügung untersagt werden.

Der Antrag ist nach dem glaubhaft gemachten Vortrag der Antragstellerin begründet.

Der Verfügungsanspruch ergibt sich aus den § 823 Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 242 StGB, § 1004 BGB. Selbstverständlich hat die Antragstellerin einen Anspruch darauf, dass der Antragsgegner sein rechtswidriges Verhalten unterlässt. Die notwendige Wiederholungsgefahr wird jedenfalls bei einem gewerbsmäßigen Vorgehen, wie es der Antragsgegner offenbar bisher betrieben hat, vermutet (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 61. Aufl., § 1004 Rz. 29 m.w.N.). Diese Vermutung hat der Störer zu widerlegen, wobei strenge Anforderungen zu stellen sind (Palandt/Bassenge, BGB, 61. Aufl., § 1004 Rz. 29 m.w.N.). Die Vermutung ist – entgegen der Auffassung des LG – nicht schon deshalb widerlegt, weil der letzte – von einer im Auftrag der Antragstellerin tätigen Detektei beobachtete – Vorfall schon einige Zeit zurück liegt (25.3.2002). Bei dem weiten von der Antragstellerin bewirtschafteten Containernetz ist eine ständige Beobachtung sämtlicher Container ersichtlich unmöglich; die Vermutung der Wiederholungsgefahr wird der Antragsgegner mithin nur durch handfesten Tatsachenvortrag entkräften können.

Es besteht auch ein Verfügungsgrund. Eine rasche, mithin auch einstweilige Regelung erscheint zur Abwendung wesentlicher der Antragstellerin drohender Nachteile als nötig (§ 940 ZPO). Eine Abmahnung ist bei dem vorliegenden Sachverhalt – entgegen der Ansicht des LG – weder zur Begründung der Wiederholungsgefahr noch zur Begründung der Notwendigkeit einstweiligen Rechtsschutzes erforderlich; die fehlende Abmahnung mag allenfalls Kostenfolgen für die Antragstellerin haben, wenn der Antragsgegner den Anspruch sofort anerkennt. Im Beschwerdeverfahren hat die Antragstellerin zudem glaubhaft gemacht, dass eine Abmahnung erfolgt ist.

Der Senat erlässt die einstweilige Verfügung nicht selbst, sondern überträgt das weitere Verfahren dem LG (§ 572 Abs. 3 ZPO). Nach § 937 Abs. 2 ZPO erfordert der Erlass einer einstweiligen Verfügung ohne mündliche Verhandlung eine besondere Eilbedürftigkeit, die über das, was schon zur Bejahung des Verfügungsgrundes erforderlich ist, hinaus geht. Dafür ist hier nichts ersichtlich. Bei der gegebenen Sachlage wird der Erlass einer einstweiligen Verfügung aufgrund einer kurzfristig anberaumten mündlichen Verhandlung dem Bedürfnis der Antragstellerin auf einstweiligen Rechtsschutz ausreichend gerecht. Die danach erforderliche Verhandlung wird das LG anzuberaumen haben.

Die Kostenentscheidung ist dem LG vorzubehalten, da noch nicht fest steht, ob die Antragstellerin in dem Verfahren endgültig obsiegen wird.

Beschwerdewert: 10.000,00 EUR

Zoll

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1107179

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