Verfahrensgang
AG Köln (Aktenzeichen 378 Ill 248/21) |
Tenor
Die Beschwerde der Aufsichtsbehörde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 30. Dezember 2021 (Az. 378 Ill 248/21) wird zurückgewiesen.
Für das Beschwerdeverfahren werden Gerichtskosten nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Aufsichtsbehörde zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Antragsteller sind nigerianische Staatsangehörige, die beide ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Sie schlossen am 24. Mai 2021 per Videotelefonie die Ehe vor einer Behörde im Bundesstaat Utah in den Vereinigten Staaten von Amerika. Während der Eheschließung befanden sich beide Antragsteller in Deutschland und gaben ihre Erklärungen im Wege der zeitgleichen Übertragung in Bild und Ton gegenüber der Behörde in Utah ab. Sie erhielten anschließend eine amerikanische Eheurkunde mit Apostille. Ihr Antrag auf Anerkennung der Eheschließung in Deutschland wurde abgelehnt. Nunmehr möchten die Antragsteller die Ehe vor dem Standesamt A schließen.
Das Standesamt hat die Anmeldung der Eheschließung nicht entgegengenommen, sondern eine Zweifelsvorlage beim Amtsgericht Köln mit der Frage eingereicht, ob die Eheschließung in Utah einer erneuten Eheschließung entgegenstehe.
Mit Beschluss vom 30. Dezember 2021 hat das Amtsgericht das Standesamt angewiesen, die Anmeldung zur Eheschließung nicht mit der Begründung zurückzuweisen, dass die Antragsteller am 24. Mai 2021 per Videotelefonie die Ehe in B, Bundesstaat Utah, Vereinigte Staaten von Amerika, geschlossen haben. Zur Begründung hat es angeführt, die Wiederholung der Eheschließung sei zulässig, weil die Wirksamkeit der Heirat per Videotelefonie in Utah zweifelhaft sei. Weil sich die Antragsteller in Deutschland aufgehalten hätten, handele es sich um eine Heirat im Inland, sodass die Ehe vor einem deutschen Standesbeamten hätte geschlossen werden müssen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss des Amtsgerichts verwiesen.
Gegen diesen ihr am 14. Januar 2022 zugestellten Beschluss hat die Aufsichtsbehörde mit am 24. Januar 2022 beim Amtsgericht eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt, um eine obergerichtliche Entscheidung herbeizuführen.
Mit Beschluss vom 27. Januar 2022 hat das Amtsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat es angeführt, die Beschwerde sei schon unzulässig, weil die Standesamtsaufsicht die Rechtsauffassung des Amtsgerichts teile.
II. 1. Die nach §§ 58 Abs. 1 FamFG, 51 Abs. 1 PStG statthafte Beschwerde der Aufsichtsbehörde ist zulässig und insbesondere gemäß §§ 63, 64 FamFG, 51 Abs. 1 PStG form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Aufsichtsbehörde ist auch beschwerdeberechtigt. Nach dem Wortlaut des § 53 Abs. 2 PStG steht der Aufsichtsbehörde die Beschwerde "in jedem Fall" zu. Die Aufsichtsbehörde soll nach dem Willen des Gesetzgebers auch dann zur Beschwerde berechtigt sein, wenn die ergangene Entscheidung dem Antrag der Aufsichtsbehörde stattgegeben hat, damit sie über eine Handhabe verfügt, zu jedem Stand des Verfahrens in schwierigen Fällen eine klärende obergerichtliche Entscheidung herbeizuführen (BT-Drucks. 16/1831, S. 51).
2. In der Sache hat die Beschwerde der Aufsichtsbehörde jedoch keinen Erfolg.
Der Eheschließung der Antragsteller in Deutschland steht nicht die vorangegangene Heirat in den Vereinigten Staaten von Amerika entgegen. Die von den Antragstellern am 24. Mai 2021 von Deutschland aus im Wege der zeitgleichen Übertragung in Bild und Ton in B im amerikanischen Bundesstaat Utah geschlossene Ehe ist in Deutschland nicht wirksam.
a) Auf die Form der Eheschließung ist deutsches Sachrecht anwendbar. Eine Ehe kann gemäß Art. 13 Abs. 4 S. 1 EGBGB "im Inland" nur in der in Deutschland vorgeschriebenen Form geschlossen werden. Um eine (auch) "im Inland" geschlossene Ehe handelt es sich selbst dann, wenn nur die Verlobten ihre Erklärungen auf Eingehung der Ehe in Deutschland abgeben, während die Stelle, welche aufgrund der Erklärungen das Zustandekommen der Ehe feststellt, sich in einem anderen Staat befindet. Die Abgabe der Erklärungen auf Eingehung der Ehe ist für die Eheschließung derart wesentlich, dass die Eheschließung (auch) am Ort der Abgabe der Erklärungen stattfindet. Sinn und Zweck der einseitigen Kollisionsvorschrift des Art. 13 Abs. 4 S. 1 EGBGB erfordern eine solche Auslegung, damit die in Deutschland vorgeschriebene Form der Eheschließung nicht ohne Aufwand mithilfe einer Videotelefonie unterlaufen werden kann. Als Spezialregelung geht Art. 13 Abs. 4 S. 1 EGBGB im Rahmen seines Anwendungsbereichs der allgemeineren Kollisionsvorschrift des Art. 11 EGBGB vor. Um keine "im Inland" geschlossene Ehe handelt es sich dagegen, wenn die Verlobten sich zwar während der Eheschließung in Deutschland aufhalten, die Erklärungen auf Eingehung der Ehe allerdings von Stellvertrete...