Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsanwaltsgebühren bei Abschluss einer Einigung mit Mehrwert
Leitsatz (amtlich)
Regelt ein Prozessvergleich auch Ansprüche, die nicht rechtshängig sind, erhält der PKH-Anwalt auch insoweit eine Terminsgebühr. Sind die Voraussetzungen für das Entstehen einer Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 RVG-VV ebenso erfüllt wie die für eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 RVG-VV hinsichtlich der in § 48 Abs. 3 RVG genannten Folgesachen, so spricht allein schon der wirtschaftliche Zusammenhang und der bestehende Anwaltszwang dafür, dass die Beiordnung des Anwalts auch die in diesen Fällen angefallene Terminsgebühr umfasst.
Normenkette
RVG § 48 Abs. 3; RVG-VV Vorbem. 3 Abs. 3 3. Variante; RVG-VV Nr. 3104
Verfahrensgang
AG Köln (Aktenzeichen 322 F 156/06) |
Tenor
Die Sache wird an das AG - FamG - Köln zurückgegeben, weil eine Zuständigkeit des Senats nicht gegeben ist.
Gründe
1. Der Antragsgegnerin ist durch Beschluss vom 9.1.2007 für das Scheidungsverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der beschwerdeführenden Rechtsanwältin bewilligt worden. Durch den angefochtenen Beschluss ist auf ihren Antrag hin die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung festgesetzt worden. Dabei ist eine Terminsgebühr aus einem Gegenstandswert von 8.500 EUR (Scheidung und Versorgungsausgleich) in Ansatz gebracht worden, nicht jedoch - wie beantragt - aus einem Gegenstandswert von 10.500 EUR. Hintergrund dessen ist, dass im Termin der mündlichen Verhandlung vom 21.6.2007 die Prozessparteien eine Vereinbarung über den Ausschluss des Versorgungsausgleichs, den Zugewinn, nachehelichen Unterhalt sowie sämtliche sonst zwischen den Parteien bestehenden Ansprüche geschlossen haben. Die bewilligte Prozesskostenhilfe ist durch ausdrücklichen Beschluss auf den geschlossenen Scheidungsfolgenvergleich erstreckt worden. Die Absetzung des Mehrbetrages hat das AG (Urkundsbeamter der Geschäftsstelle) damit begründet, dass die Terminsgebühr für die nicht anhängigen Gegenstände von der Prozesskostenhilfebewilligung nicht umfasst sei; dabei hat sich das AG auf einen Beschluss des 21. Zivilsenats des OLG Köln vom 2.5.2005 - 21 WF 91/05 - bezogen.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des AG hat der rechtzeitig eingelegten Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache dem Senat vorgelegt.
2. Eine Zuständigkeit des Senats ist nicht gegeben.
Gemäß § 56 Abs. 1 RVG entscheidet über Erinnerungen des Rechtsanwalts gegen die Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung gem. § 55 RVG das Gericht des ersten Rechtszuges, bei dem die Festsetzung erfolgt ist. Hat - wie hier - der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle der Erinnerung nicht abgeholfen, muss er sie mit einem entsprechenden Vermerk dem zuständigen Richter des Gerichts des ersten Rechtszuges, hier also dem zuständigen Richter des AG Köln vorlegen, § 573 ZPO. Erst gegen dessen Entscheidung ist unter den Voraussetzungen der §§ 56 Abs. 2 S. 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 3 bis 8 RVG die Beschwerde gegeben.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
Ob die Voraussetzungen einer Terminsgebühr gem. Vorbem. 3 Abs. 3 RVG-VV auch hinsichtlich der mitverglichenen, nicht anhängigen Sachen vorliegen, wird das AG zu prüfen haben; dies dürfte im Hinblick auf die Variante 3 der Vorbem. 3 Abs. 3 RVG-VV zu bejahen sein. Sind sie erfüllt, dürfte ein entsprechender Vergütungsanspruch der Beschwerdeführerin ggü. der Staatskasse bestehen.
Gemäß §§ 45, 48 RVG bestimmt sich der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist. Dabei ist zu beachten, dass gem. § 624 Abs. 2 ZPO die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Scheidungssache sich auch auf die Folgesache Versorgungsausgleich erstreckt, soweit sie nicht ausdrücklich ausgenommen worden ist. Zwar ist von der Erstreckung der Prozesskostenhilfe die entsprechende Beiordnung zu unterscheiden. Da jedoch für das Verbundverfahren gem. § 78 Abs. 2 Nr. 1 ZPO Anwaltszwang besteht, beinhaltet die Erstreckung der Prozesskostenhilfe auch die entsprechende Beiordnung. Ferner erstreckt sich die Beiordnung in einer Ehesache gem. § 48 Abs. 3 RVG für die dort genannten Folgesachen, gleich ob sie anhängig sind oder nicht, grundsätzlich auch auf den Abschluss eines Vertrages i.S.d. Nr. 1000 des RVG-VV (Einigungsgebühr).
§ 48 Abs. 4 RVG stellt hinsichtlich anderer Angelegenheiten, die mit dem Hauptverfahren nur zusammenhängen, klar, dass der für das Hauptverfahren beigeordnete Rechtsanwalt nur dann eine Vergütung aus der Staatskasse erhält, wenn er ausdrücklich auch hierfür beigeordnet worden ist.
Sind die Voraussetzungen für das Entstehen einer Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 RVG-VV ebenso erfüllt wie die für eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 RVG-VV hinsichtlich der in § 48 Abs. 3 RVG genannten Folgesachen, so spricht allein schon der wirtschaftliche Zusammenhang und der bestehende Anwaltszwang dafür, dass die Beiordnung des Anwalts auch die...