Leitsatz (amtlich)
Die Verfahrensgebühr nach Nr. 3403 kann auch für Einzeltätigkeiten des beim BGH nicht postulationsfähigen zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Partei im Rahmen einer vom Prozessgegner betriebenen Nichtzulassungsbeschwerde anfallen und unter den Voraussetzungen des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO erstattungsfähig sein (Anschluss an BGH NJW 2006, 2266; NJW 2007, 1461; entgegen OLG Brandenburg MDR 2006, 1259). Das gilt insbesondere in Bezug auf die Beratung der Partei über die Erfolgsaussichten der Nichtzulassungsbeschwerde sowie hinsichtlich des Weiteren Vorgehens im Beschwerdeverfahren.
Normenkette
RVG § 19; ZPO §§ 78, 91 Abs. 1 S. 1; RVG-VV Nrn. 3506, 3403
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 3.018,79 EUR
Gründe
Die gem. § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG statthafte und auch ansonsten verfahrensrechtlich unbedenkliche, insbesondere fristgerecht (§ 569 Abs. 1 ZPO) eingelegte sofortige Beschwerde des Klägers ist nicht begründet. Aus im Wesentlichen zutreffenden Erwägungen, wie sie im Nichtabhilfebeschluss vom 10.6.2010 niedergelegt sind, hat die Rechtspflegerin mit der angefochtenen Entscheidung die von den Beklagten mit Schriftsatz vom 22.7.2009 angemeldeten Kosten für die Tätigkeit der erst- und zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Beklagten in dem vom Kläger vor dem BGH betriebenen Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde (VI ZR 26/09) festgesetzt. Das Rechtsmittel des Klägers, mit dem er die vollständige Ablehnung des Festsetzungsgesuchs erstrebt, gibt zu einer abweichenden Entscheidung keine Veranlassung.
Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist aufgrund der Tätigkeiten, die die erst- und zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Beklagten anlässlich des vom Kläger gegen das Urteil des OLG Köln vom 17.12.2008 - 5 U 194/06 - vor dem BGH betriebenen Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens entfaltet haben, die mit dem Kostenfestsetzungsgesuch vom 22.7.2009 geltend gemachte 0,8 fache Gebühr Nr. 3403 RVG-VV angefallen und auch erstattungsfähig.
Der erkennende Senat hat zu der hier betroffenen Rechtsfrage, inwiefern Tätigkeiten des beim BGH nicht postulationsfähigen zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten einer Partei im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde die für "sonstige Einzeltätigkeiten" anfallende Gebühr Nr. 3403 RVG-VV auslösen, anknüpfend an die Beschlüsse des BGH vom 4.5.2006 (NJW 2006, 2266) sowie vom 1.2.2007 (NJW 2007, 1461), bereits mit seinem - von der Rechtspflegerin zutreffend herangezogenen - Beschluss vom 5.3.2009 (17 W 22/09) u.a. Folgendes ausgeführt:
"Die hier in Rede stehende Rechtsfrage hat der BGH in zwei Beschlüssen ... bereits entschieden. Die ... älteren Entscheidungen sind dem gegenüber entweder überholt oder ohnehin nicht einschlägig.
Nach Ansicht des BGH, dem der Senat folgt, kommt eine 1,6 Verfahrensgebühr nach Nr. 3506 RVG-VV nur in Betracht, wenn der Rechtsanwalt beim BGH postulationsfähig ist (zweifelnd: N. Schneider in: N. Schneider/Wolf, RVG, 4. Aufl., Nr. 3506 - 3509 RVG-VV Rz. 8 ff.). Bedient sich der Mandant im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde seines zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten, dann kann dies eine 0,8 Verfahrensgebühr nach Nr. 3403 RVG-VV auslösen. Dem steht § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG nicht zwingend entgegen (BGH NJW 2006, 2266, 2267 f.). Wenn auch verschiedene Tätigkeiten des bisherigen Prozessbevollmächtigten als noch zum vorhergehenden Rechtszug gehörig angesehen werden und keine zusätzlichen Gebühren auszulösen geeignet sind, etwa die Empfangnahme von Rechtsmittelschriften und deren Weiterleitung, die Beauftragung eines Anwaltes für das Rechtsmittelverfahren, die Empfangnahme und Weiterleitung des Gesuchs des Rechtsmittelführers nach Fristverlängerung oder der Bitte, vorerst noch keine Prozessbevollmächtigten zu mandatieren (s. die Beispiele bei: Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt u.a., RVG, 18. Aufl., § 19 Rz. 95; Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl., § 19 RVG Rz. 30 ff.; Mock/N. Schneider/Wolf, in: N. Schneider/Wolf, § 19 Rz. 80 f.), so liegt der Fall dann anders, wenn der Anwalt den Mandanten auf dessen Auftrag hin über die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels berät (Müller-Rabe, a.a.O., Rz. 97 f.). Dies stellt eine ganz anders gelagerte Beratung dar als in den in § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG genannten Konstellationen. Denn in einem solchen Fall muss sich der Anwalt sachlich etwa mit der Nichtzulassungsbeschwerde des Prozessgegners befassen und den Mandanten beraten, ob er diese für aussichtsreich hält und es von daher geboten ist, einen beim BGH postulationsfähigen Rechtsanwalt zu mandatieren (BGH NJW 2006, 2266, 2267 f.; Müller-Rabe, a.a.O., Rz. 96, 99). Da durch das eingeleitete Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zwischen den Parteien ein (neues) Prozessrechtsverhältnis entsteht, ist der Prozessgegner befugt, einen Anwalt zu beauftragen und sich wegen des Weiteren Vorgehens beraten zu lassen, wofür diesem ...