Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Umfang des Vergütungsanspruchs eines „als Rechtsanwalt” im Betreuungsverfahren bestellten anwaltlichen Verfahrenspflegers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Rechtsanwalt, der entspr. den Grundsätzen des Beschlusses des BVerfG (BVerfG v. 7.6.2000 – 1 BvR 23/00 u. 1 BvR 111/00, FamRZ 2000, 1280 = NJW-FER 2000, 282) im Betreuungsverfahren „als Rechtsanwalt” zum Verfahrenspfleger des Betroffenen bestellt wird, kann zwar Vergütungsansprüche nach der BRAGO ggü. der Staatskasse geltend machen, aber im Falle der Mittellosigkeit des Betroffenen nur diejenigen eines im Prozesskostenhilfeverfahrens beigeordneten Rechtsanwalts gem. den §§ 121 ff. BRAGO.

2. Auch dann, wenn die Gebühr eines Rechtsanwalts der Tabelle zu § 123 BRAGO zu entnehmen ist, verbleibt es im Falle eines Gebührensatzrahmens – etwa nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BRAGO – bei dem jeweiligen Rahmen. Bei einer Verfahrenspflegschaft im durchschnittlichen Bereich und der Teilnahme des Rechtsanwalts an einer Anhörung des Betroffenen entstehen daher zwei 7,5/10 Mittelgebühren, und zwar auf der Grundlage des Regelwertes von 4.000 Euro des § 8 Abs. 2 S. 2 BRAGO.

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 25.06.2003; Aktenzeichen 1 T 212/02)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3) gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des LG Köln vom 25.6.2003 – 1 T 212/03 – wird zurückgewiesen.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 71,34 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 3) wurde im Rahmen der von dem VormG zu treffenden Entscheidung über eine Verlängerung der Bestellung eines Betreuers für den Betroffenen im Rahmen seiner anwaltlichen Tätigkeit zum Verfahrenspfleger bestellt Er hat an einem Anhörungstermin vom 28.2.2002 teilgenommen, der Verlängerung zugestimmt und unter dem 29.8.2002 seine Kostenrechnung eingereicht, mit der er nach einem Gegenstandswert von 4.000 Euro jeweils eine 7,5/10 Geschäfts- und Besprechungsgebühr nach § 118 Abs. 1 und Abs. 2 BRAGO zzgl. Pauschale nach § 26 BRAGO und Mehrwertsteuer, insgesamt 449,50 Euro geltend machte.

Mit Beschluss vom 22.5.2003 setzte die Rechtspflegerin des VormG lediglich 378,16 Euro fest. Sie brachte zwar ebenfalls Mittelgebühren von 7,5/10 in Ansatz, hielt aber nur die Gebührenhöhe des § 123 BRAGO für gerechtfertigt, da der Betroffene mittellos sei. Die zugelassene sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 3) blieb ohne Erfolg. Mit der ebenfalls zugelassenen sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt der Beteiligte zu 3) sein Begehren auf antragsgemäße Festsetzung weiter und stützt dieses hilfsweise darauf, dass im Rahmen des § 123 BRAGO eine Reduzierung der dort vorgesehenen Gebühren nicht möglich sei.

II. Die gem. § 56 Abs. 5 S. 2 FGG statthafte und auch i.Ü. zulässige sofortige weitere Beschwerde ist nicht begründet. Dem Beteiligten zu 3) stehen nur die vom VormG festgesetzten 378,16 Euro zu.

1. Der Beteiligte zu 3) hat ein Wahlrecht, ob er für die Tätigkeit als Verfahrenspfleger der Höhe nach auf 30 Euro pro Stunde begrenzte Vergütungsansprüche gem. §§ 67 Abs. 3 FGG 1908i, 1836 BGB i.V.m. § 1BVormVG oder im Rahmen eines Aufwendungsersatzanspruchs gem. § 1 Abs. 2 BRAGO i.V.m. § 1835 Abs. 3 BGB Gebühren und Auslagen nach dem Vergütungssystem der BRAGO liquidiert. Die Anwendung des § 1835 Abs. 3 BGB und damit auch der BRAGO ist zwar in § 67 Abs. 3 S. 1 FGG – anders als beim Betreuer – ausgeschlossen. Jedoch ist diese Norm verfassungskonform dahin auszulegen, dass der Ausschluss dann nicht gilt, wenn typisch anwaltliche Dienste zu leisten sind und daher auch ein nicht anwaltlicher Verfahrenspfleger anwaltlichen Beistand in Anspruch genommen hätte (BVerfG v. 7.6.2000 – 1 BvR 23/00 u. 1 BvR 111/00, FamRZ 2000, 1280). Eine derartige Situation liegt hier vor, nachdem das VormG bei der Bestellung des Antragstellers festgestellt hat, dass die Bestellung zum Verfahrenspfleger in Ausübung der beruflichen Tätigkeit des Beteiligten zu 3) als Rechtsanwalt erfolgte (OLG Köln v. 11.5.2001 – 16 Wx 77/01, OLGReport Köln 2001, 391 = FamRZ 2001, 1643).

2. Rechtlich zutreffend haben das VormG und ihm folgend das LG unter Bezugnahme auf Rspr. des Senats zur Vergütung anwaltlicher Tätigkeit eines zum Betreuer bestellten Rechtsanwalts wegen des Umfangs der dem Beteiligten zu 3) nach der BRAGO ggü. der Staatskasse zustehenden Vergütungsansprüche die Vorschriften für einen im Prozesskostenhilfeverfahren beigeordneten Rechtsanwalt angewandt, also die §§ 121 ff. BRAGO.

Für einen Betreuer, der anwaltspezifische Tätigkeiten entfaltet, gilt der Grundsatz, dass er die gleiche Vergütung erhalten soll, die ein herangezogener Dritter als Rechtsanwalt für seine Dienste bekommen würde. Der Betreute bzw. im Falle seiner Mittellosigkeit die Staatskasse soll weder einen Vorteil noch einen Nachteil daraus ziehen, dass die kostenrelevante Heranziehung eines Rechtsanwalts wegen der besonderen Qualifikation des Betreuers unterbleiben konnte. Das Betreuungsverhältnis rechtfertigt es nicht, dem Rechtsanwalt...

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