Entscheidungsstichwort (Thema)
Freiwillige Gerichtsbarkeit; Umdeutung einer Gehörsrüge in eine Beschwerde
Leitsatz (amtlich)
1. Vor der Umdeutung eines Rechtsbehelfs in ein an ein anderes Gericht zu richtendes Rechtsmittel und seiner Vorlage an jenes andere Gericht ist der Rechtsbehelfsführer grundsätzlich von dem angerufenen Gericht anzuhören.
2. Im Verfahren nach § 335 Abs. 4 und 5 HGB kommt eine Umdeutung einer beim LG erhobenen Anhörungsrüge in eine Rechtsbeschwerde zum OLG nicht in Betracht, weil eine solche Rechtsbeschwerde nicht statthaft ist. Dies gilt auch dann, wenn durch den angegriffenen Beschluss des LG ein Wiedereinsetzungsgesuch abgelehnt worden ist.
Normenkette
HGB § 335 Abs. 4-5; FGG § 22 Abs. 2, §§ 27, 29a Abs. 1
Verfahrensgang
LG Bonn (Aktenzeichen 39 O 472/08) |
Tenor
Die Sache wird an das LG Bonn, Kammer für Handelssachen, zur Bearbeitung der Eingabe vom 23.3.2009 in eigener Zuständigkeit zurückgegeben.
Gründe
Durch Beschluss vom 5.3.2009 hat das LG Bonn im Verfahren gem. § 335 HGB die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 17.10.2008 als unzulässig verworfen und ihren Antrag auf Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist abgelehnt. Mit einer offenbar gleichlautend für mehrere Verfahren vor dem LG Bonn eingereichten, dort am 9.3.2009 eingegangenen, unter dem Rubrum "U. Verwaltungs GmbH u.a. gegen Bundesamt für K." verfassten Eingabe vom 4.3.2009 sind namens der Beschwerdeführerin weitere Ausführungen zur Sache gemacht worden. Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 23.3.2009, der am selben Tage bei dem LG eingegangen ist, hat die Beschwerdeführerin gegen den Beschluss vom 5.3.2009 "Gehörsrüge gem. § 29a FGG" erhoben und diese Rüge näher begründet.
Daraufhin hat der Richter des LG am 26.3.2009 einen Aktenvermerk gefertigt und den Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin und dem Bundesamt für K. zur Kenntnis bringen lassen sowie die Akten der Beschwerdesache dem OLG Köln unter Bezugnahme auf den genannten Vermerk vorgelegt. Dieser Vermerk hat folgenden Wortlaut:
"Gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 1 FGG ist einer Entscheidung über die Anhörungsrüge eine solche über die in der Eingabe vom 23.3.2009 enthaltene sofortige weitere Beschwerde gegen die Versagung der Wiedereinsetzung gem. §§ 22 Abs. 2 S. 3 FGG, 335 Abs. 4 HGB vorrangig."
Die Vorlage ist unzulässig. Die Sache muss deshalb an die Kammer für Handelssachen des LG Bonn zur Bearbeitung der Eingabe vom 23.3.2009 in eigener Zuständigkeit zurückgegeben werden. Mit ihrer Eingabe vom 23.3.2009 hat die Beschwerdeführerin keine weitere Beschwerde zum OLG erhoben.
Der mit jener Eingabe eingelegte Rechtsbehelf wird darin ausdrücklich als "Gehörsrüge gem. § 29a FGG" bezeichnet. Die Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin haben diese in deren Namen erhobene Rüge in ihrem Schriftsatz vom 23.3.2009 auch ausführlich begründet. Regelmäßig kann davon ausgegangen werden, dass ein Rechtsanwalt, der ausdrücklich einen bestimmten Rechtsbehelf einlegt und diesen Rechtsbehelf begründet, dies mit Bedacht tut. Deshalb werden eine Umdeutung in einen anderen, nicht von dem angerufenen Gericht zu bescheidenden Rechtsbehelf und dessen Vorlage an jenes andere Gericht zur Bearbeitung ohne vorherige Anhörung des Rechtsbehelfsführers nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen. Hier hat der Richter des LG vor der Vorlage der Sache an das OLG nicht bei den Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin nachgefragt, ob entgegen dem Wortlaut ihrer Rechtsbehelfsschrift vom 23.3.2009 nicht eine Gehörsrüge, sondern eine weitere Beschwerde beabsichtigt sei.
Jedenfalls kommt aber eine Umdeutung der Gehörsrüge in eine weitere Beschwerde zum OLG hier deshalb nicht in Betracht, weil der Rechtsbehelf vom 23.3.2009 als weitere Beschwerde nicht zulässig wäre. Eine Umdeutung eines Rechtsbehelfs in ein anderes Rechtsmittel in entsprechender Anwendung von § 140 BGB setzt indes voraus, dass dieses andere Rechtsmittel zulässig und insbesondere überhaupt statthaft ist (vgl. BGH NJW 2002, 1958). Dies ist hier nicht der Fall, denn auch gegen die Ablehnung eines Wiedereinsetzungsgesuchs im Verfahren nach § 335 Abs. 4 und 5 HGB ist die weitere Beschwerde zum OLG gem. § 335 Abs. 5 Satz 4 HGB nicht gegeben. Die zuletzt genannte Bestimmung schließt die weitere Beschwerde gegen alle Entscheidungen der Kammer für Handelssachen im Verfahren nach § 335 Abs. 4 und 5 HGB aus und normiert somit eine Ausnahme nicht nur von der allgemeinen Bestimmung des § 27 Abs. 1 FGG betreffend die weitere Beschwerde in der Hauptsache, sondern auch von der Regelung des § 22 Abs. 2 Satz 3 FGG, welche sonst im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit die sofortige weitere Beschwerde gegen eine Entscheidung vorsieht, durch welche das Beschwerdegericht ein Wiedereinsetzungsgesuch zurückweist (vgl. Senat, Beschl. v. 23.3.2009 - 2 Wx 30/09, zur Veröffentlichung in NRWE vorgesehen). Dass gegen eine solche Zurückweisung im Verfahren nach § 335 Abs. 4 und 5 HGB so...