Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsscheinhaftung bei nichtiger Vollmacht des Geschäftsbesorgers
Leitsatz (amtlich)
1. Die Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages (mit Vollmacht) wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG führt nicht unmittelbar zur Nichtigkeit des vom Bevollmächtigten abgeschlossenen Kreditvertrages.
2. Die Vorlage einer notariell beurkundeten Vollmacht (in Ausfertigung) begründet einen maßgeblichen Anknüpfungspunkt für die Rechtsscheinhaftung des Vollmachtgebers ggü. der den Eigenkapitalanteil für den Immobilienerwerb finanzierenden Bank.
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 11.12.2003; Aktenzeichen 29 O 218/03) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 11.12.2003 verkündete Urteil der 29. Zivilkammer des LG Köln - 29 O 218/03 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat auch die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung eines Kreditvertrages über eine Eigenkapitalfinanzierung i.H.v. 16.832,70 DM, den die D. Steuerberatungsgesellschaft mbH (nachfolgend nur noch: D.) aufgrund ihr am 9.7.1994 erteilter notarieller Vollmacht des Klägers am 27.6.1995 mit der Beklagten abgeschlossen hat und dessen Nichtigkeit der Kläger wegen Verstoßes der Vollmacht gegen Art. 1 § 1 RBerG geltend macht. Mit Urteil vom 11.12.2003, auf das wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes, der gestellten Anträge und der rechtlichen Würdigung durch die Zivilkammer Bezug genommen wird, hat das LG die Klage bis auf einen geringen Teilbetrag (14,57 Euro = 28,50 DM Kontoführungsgebühren) abgewiesen. Mit der Berufung verfolgt der Kläger den geltend gemachten Bereicherungsanspruch i.H.v. 8.591,85 Euro nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz der deutschen Bundesbank seit dem 21.6.2003 weiter.
II. Die Berufung erweist sich als unbegründet. Der von der D. für den Kläger abgeschlossene Kreditvertrag vom 27.6.1995 ist unabhängig von einer Unwirksamkeit der notariellen Vollmacht vom 9.7.1994 der Beklagten ggü. gem. §§ 171, 172 BGB als gültig zu behandeln, weil der Beklagten vor und bei Abschluss des Darlehensvertrages eine Ausfertigung der notariellen Urkunde vom 9.7.1994 vorlag.
1. Es entspricht ständiger Rechtsprechung sowohl des XI. als auch des IV. Zivilsenats des BGH, dass die §§ 171, 172 BGB auch bei einem Verstoß des Bevollmächtigten gegen Art. 1 § 1 RBerG anwendbar sind (BGH, Urt. v. 22.10.2003 - IV ZR 33/03, BGHReport 2004, 108 = MDR 2004, 222 = WM 2003, 2375; Urt. v. 10.3.2004 - IV ZR 143/03, WM 2004, 922; Urt. v. 18.9.2001 - XI ZR 321/00, BGHReport 2002, 27 = NJW 2001, 3774; Urt. v. 25.3.2003 - XI ZR 227/02, MDR 2003, 797 = BGHReport 2003, 709 = NJW 2003, 2091; Urt. v. 20.4.2004 - XI ZR 164/03, WM 2004, 1227). Diese Rechtsprechung, der sich auch der erkennende Senat angeschlossen hat (z.B. OLG Köln, Urt. v. 3.3.2004 - 13 U 18/03; v. 16.6.2004 - 13 U 208/03), räumt dem Schutz des Vertragsgegners und des Rechtsverkehrs, den die allgemeine Rechtsscheinhaftung bezweckt, grundsätzlich Vorrang vor den Interessen des Vertretenen ein, der durch die Erteilung einer - unerkannt - nichtigen notariellen Vollmacht die Ursache für einen Rechtsschein gesetzt hat. Das Verbot unerlaubter Rechtsberatung richtet sich nicht gegen den Vertragspartner des vertretenen Rechtsuchenden, sondern gegen den Vertreter. Es soll den Rechtsuchenden vor sachunkundigen unbefugten Rechtsberatern schützen, betrifft also das Verhältnis zwischen dem Vertreter und dem Vertretenen. Dem Vertragspartner gleichwohl den Schutz der §§ 171 ff. BGB zu versagen, besteht um so weniger Anlass, als der Vertretene sich ggf. an seinen unbefugten Rechtsberater halten kann (BGH, Urt. v. 25.3.2003 - XI ZR 227/02, MDR 2003, 797 = BGHReport 2003, 709 = NJW 2003, 2091).
2. Auch im Rahmen des § 173 BGB dürfen die Anforderungen an die dem Vertragsgegner im eigenen Interesse obliegende Prüfung der Vollmacht nicht überspannt werden (BGH, Urt. v. 8.11.1984 - III ZR 132/83, MDR 1985, 298 = NJW 1985, 730; Urt. v. 2.5.2000 - XI ZR 108/99, MDR 2000, 1123 = NJW 2000, 2270; Urt. v. 18.9.2001 - XI ZR 321/00, BGHReport 2002, 27 = NJW 2001, 3774; Urt. v. 14.5.2002 - XI ZR 155/01, BGHReport 2002, 639 = MDR 2002, 1133 = NJW 2002, 2325; Urt. v. 22.10.2003 - IV ZR 33/03, BGHReport 2004, 108 = MDR 2004, 222 = NJW 2004, 62). Vielmehr soll sich der Vertragsgegner vor der Unwirksamkeit einer Vollmacht grundsätzlich ohne weitere Prüfung dadurch schützen können, dass er sich eine notarielle Ausfertigung der Vollmachtsurkunde vorlegen lässt. Dabei kommt es nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht auf die Kenntnis oder das Kennenmüssen der den Mangel der Vertretungsmacht begründenden Umstände, sondern auf die Kenntnis oder das Kennenmüssen des Mangels der Vertretungsmacht selbst an. Damit erweist sich die Ansicht der Berufung, die Beklagte sei im Hinblick auf den Inhalt der Vollmachtsurkunde nicht schutzwürdig, als ebenso verfehlt wie die Annahme, die Beklagte k...