Verfahrensgang

LG Köln (Entscheidung vom 28.09.2011; Aktenzeichen 28 O 325/11)

 

Tenor

Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das am 28.09.2011 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 28 O 325/11 - abgeändert und die einstweilige Verfügung in der Fassung dieses Urteils aufgehoben sowie der Antrag der Verfügungsklägerin auf ihren Erlass zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Verfügungsklägerin.

 

Gründe

I.

Die Verfügungsklägerin, die auf der Internethandelsplattform ebay.de unter der Bezeichnung “G.„ als gewerbliche Verkäuferin einen Onlineshop betreibt, hat die Verfügungsbeklagte auf Unterlassung der Aufstellung und Verbreitung der in der Antragsschrift vom 29.04.2011 im Einzelnen wiedergegebenen Äußerungen in ihrem Ebay-Bewertungsprofil in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung mit Beschluss vom 11.05.2011 antragsgemäß erlassen. Daraufhin hat die Verfügungsklägerin eine vollständige Löschung der beanstandeten Bewertungskommentare bei der Betreiberin der Handelsplattform ebay.de bewirkt. Auf den Widerspruch der Verfügungsbeklagten hat das Landgericht in dem angefochtenen Urteil vom 28.09.2011 die einstweilige Verfügung hinsichtlich einer Äußerung aufgehoben und sie im Übrigen unter Neufassung des Tenors im Wesentlichen bestätigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes, der verhandelten Anträge und der Begründung der Entscheidung wird auf das im Tenor bezeichnete angefochtene Urteil Bezug genommen.

Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten sowie begründeten Berufung verfolgt die Verfügungsbeklagte ihr erstinstanzliches Klagebegehren auf Zurückweisung des Antrages auf Erlass der einstweiligen Verfügung weiter. Ihrer Auffassung nach fehlt es bereits an einem Verfügungsgrund, der die durch die erlassene Leistungsverfügung herbeigeführte Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertige. Ein dringendes Bedürfnis für die sofortige Erfüllung des Anspruchs habe nicht bestanden. Die Dringlichkeit entfalle insbesondere angesichts des konkreten Bewertungssystems der Internethandelsplattform ebay.de, das die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Betreiberin regelten. Durch die darin vorgesehene Möglichkeit, einen Gegenkommentar zur Käuferbewertung abzugeben, erhalte der Verkäufer die Gelegenheit, seine Rechte wahrzunehmen und drohende gravierende Nachteile bis zum Erlass einer Hauptsacheentscheidung zu verhindern. Sie, die Verfügungsbeklagte, sei hingegen rechtlos gestellt, da eine Wiedereinstellung der gelöschten Bewertungen - unstreitig - nicht vorgesehen sei. Darüber hinaus fehle es an einem Verfügungsanspruch. Bei den von ihr abgegebenen Bewertungskommentaren handle es sich überwiegend um zulässige Meinungsäußerungen. Die mitgeteilten Tatsachen seien, so ihre Behauptung, zutreffend.

Die Verfügungsklägerin verteidigt das angefochtene Urteil als rechtsfehlerfrei. Ihr einen Verfügungsanspruch zu versagen, sei eine Verkennung der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG. Ein hinreichender Rechtsschutz sei insbesondere nicht durch die ihr nach den Nutzungsbedingungen eingeräumte Möglichkeit eines Gegenkommentars gewährleistet, zumal - unstreitig - nicht vorgesehen sei, auf den dann möglichen Gegenkommentar des Bewertenden nochmals zu erwidern. Eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache durch die zwischenzeitliche Löschung der Bewertungen liege nicht vor, jedenfalls könne sich die Verfügungsbeklagte hierauf nicht berufen, da sie sich dem Ebay-Bewertungssystem unterworfen habe, wonach ein Eintrag bei Vorlage einer gerichtlichen Entscheidung gelöscht werde. Zutreffend habe das Landgericht auch einen Verfügungsanspruch bejaht.

Von der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 313 a Abs. 1 Satz 1, 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung der Verfügungsbeklagten ist begründet. Die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung gemäß §§ 935 ff, 916 ff. ZPO liegen nicht vor. Es fehlt an dem nach §§ 935, 940 ZPO erforderlichen Verfügungsgrund. Ob ein Verfügungsanspruch besteht, bedarf demnach keiner Entscheidung.

Ein Verfügungsgrund gemäß §§ 935, 940 ZPO besteht in der objektiv begründeten Besorgnis, durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes werde die Verwirklichung des Rechts des Gläubigers vereitelt oder wesentlich erschwert, so dass er aufgrund einer besonderen Dringlichkeit bis zur Entscheidung in der Hauptsache einer einstweiligen Sicherung seines Anspruchs bedarf (Zöller, ZPO, Vollkommer, ZPO, 29. Auflage, 2012, § 935 Rn 10 m. w. N.).

Die Verfügungsklägerin bedarf danach schon deshalb keines vorläufigen Rechtsschutzes durch eine einstweilige Verfügung, weil sie ihre Rechte gegenüber den Bewertungskommentaren der Verfügungsbeklagten einstweilen selbst gewahrt hat.

Wie aus dem im erstinstanzlichen Urteil in Bezug genommenen Screenshot ihres Bewertungsprofiles vom 05.05.2011 zu entnehmen und zwischen den Parteien auch unstreitig ist, hat sie auf die Bewertungen der Verfügungsbeklagten r...

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