Entscheidungsstichwort (Thema)
Werbung für nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel mit Gewinnspiel
Leitsatz (amtlich)
1. Die Werbung für ein nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel gegen Sodbrennen in einer Fachzeitschrift für Pharmazeutisch-technische Assistentinnen mit einem Gewinnspiel, bei dem Preise im Wert von 21,91 bzw. 5,99 EUR ausgelobt werden, verstößt gegen § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG.
2. Die angegriffene Maßnahme ist geeignet, eine zumindest mittelbare Gesundheitsgefährdung zu bewirken, da die durch das Gewinnspiel beeinflusste PTA das beworbene Mittel einem Kunden empfehlen könnte, obwohl im Zweifelsfall die Konsultation eines Arztes angezeigt sein könnte.
Die Rechtsmittelfrist ist noch nicht abgelaufen.
Normenkette
UWG § 4 Nr. 11; HWG § 7 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 22.04.2010; Aktenzeichen 31 O 728/09) |
Tenor
1.) Die Berufung der Beklagten gegen das am 22.4.2010 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des LG Köln - 31 O 728/09 - wird zurückgewiesen.
2.) Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann jedoch die Vollstreckung des Unterlassungsausspruchs durch Sicherheitsleistung i.H.v. 25.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Vollstreckung der Kostenentscheidung kann die Beklagte durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4.) Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beklagte stellt u.a. das nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel "B" her, das der Bekämpfung von Sodbrennen dient. Sie bewarb dieses in der Zeitschrift "PTA heute - Zeitschrift der DAZ für die Pharmazeutisch-technische Assistentin" mit einer ganzseitigen Anzeige, die ein Gewinnspiel enthielt. Um an diesem Gewinnspiel teilzunehmen, waren drei Fragen zu beantworten; die Lösungen ergaben sich jeweils aus dem weiteren Text der Anzeige. Als Preise waren drei MP3-Player (Wert: jeweils 21,91 EUR) und sieben USB-Flashlaufwerke (Wert: jeweils 5,99 EUR) ausgelobt.
Der klagende Wettbewerbsverband sieht in der Werbung mit dem Gewinnspiel einen Verstoß gegen § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG. Das LG hat die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung der Werbung mit der Ankündigung eines Gewinnspiels in der konkreten Verletzungsform verurteilt. Mit der Berufung, mit der die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt, macht sie insbesondere geltend, das LG habe die Tragweite von Art. 12 GG verkannt. Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.
Im Übrigen wird wegen des Sachverhalts gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
II. Die Berufung hat keinen Erfolg.
1. § 7 Abs. 1 HWG ist eine Markverhaltensvorschrift i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG (Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Aufl., § 4 Rz. 11.135). Die Beklagte zieht zu Recht nicht in Zweifel, dass die angegriffene Werbung produktbezogen ist. Die Anwendung des § 7 Abs. 1 HWG scheitert auch nicht daran, dass Gewinnspiele in § 11 Nr. 13 HWG einer gesonderten Regelung für die Werbung außerhalb der Fachkreise unterworfen sind. Die überzeugenden Ausführungen des LG zu dieser Frage hat die Berufung nicht angegriffen, so dass hierauf Bezug genommen werden kann.
2. Die ausgelobten Preise sind Werbegaben i.S.d. § 7 Abs. 1 HWG. Den Preisen steht keine gleichwertige Gegenleistung der Teilnehmer an dem Gewinnspiel gegenüber. Dabei kann es dahinstehen, ob dem Schutzzweck des § 7 Abs. 1 HWG entsprechend auf den Aufwand der Empfänger der Werbegaben abzustellen ist oder auf den Nutzen, den der Werbende aus den Antworten der Teilnehmer ziehen kann.
Der Aufwand für die Empfänger ist gering. Von ihnen wird lediglich verlangt, den ungefähr die Hälfte einer Spalte füllenden Werbetext zu lesen und diesem die abgefragten zentralen Werbeaussagen zu entnehmen. Das kann allenfalls wenige Minuten in Anspruch nehmen. Dieser Aufwand wird durch die ausgelobten Preise überkompensiert.
Auch wenn man auf den Wert der von der Beklagten durch das Preisausschreiben gewonnenen Marktinformationen abstellt, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Denn der finanzielle Aufwand für die Beklagte ist zwar gering, nützliche Informationen kann die Beklagte aus den einzusendenden Antworten aber nicht ziehen, denn die Beantwortung der Fragen erfordert kein vertieftes Textverständnis, sondern setzt eine Lesefähigkeit voraus, die bei pharmazeutisch-technischen Assistentinnen (PTA) generell vorhanden sein wird. Aus Anzahl und Anteil der korrekten Antworten lassen sich daher keine Schlüsse ziehen. Welchen Wert die Information, wie viele Personen an dem Gewinnspiel teilgenommen haben, für die Beklagte haben soll, ist ebenso nicht ersichtlich. Der Nutzen des Gewinnspiels für die Beklagte liegt daher allein darin, die PTAs dazu zu veranlassen, die Werbebotschaften der Beklagten zur Kenntnis zu nehme...