Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 17 O 438/20)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 30. März 2021 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 17 O 438/20 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.118,19 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.12.2020 sowie weitere 1.985,78 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.1.2021 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Kosten in Höhe von 934,03 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.12.2020 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die gegen sie gerichtete Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger erwarb am 6.3.2013 in dem Autohaus A GmbH und Co. KG in B, einer Vertragshändlerin der Beklagten, einen VW Tiguan 2.0 l mit der Fahrgestellnummer C zu einem Kaufpreis von 33.815,00 EUR. Den Kaufpreis finanzierte der Kläger durch die Volkswagen Bank, wodurch ihm Kosten in Höhe von 1.985,78 EUR entstanden sind. Bei Übergabe des Fahrzeugs betrug der Kilometerstand 0 km. Die Beklagte ist die Herstellerin des Fahrzeugs sowie des eingebauten Dieselmotors des Typs EA189 EU5, bei dem die Motorsoftware so konfiguriert ist, dass im Prüfbetrieb auf dem Rollenprüfstand (NEFZ) die Stickoxidemissionswerte (NOx) optimiert werden, wohingegen im realen Fahrbetrieb die Abgaswerte für Stickoxid höher liegen. Diese Abschaltvorrichtung war im Herbst 2015 in der allgemeinen Medienberichterstattung allgegenwärtig. Am 22.9.2015 veröffentlichte die Beklagte eine Ad-hoc-Mitteilung mit allgemeinen Informationen zu von der Abschaltvorrichtung betroffenen Motoren. Im Februar 2016 erhielten die betroffenen Halter - so auch der Kläger - ein Schreiben von der Beklagten mit Information über das zur Beseitigung dieser Abschaltvorrichtung entwickelte Software-Update.

Am 17.2.2017 veräußerte der Kläger das Fahrzeug zu einem Kaufpreis von 16.900,00 EUR bei einer Laufleistung von 60.300 km.

Bereits mit Erklärung vom 24.7.2016 trat der Kläger etwaige Ansprüche gegen die Beklagte an die financialright GmbH ab. Diese ist eine im Rechtsdienstleistungsregister eingetragene Inkassodienstleisterin. Sie tritt im Rechtsverkehr unter der Marke "E" auf und bietet nach erfolgter Abtretung die (gerichtliche) Geltendmachung von Ersatzansprüchen, die durch den Abgasskandal entstanden sind, an. In diesem Zusammenhang führt die D GmbH mehrere Sammelklagen gegen die Beklagte. Das Geschäftsmodell der D GmbH beruht auf der Zahlung einer Erfolgsprovision von 35% (inklusive Umsatzsteuer) des jeweils durchgesetzten Zahlungsbetrags. Im Unterliegensfall sollen den Auftraggebern keine Kosten entstehen. Dies wird durch die Prozessfinanzierung der F (im Folgenden: Prozessfinanziererin) in Höhe von 30 Mio. Euro für die erste Instanz gewährleistet. Im Gegenzug soll die Prozessfinanziererin ihrerseits über ein Erfolgshonorar am Klageerfolg partizipieren. Vor etwaigen Vergleichsabschlüssen, zu deren Abschluss die D GmbH von den Auftraggebern berechtigt wird (6.1 AGB, Bl. 375 d. A.), ist sie vertraglich verpflichtet, sich mit der Prozessfinanziererin zu beraten. Die vertragliche Regelung mit den Auftraggebern zu Vergleichsabschlüssen lautet im Einzelnen: "Wir sind zum Abschluss eines widerrufbaren Vergleichs mit einer Widerrufsfrist von zwei Wochen in Bezug auf die Entschädigungsansprüche berechtigt, wenn die Vergleichssumme nach gewissenhafter Beurteilung eines sorgfältig handelnden Kaufmanns als ausreichend erscheint. Wir werden Sie unverzüglich über den Abschluss eines Vergleichs benachrichtigen. Sie können dann den Vergleichsabschluss frei widerrufen; in dem Fall sind wir zur Kündigung dieses Vertrags berechtigt. Soweit Sie den Vergleich widerrufen, schulden Sie uns die Vergütung, die bei Bestand des Vergleichs angefallen wäre". Wegen des genauen Inhalts der AGB im Übrigen wird auf Bl. 372 ff. d. A. verwiesen.

Ursprünglich machte die D GmbH die Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht mit Klageerhebung vom 11.12.2018 vor dem Landgericht Braunschweig (Az. 3 O 5657/18 *903*) geltend. Hinsichtlich der klägerischen Ansprüche nahm die D GmbH die Klage zurück und erklärte am 23.10.2020 die Rückabtretung. Mit anwaltlichem Schreiben vom 25.11.2020 forderte der Kläger die Beklagte auf, einen Betrag in Höhe von 12.732,82 EUR bis zum 2.12.2020 zu zahlen. Die Frist verstrich fruchtlos.

Der Kläger hat behauptet, dass er das Fahrzeug nicht erworben hätte, wenn er von der Abschaltvorrichtung gewusst hätte. Ferner habe er weder durch die Ad-hoc-Mitteilung der Beklagten im ...

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