Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtskraft im Verfahren einer einstweiligen Verfügung; Sicherheitsleistung wegen Prozesskosten im Eilverfahren
Leitsatz (amtlich)
§ 110 Abs. 1 ZPO findet in Arrest- und einstweiligen Verfügungsverfahren keine Anwendung (a.A. OLG Köln v. 13.2.1986 - 12 U 179/85, NJW 1987, 76; v. 8.2.1994 - 4 U 9/93, ZIP 1994, 326).
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 25.06.2004; Aktenzeichen 81 O 64/04) |
Tenor
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Zwischenurteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Köln v. 25.6.2004 - 81 O 64/04 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten dieses Berufungsverfahrens trägt die Antragsgegnerin.
Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig.
Gründe
I. Die Antragstellerin, ein US-amerikanisches Unternehmen mit Sitz in St. Louis, nimmt die in Deutschland ansässige Antragsgegnerin im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf Unterlassung werblicher Aussagen in Anspruch. Gegen die antragsgemäß durch Beschluss des LG v. 2.4.2004 erlassene einstweilige Verfügung hat die Antragsgegnerin Widerspruch eingelegt und Antrag nach § 110 Abs. 1 ZPO auf Sicherheitsleistung wegen der Prozesskosten gestellt. Durch Zwischenurteil v. 25.6.2004 hat die Kammer diesen Antrag zurückgewiesen. Hiergegen wendet die Antragsgegnerin sich mit ihrer Berufung, wobei sie ihre Auffassung wiederholt und vertieft, dass § 110 ZPO auch im Verfügungsverfahren anzuwenden sei.
II. Die Berufung ist insgesamt zulässig. Insbesondere ist das Zwischenurteil der Kammer wie ein Endurteil selbständig durch Berufung anfechtbar, § 280 Abs. 2 ZPO, weil es sich bei der Verwerfung der Einrede der mangelnden Prozesskostensicherheit nach § 110 ZPO um eine Entscheidung über die Zulässigkeit der Klage handelt (BGH v. 25.11.1987 - IVa ZR 135/86, MDR 1988, 298 = NJW 1988, 1733; OLG Frankfurt v. 14.11.2000 - 11 U 33/00, OLGReport Frankfurt 2001, 51 f.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 303 ZPO Rz. 5).
In der Sache führt sie hingegen nicht zum Erfolg. Der Senat teilt die Auffassung des LG, dass § 110 ZPO in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes weder unmittelbar noch analog anzuwenden ist.
1. Die Frage, ob § 110 Abs. 1 ZPO in Arrest- und einstweiligen Verfügungsverfahren grundsätzlich keine Anwendung zu finden hat (LG Berlin MDR 1957, 552 f) oder nur in dem Fall, dass nach Widerspruch mündlich zu verhandeln ist (OLG Köln v. 13.2.1986 - 12 U 179/85, NJW 1987, 76; v. 8.2.1994 - 4 U 9/93, ZIP 1994, 326), ist umstritten. Anders als von dem 12. und 4. Senat des OLG Köln in den zitierten Entscheidungen zu § 110 ZPO a.F. vertreten, stehen nach Ansicht des erkennenden Senats Wortlaut und Systematik der Vorschrift einer unmittelbaren Anwendung auf Arrest- und einstweilige Verfügungsverfahren entgegen.
In § 110 ZPO ist durchgehend - so in Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, 3, 4 und 5 der Vorschrift nur von "Kläger", "Beklagten" und ausdrücklich "Klagen" die Rede. Schon nach ihrer systematischen Einteilung unterscheidet die Zivilprozessordnung aber zwischen eigentlichen "Klage"-Verfahren und den im 5. Abschnitt des 8. Buches geregelten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Die Spruchpraxis der Gerichte bestätigt diese zwischen Klagen und einer nur vorläufigen Sicherung dienenden Eilverfahren vorzunehmende und damit gegen eine Anwendung des § 110 ZPO auf Letztere sprechende Unterscheidung. Exemplarisch ist darauf zu verweisen, dass aufgrund der unterschiedlichen Rechtsnatur der Verfahren nach allgemeiner Meinung die Vorschriften über die vorläufige Vollstreckbarkeit gem. §§ 708 ff. ZPO auf die einen Arrest oder einstweilige Verfügung erlassende oder bestätigende Entscheidungen nicht anzuwenden, diese vielmehr mit ihrer Verkündung rechtskräftig sind (Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 929 Rz. 1). Ebenso entspricht es ständiger Rechtsprechung (Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 269 Rz. 14 m.w.N.), dass es in Arrest- und Verfügungsverfahren auch nach Beginn der mündlichen Verhandlung nicht der Einwilligung des Gegners in die Antragsrücknahme bedarf, weil nach dem Wortlaut des § 269 Abs. 1 ZPO diese Einwilligung Voraussetzung nur für die "Klage" ist.
2. § 110 ZPO ist auf Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch nicht analog anzuwenden, und zwar ohne dass es auf eine Unterscheidung nach dem konkreten Verfahrensablauf, sei es mit oder ohne mündliche Verhandlung zur Sache, ankäme. Vielmehr verbietet der besondere Eilcharakter dieser Verfahren nach Ansicht des Senats grundsätzlich eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der Vorschrift (OLG Frankfurt v. 14.11.2000 - 11 U 33/00, OLGReport Frankfurt 2001, 51 f.). Über die Einrede nach § 110 ZPO ist im Fall des Streits der Parteien über Grund oder auch nur Höhe einer zu erbringenden Prozesskostensicherheit stets durch Zwischenurteil zu entscheiden (Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 113, Rz. 1 m.w.N.). Die damit einhergehende Verzögerung allein schon durch die Notwendigkeit eines zweiten Verhandlungstermins, ggf. auch die weitere Verzögerung durch Ausschöpfung von Rechtsmitteln, führt aber, wie der...