Leitsatz (amtlich)

Zum Schaden und zur Schadensberechnung bei Leasingverträgen im sog. Diesel-Skandal

 

Normenkette

BGB § 826

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 32 O 308/18)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 24.03.2020 - 32 O 308/18 - teilweise abgeändert und (unter Aufnahme der nicht mehr mit der Berufung angefochtenen Teilstattgabe) nunmehr insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt, an die Klägerin 5.458,44 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen und zwar aus 6.771,59 EUR im Zeitraum vom 03.01.2018 bis zum 19.11.2020 und aus 5.458,44 EUR ab dann; dies Zug-um-Zug gegen Übergabe und Rückübereignung des PKW VW A, 1,6 TDI, FIN: B;

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme vorgenannten Fahrzeugs seit dem 03.01.2018 im Annahmeverzug befindet;

3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 924,80 EUR freizustellen;

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Klägerin zu 80 % und die Beklagte zu 20 %.

Die Kosten des Rechtsstreits in der Berufungsinstanz tragen die Klägerin zu 77 % und die Beklagte zu 23%.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung der anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht nach einer Anpassung ihres Klagebegehrens im Hinblick auf das nunmehr streitgegenständliche Fahrzeug im Schriftsatz vom 11.12.2019 (Bl. 151 ff. d.A.), zugestellt am 20.12.2019 (Bl. 174 d.A.), deliktische Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte als Herstellerin eines Pkws des Typs VW A im Zusammenhang mit dem sog. Diesel-Abgasskandal geltend. Das Fahrzeug wurde im Jahr 2010 von der Klägerin über ein Autohaus - dies auf Basis eines Kaufpreises von 27.424,36 EUR (netto) gemäß Anlage DB5 (AH) - zunächst geleast und sodann im Juni 2013 bei einem Kilometerstand von 150.000 km für 3.420 EUR (inkl. USt i.H.v. 546,05 EUR) käuflich erworben. Die vorsteuerabzugsberechtigte Klägerin hatte zuvor die vereinbarten Leasingraten in Höhe von insgesamt 21.564 EUR über die Laufzeit des Leasingvertrages hinweg geleistet. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands sowie der erstinstanzlichen Sachanträge wird im Übrigen auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils vom 24.03.2020 (Bl. 196 ff. d.A.) Bezug genommen. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vom 19.11.2020 betrug der Kilometerstand des Fahrzeugs zuletzt 213.594 Kilometer.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 24.03.2020 unter Klageabweisung im Übrigen die Beklagte zur Zahlung von 2.625,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.01.2018 Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Autos sowie zur Freistellung von Anwaltskosten i.H.v. 473,62 EUR verurteilt und Annahmeverzug festgestellt. Es hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass eine sittenwidrige Schädigung der Klägerin i.S.d. § 826 BGB vorliege. Ein ersatzfähiger Schaden sei aber nur durch den käuflichen Erwerb des Fahrzeugs zum Preis von 3.420 EUR gegeben; dies unter Abzug gezogener Nutzungen - auf Basis einer Berechnung mit einer Gesamtlaufleistung von 300.000 km mit 3.420 EUR/150.000 km (= Restlaufleistung) für jeden ab dem Erwerb bei einem Tacho-Stand von 150.000 km bis zum damaligen Tachostand von 184.864 noch gefahrenen weiteren Kilometer - von insgesamt 794,90 EUR. Ein weitergehender Schaden sei der Klägerin nicht entstanden, da Abschluss und Durchführung des Leasingvertrages sich als "schadensneutral" darstellen würden. Selbst wenn man - allein denkbar - mit den getätigten Leasingaufwendungen der Klägerin (und nicht dem von dieser selbst nicht gezahlten Kaufpreis wie in der erstinstanzlichen Klageforderung) rechnen würde, sei jedenfalls die abzuziehende Nutzungsentschädigung mit dem objektiven Miet-/Leasingwert zu bemessen (OLG Karlsruhe v. 21.01.2020 - 17 U 2/19, juris) und wiege den Ersatzanspruch so vollständig auf. Im Übrigen seien die mit dem Abschluss des Vertrages bezweckten Nutzungsmöglichkeiten erreicht worden. Annahmeverzug sei mit Ablauf der außergerichtlich gesetzten Frist zum 02.01.2018 festzustellen und es seien Anwaltskosten aus dem berechtigten Gegenstandswert (bis. 4.000 EUR) - dies aber nur mit einer 1,5 Gebühr wie bei einem anderen Fahrzeug der Klägerin in einem Parallelfall - zu ersetzen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe der angegriffenen Entscheidung (Bl. 196 ff. d.A.) Bezug genommen.

Dagegen haben sich zunächst beide Parteien mit ihren jeweiligen Berufungen gewandt. Die Beklagte hat ihre auf...

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