Leitsatz (amtlich)
1. Übernimmt es der Lieferant einer Einbauküche, diese nach einem konkreten Einbauplan an Ort und Stelle einzupassen und zu montieren, so gilt Werkvertragsrecht.
2. Eine Vorleistungsklausel, wonach die Restzahlung für eine einzupassende und zu montierende Einbauküche bei Anlieferung vor Montage zu leisten ist, ist als Allgemeine Geschäftsbedingung nach § 9 AGBG unwirksam.
3. Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Vorleistungsklausel ist nicht deshalb i.S.v. § 1 Abs. 2 AGBG individuell (nachträglich) ausgehandelt, weil sich der Unternehmer nach Abschluss des Vertrages damit einverstanden erklärt, dass ein Teilbetrag des ausstehenden Werklohns „successive mit Fortschritt der Montage” gezahlt wird.
Normenkette
BGB a.F. §§ 326, 327 S. 1, § 346 S. 1, § 636 Abs. 1, § 642; AGBG § 9
Verfahrensgang
LG Bonn (Aktenzeichen 1 O 318/00) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 5.2.2001 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Bonn – 1 O 318/00 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung fallen der Beklagten zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das LG hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückgängigmachung des Vertrages über die Lieferung der Einbauküche, da die Klägerin mit Schreiben vom 21.6.2000 – nach Fristsetzung und Ablehnungsandrohung durch Schreiben der Rechtsanwälte der Klägerin vom 9.6.2000 – wirksam von dem Vertrag zurückgetreten ist (§§ 636 Abs. 1 S. 2, 326, 327 S. 1, 346 S. 1 BGB). Die Beklagte befand sich im Verzug mit der ihr obliegenden Leistung, weil sie trotz der Leistungsaufforderung der Klägerin (Schreiben vom 30.5.2000) die Vertragserfüllung von der Vorauszahlung von 15.000 DM abhängig machte. Die von den Parteien getroffene Vereinbarung, diesen Betrag bei Anlieferung vor Montage zahlen zu müssen, ist gem. § 9 AGBG unwirksam.
1. Das Vertragsverhältnis der Parteien unterliegt Werkvertragsrecht. Die Beklagte hatte der Klägerin zur Einrichtung der Einbauküche nicht nur serienmäßig hergestellte Küchenmöbel und die bestellten Elektrogeräte zu liefern. Die – farblich bearbeiteten – Einbaumöbel und die Geräte sollten vielmehr nach der vorgesehenen, auf den Grundriss des Küchenraums abgestellten Einbauplan an Ort und Stelle eingepasst und montiert werden sowie an das Wasser- und Elektronetz angeschlossen werden; ferner sollten eine individuell zugeschnittene Granitarbeitsplatte und Fensterbank montiert werden. Damit war unter Verwendung vertretbarer Sachen ein unvertretbares, gerade für die Bedürfnisse und Zwecke der Klägerin geeignetes Werk herzustellen, so dass nach § 651 Abs. 1 S. 2 Halbsatz 2 BGB im Wesentlichen Werkvertragsrecht Anwendung findet (vgl. BGH v. 15.2.1990 – VII ZR 175/89, NJW-RR 1990, 787 [788] = MDR 1990, 1101; OLG Frankfurt NJW-RR 2001, 55 [56] = NZBau 2000, 330 f.).
2. Nach § 642 BGB ist beim Werkvertrag die geschuldete Vergütung bei der Abnahme zu errichten. Die Fälligkeit der Vergütung ist mithin davon abhängig, dass der Besteller die von dem Unternehmer erbrachte Leistung als im Wesentlichen vertragsgemäß anerkennt (§ 640 BGB). Diesen gesetzlichen Vorgaben ist die Beklagte nicht gerecht geworden, als sie sich weigerte, den Einbau der Küche und die Lieferung der nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme noch fehlenden Teile vorzunehmen, bevor nicht die Klägerin 15.000 DM auf den (mit 7.600 DM bereits angezahlten) Gesamtpreis von 27.600 DM gezahlt hatte. Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte darauf, dies habe der vertraglichen Vereinbarung entsprochen; denn diese ist gem. § 9 AGBG unwirksam.
a) Bei der Vereinbarung, die Restzahlung sei bar bei Anlieferung vor Montage zu zahlen, handelt es sich um eine von der Beklagten gestellte allgemeine Geschäftsbedingung i.S.d. § 1 Abs. 1 AGBG. Das Bestellformular vom 23.10.1999 weist aus, dass der Auftrag zu den Zahlungs- und Lieferungsbedingungen der Beklagten erfolge. Die Erörterung mit dem Geschäftsführer der Beklagten und ihrem Prozessbevollmächtigten im Senatstermin hat ergeben, dass die Beklagte die dargestellte Zahlungsmodalität bei den von ihr abgeschlossenen Verträgen mehrfach verwendet, weil sie sie für erforderlich hält, um sich ausreichend gegen eine Kaufreue des Kunden abzusichern und unberechtigten Mängelrügen vorzubeugen.
Bei dieser Sachlage ist unerheblich, dass dem Senat die vorgedruckten allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin nicht vorliegen und die betreffende Vertragsklausel lediglich handschriftlich in dem Bestellformular erscheint und Bestandteil der Auftragsbestätigung vom 5.11.1999 ist. Nach der Rechtsprechung liegt eine vorformulierte allgemeine Geschäftsbedingung auch dann vor, wenn die betreffende Vereinbarung nicht schriftlich niedergelegt, aber zum Zwecke künftiger Verwendung „im Kopf” des Verwenders oder seiner Abschlussgehilfen gespeichert ist und die Anweisung an die Abschlussvertreter des Verwenders besteht, die Klausel in geeigneten Fällen sc...