Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 7 O 195/20)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das am 10.11.2020 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bonn (7 O 195/20) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12.363,94 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.08.2020 Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des VW Caddy 2.0 TDI mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer A zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.029,35 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.08.2020 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 30 % und die Beklagte 70 %. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 21 % und die Beklagte 79%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem "VW-Abgasskandal".

Am 28.05.2014 (Rechnung GA 115/116) erwarb der Kläger bei einem Vertragshändler der Beklagten ein Neufahrzeug des Typs VW Caddy 2.0 TDI zu einem Kaufpreis von 25.900,01 EUR. In das streitgegenständliche Fahrzeug ist der von der Beklagten produzierte Motor des Typs EA 189 eingebaut.

Für den Fahrzeugtyp war die Typgenehmigung nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 mit der Schadstoffklasse Euro 5 erteilt worden. Die im Zusammenhang mit dem Motor verwendete Software erkennt, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) unterzogen wird und schaltet in diesem Fall in den Abgasrückführungsmodus 1, einen Stickoxid- (NOx)-optimierten Modus. In diesem Modus findet eine Abgasrückführung mit niedrigem Stickoxidausstoß statt. Im normalen Fahrbetrieb außerhalb des Prüfstands schaltet der Motor dagegen in den Abgasrückführungsmodus 0, bei dem die Abgasrückführungsrate geringer und der Stickoxidausstoß höher ist. Für die Erteilung der Typgenehmigung der Emissionsklasse Euro 5 maßgeblich war der Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand. Die Stickoxidgrenzwerte der Euro 5-Norm wurden nur im Abgasrückführungsmodus 1 eingehalten.

Im September 2015 hatte die Beklagte öffentlich die Verwendung einer entsprechenden Software eingeräumt. Unter dem 15.10.2015 war gegen sie ein bestandskräftiger Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) mit nachträglichen Nebenbestimmungen zur Typgenehmigung ergangen, der auch das Fahrzeug des Klägers betrifft. Das KBA war vom Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgegangen und hatte der Beklagten aufgegeben, diese zu beseitigen und die Einhaltung der maßgeblichen Grenzwerte anderweitig zu gewährleisten. Die Beklagte hatte mit Pressemitteilung vom 25.11.2015 bekanntgegeben, Software-Updates durchzuführen, mit denen diese Software aus allen Fahrzeugen mit Motoren des Typs EA189 entfernt werden sollte. Nach der Installation sollen die betroffenen Fahrzeuge nur noch in einem adaptierten Modus 1 betrieben werden.

Der Kläger hat mit der vorliegenden, am 17.07.2020 bei Gericht eingegangenen Klage von der Beklagten die Rückabwicklung des Kaufvertrages unter Abzug von Gebrauchsvorteilen in Höhe von 8.362,01 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.08.2020 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs, die Feststellung des Annahmeverzuges und Erstattung von vorgerichtlichen Kosten in Höhe von 1.100,51 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.08.2020 begehrt.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien in erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Das Landgericht hat - unter Zurückweisung des von der Beklagten erhobenen Verjährungseinwands und Zugrundelegung einer zu erwartenden Gesamtfahrleistung von 300.000 km - der Klage in der Hauptsache in Höhe von 15.676,07 EUR nebst Zinsen und hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten in Höhe von 1.029,35 EUR nebst Zinsen stattgegeben. Die weitergehende Klage (weitergehende Zahlung, Zahlung von Deliktszinsen, Feststellung Annahmeverzug) hat es abgewiesen.

Gegen das Urteil hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Ziel des Rechtsmittels ist die gänzliche Abweisung der Klage.

Die Beklagte hält die zuerkannte Klageforderung weiterhin für verjährt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Bonn vom 10.11.2020 (7 O 195/20) abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger ist dem Rechtsmittel nach Maßgabe der Berufungserwiderung entgegengetreten und beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung ist nur zu einem Teil begründet.

1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge