Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurückweisung verspäteten Vorbringens in einem Urteil nach Lage der Akten
Leitsatz (amtlich)
In einem Urteil nach Lage der Akten gem. § 251a ZPO kann verspätetes Vorbringen gem. § 296 ZPO zurückgewiesen werden.
Normenkette
ZPO § 156 Abs. 2 Nr. 2, § 251a Abs. 2 S. 4, § 296 Abs. 2, §§ 331a, 335 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 11.12.2017; Aktenzeichen 15 O 20277/16) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 11.12.2017, Aktenzeichen 15 O 20277/16, wird zurückgewiesen.
2. Die Klagepartei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 34.120,01 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten Rückabwicklung eines Kaufvertrags über ein gebrauchtes KFZ.
Die Klägerin hat am 04.12.2015 von der Beklagten ein gebrauchtes KFZ zuzüglich gebrauchter Winterräder und unter Zahlung der Zulassungskosten erworben mit einem "reparierten Schaden: Smart Repair Lackierung" am Stoßfänger vorne und hinten.
Die Klägerin trägt vor, sie sei bei Abschluss des Kaufvertrags arglistig getäuscht worden. Das Fahrzeug habe einen nicht unerheblichen Unfallschaden, der nicht mit Smart Repair zu beheben gewesen sei.
Die Beklagte bestreitet dies.
Das Landgericht hat am 13.03.2017 mündlich verhandelt und am 24.04.2017 einen Beweisbeschluss erlassen, einen Sachverständigen bestimmt und einen Auslagenvorschuss von 2.500 EUR angeordnet, der bis 24.05.2017 einzuzahlen sei.
Der Klägervertreter hatte Einwendungen gegen die Formulierung des Beweisbeschlusses, die er später nicht mehr aufrecht erhielt, sowie gegen die Höhe des Auslagenverschusses.
Mit Verfügung vom 17.05.2017 teilte das Gericht der Klägerin mit, dass es nicht beabsichtige, den Vorschuss herabzusetzen.
Nachdem bis 06.06.2017 kein Vorschuss eingegangen war, bestimmte das Gericht neuen Termin auf den 18.09.2017 (Bl. 32 d.A.) unter Hinweis auf die nicht fristgerecht erfolgte Vorschusszahlung.
Nach mehrmaligen Nachfragen des Klägervertreters teilte das Gericht diesem mit Verfügung vom 18.08.2017 (Bl. 40 d.A.) mit, dass kein Anlass zur Änderung des Beweisbeschlusses oder der Vorschusshöhe gesehen werde. Mit Schriftsatz vom 04.09.2017 (B. 41 d.A.) teilte der Klägervertreter schließlich mit, dass der Vorschuss eingezahlt worden sei und fragte an, ob die Erholung eines Sachverständigengutachtens vor dem Termin noch möglich sei, andernfalls der Termin zu verlegen sei. Eine telefonische Nachfrage des Einzelrichters beim Sachverständigen ergab, dass eine Begutachtung vor dem Termin nicht durchführbar sei. Das Gericht teilte dem Klägervertreter daraufhin mit, dass es bei dem Termin verbleibe, aber nicht, dass es beim Sachverständigen nachgefragt habe. Der Klägervertreter beantragte daraufhin mit Schriftsatz vom 12.09.2017 (Bl. 43 d.A.) unter Hinweis darauf, dass eine Begutachtung vor dem Termin ausgeschlossen sei, nochmals Terminsverlegung und wies darauf hin, dass er gegebenenfalls in die Säumnis flüchten müsse. Mit Telefax vom 18.09.2017 teilte er mit, dass er der Unterbevollmächtigten das Mandat entzogen habe.
In der mündlichen Verhandlung erschien für die Klägerin niemand und beantragte der Beklagtenvertreter den Erlass eines Urteils nach Aktenlage.
Mit Schriftsatz vom 19.09.2017 beantragte der Klägervertreter die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
Mit Urteil vom 11.12.2017 wies das Gericht in einem Urteil nach Lage der Akten die Klage ab und das Angriffsmittel, die unter Sachverständigenbeweis gestellte Behauptung des irreparablen Stoßfängerschadens, als verspätet nach § 296 Abs. 2 ZPO zurück. Im Übrigen wird hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO.
Hiergegen legte die Klägerin Berufung ein. Sie ist der Auffassung, die Voraussetzungen für ein Urteil nach Lage der Akten hätten nicht vorgelegen und das Landgericht hätte keine Zurückweisung nach § 296 Abs. 2 ZPO vornehmen dürfen.
Sie beantragt zuletzt,
1. Das Urteil des Landgerichts München I verkündet am 11.12.2017 unter dem Aktenzeichen 15 O 20277/16, wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 33.300,00 Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs BMW 535d xDrive Gran Turismo, Fahrzeug-Ident-Nummer ...26 nebst beider Zulassungsbescheinigungen und zweier Schlüssel zuzüglich Zinsen hieraus seit dem 15.09.2016 zu zahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere EUR 820,01 Zug um Zug gegen Rückgabe von 4 gebrauchten Winterrädern, bestehend aus 4 Felgen und 4 aufgezogenen Winterreif...