Leitsatz (amtlich)
Der Antrag auf Ablehnung eines Sachverständigen ist auch im Falle des § 406 Abs. 2 S. 2 ZPO i.d.R. binnen zwei Wochen zu stellen.
Verfahrensgang
LG Landshut (Beschluss vom 25.07.2003; Aktenzeichen 24 O 3043/01) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des LG Landshut vom 25.7.2003 wird als unbegründet zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.
III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 107.113,60 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Gegenstand des Verfahrens ist die Klage einer Bauherrin auf Rückzahlung von geleisteten Teilbeträgen, da nach ihrer Behauptung die von der Beklagten errichtete Werkhalle unbrauchbar sei. Am 28.2.2002 erließ das LG Landshut folgenden Beweisbeschluss:
Es ist Beweis zu erheben über folgende Behauptungen der Beklagten:
- Sie habe zur Erbringung ihrer Werkleistungen mit einem Wert von 162.968,40 DM erbracht. Insbesondere habe sie die bestellten Eisenteile so bearbeitet, dass eine Aufstellung der Halle ohne weiteres möglich sei;
- Durch die von dem Zeugen L. vorgenommenen Änderungen an der Planung sei die Erstellung einer neuen Statik mit erneuter Prüfung notwendig geworden;
durch Erholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens.
Der Sachverständige Prof. Dr. W. kam in seinem Gutachten vom 20.3.2003 in seinen „Vorbemerkungen” zu dem Zwischenergebnis, dass der Betrieb der Beklagten nicht über den für Konstruktionen dieser Art erforderlichen Eignungsnachweis nach DIN 18800 verfüge und deshalb Hallen dieser Art nicht aufstellen dürfe. Im Hauptteil des Gutachtens wird sodann auf die Fragen des Beweisbeschlusses eingegangen.
Das Gutachten war dem Beklagtenvertreter mit Terminsladung am 24.2.2003 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 13.3., eingegangen am selben Tage, ließ die Beklagte Antrag auf Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit stellen, da sich der Sachverständige unzulässig mit einer Rechtsfrage außerhalb des Beweisbeschlusses beschäftigt und daher die eigentlichen Beweisfragen nur oberflächlich und höchst unvollständig bearbeitet habe.
Das LG Landshut hat den Antrag mit Beschl. v. 25.7.2003 als unzulässig und unbegründet abgelehnt. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten.
2. Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§§ 406 Abs. 5, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und auch i.Ü. zulässig (§ 569 ZPO), jedoch unbegründet. Nach Auffassung des Senats wurde nämlich der Ablehnungsantrag nicht unverzüglich i.S.d. § 406 Abs. 2 S. 2 ZPO gestellt, und es wurden auch keine Entschuldigungsgründe glaubhaft gemacht, so dass der Ablehnungsantrag unzulässig war.
Das Gesetz setzt eine Erklärungsfrist von zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung eines Sachverständigen fest, § 406 Abs. 2 S. 1 ZPO. Davon sind vor allem Ablehnungsgründe erfasst, die sich gegen die Person des Sachverständigen richten. Für sonstige Ablehnungsgründe, die wie im vorliegenden Fall erst im Laufe des Verfahrens entstehen (§ 406 Abs. 2 S. 2 ZPO), sieht das Gesetz keine Frist vor. Nach wohl überwiegender Meinung und der ständigen Rspr. des OLG München müssen die Ablehnungsgründe auch in diesen Fällen gewöhnlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen vorgebracht werden, vgl. OLG München v. 14.3.2002 – 1 W 831/02, OLGReport München 2003, 58; v. 7.11.2000 – 1 W 2532/00, OLGReport München 2001, 90; OLG Brandenburg v. 14.11.2000 – 9 UF 267/00, NJW-RR 2001, 1433, Musielak, ZPO, 3. Aufl., § 406 Rz. 14: „in aller Regel” zwei Wochen.
Soweit in der Rspr. längere Fristen eingeräumt wurden (BayObLG v. 16.6.1994 – 1Z BR 73/94, BayObLGReport 1994, 56 = MDR 1995, 412) beruht dies auf den besonderen Umständen des Einzelfalles oder – wie im Falle OLG Köln v. 10.10.1988 – 27 W 31/88, VersR 1989, 210 – auf der bis 1.4.1991 geltenden Fassung des § 406 Abs. 2, die keine bestimmte Frist vorsah. In den vom OLG Koblenz v. 29.6.1998 – 3 U 1078/95, NJW-RR 1999, 72, zu entscheidenden Fall war der Antrag erst drei Monate nach Zugang des Gutachtens gestellt worden. Das Gericht brauchte sich deshalb nicht mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Frist des § 406 Abs. 2 S. 1 ZPO Richtschnur ist und konnte sich wegen der Eindeutigkeit der Verspätung auf die Feststellung beschränken, dass der Antrag „spätestens” mit Ablauf der gesetzten fünfwöchigen Frist zur Stellungnahme hätte gestellt werden müssen; der dort zu entscheidende Fall wies zudem die Besonderheit auf, dass für die Antragstellerin umfangreiche Ermittlungen notwendig wurden.
Vorliegend wurde die Zwei-Wochen-Frist lediglich um drei Tage überschritten. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass für das Vorbringen des Ablehnungsgrundes keine eingehende Beschäftigung mit technischen Fragen und keine umfangreichen Recherchen, etwa durch Befragung eines privaten Sachverständigen, erforderlich waren. Vielmehr ist der vorgetragene Angriffspunkt – das ungefragte Eingehen auf einen Befähigungsnachweis der Beklagten – bereits bei kursorischer Sichtung des Gutachtens schnell er...