Leitsatz (amtlich)
›Auch eine Justizvollzugsanstalt ist nach Wortlaut und Zweck der Regelung über den Stundenansatz des Betreuers ein "Heim" im Sinne von § 5 VBVG. Der Betroffene hat dort jedenfalls dann seinen gewöhnlichen Aufenthalt, wenn er nicht mehr über einen anderen Daseinsmittelpunkt mit Rückkehrmöglichkeit verfügt.‹
Verfahrensgang
LG Traunstein (Entscheidung vom 13.02.2006; Aktenzeichen 4 T 4514/05) |
AG Traunstein (Aktenzeichen XVII 247/04) |
Gründe
I.
Für den mittellosen Betreuten ist seit 15.6.2004 der Beschwerdeführer als Berufsbetreuer mit den Aufgabenkreisen Sorge für die Gesundheit; Sorge für das Vermögen; Regelung von Aufenthaltsangelegenheiten; Vertretung gegenüber Dritten, insbesondere Behörden, Krankenkassen, Heimen und ähnlichen Einrichtungen; Unterbringung einschließlich unterbringungsähnlicher Maßnahmen. Von 9.11.2004 bis 27.1.2006 befand sich der Betroffene in Strafhaft, anschließend vorübergehend im Bezirkskrankenhaus und nunmehr in einer sozialtherapeutischen Einrichtung der AWO. Für die Zeit vom 1.7.2005 bis 30.9.2005 machte der Betreuer einen Aufwand von 3,5 Stunden pro Monat zu je 44 EUR, insgesamt 462 EUR geltend, den er ergänzend begründete. Das Amtsgericht hat dem Beschwerdeführer eine Vergütung für 6 Stunden zu je 44 EUR, insgesamt 264 EUR zugebilligt und den Antrag im Übrigen zurückgewiesen, da der Betroffene im fraglichen Zeitraum in einem Heim im Sinne des § 5 VBVG untergebracht gewesen sei. Gegen diesen Beschluss legte der Betreuer fristgerecht sofortige Beschwerde ein mit der Begründung, dass die Justizvollzugsanstalt kein Heim im Sinne des § 5 VBVG darstelle und der Betroffene dort auch keinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet habe. Mit Beschluss vom 13.2.2006 wies das Landgericht die sofortige Beschwerde zurück. Mit der zugelassenen, form- und fristgerecht eingelegten sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt der Betreuer sein Ziel weiter, der Vergütungsberechnung einen Stundenansatz von 3,5 statt lediglich von 2 Stunden pro Monat zugrunde zu legen.
II.
Das statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Rechtsmittel ist nicht begründet.
1. Das Landgericht hat in seiner Entscheidung ausgeführt:
Der dem Betreuer zu vergütende Stundenansatz betrage bei dem mittellosen Betreuten gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VBVG nur 2 Stunden pro Monat. Zwar handele es sich bei einer Justizvollzugsanstalt nicht um ein Heim im engeren Sinne, da dem Betreuten keine tatsächliche Betreuung im Sinne des § 5 Abs. 3 VBVG zuteil werde. Die Justizvollzugsanstalt sei jedoch hinsichtlich des dem Betreuer entstehenden Aufwandes einem Heim gleichzustellen. Der Grund für den geringeren Stundenansatz für einen Heimaufenthalt treffe auch für den Aufenthalt in einer Justizvollzugsanstalt zu. Während dieser Zeit entstehe dem Betreuer im Aufgabenkreis Regelung von Aufenthaltsangelegenheiten kein höherer Aufwand als bei einem Heimaufenthalt, da der Betreuer sich nicht um eine Unterkunft des Betroffenen kümmern müsse. Das gelte auch für den Aufgabenkreis der Gesundheitsfürsorge, da der Gefangene nach §§ 58 ff. StVollzG Anspruch auf Krankenbehandlung habe. Wie bei einem Heimaufenthalt verbleibe im Wesentlichen der Aufwand für den Aufgabenkreis Vermögenssorge. Der Betroffene habe auch seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 VBVG in der Justizvollzugsanstalt. Nach § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I, der hier herangezogen werden könne, habe jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort und in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Bei einer Haftdauer von rund 14 Monaten sei - anders als bei einer kurzzeitigen Freiheitsstrafe - von einem gewöhnlichen Aufenthalt auszugehen.
2. Dies hält rechtlicher Überprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) im Ergebnis stand.
a) Die Vergütung des Betreuers richtet sich in dem hier zu beurteilenden Zeitraum nach §§ 4, 5 VBVG. Die Höhe des dem Betreuer zu bewilligenden Stundensatzes steht mit 44 EUR pro Stunde außer Streit.
§ 5 VBVG ersetzt den bisherigen Einzelnachweis der aufgewendeten Betreuungszeit durch ein System der Pauschalierung, das nach der Intention des Gesetzgebers einfach, streitvermeidend, an der Realität orientiert und für Berufsbetreuer auskömmlich ist (BT-Drucks. 15/2494 S. 31). Dabei kommt es nicht auf die Auskömmlichkeit im jeweiligen Einzelfall an, sondern auf die Angemessenheit der Vergütung bei einer Mischkalkulation aus aufwendigen und weniger aufwendigen Fällen (aaO S. 33). Hinsichtlich des Zeitaufwandes unterscheidet das Gesetz zwischen mittellosen (§ 5 Abs. 2 VBVG) und nicht mittellosen Betreuten (§ 5 Abs. 1 VBVG), wobei es bei vermögenden Betreuten einen höheren Betreuungsaufwand in Ansatz bringt. Innerhalb der jeweiligen Fallgruppe geht der Gesetzgeber aufgrund der Auswertungen von 1.808 Betreuungsakten durch das Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik (ISG) davon aus, dass die Betreuung eines nicht in einem Heim wohnenden Betroffenen mehr Zeit erfordert als di...