Verfahrensgang

LG München I (Entscheidung vom 30.01.2012; Aktenzeichen 35 O 12413/11)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 26.11.2013; Aktenzeichen II ZB 13/12)

 

Tenor

  • 1.

    Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 30.01.2012, Aktenzeichen 35 O 12413/11, wird verworfen.

  • 2.

    Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

  • 3.

    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 8.883,70 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Klägervertreter hat gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts München I vom 30.01.2012, Az: 35 O 12413/11, zugestellt am 03.02.2012 mit Schriftsatz vom 09.03.2012 Berufung eingelegt und mit Schriftsatz vom gleichen Tag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

Der Klägervertreter begründet seinen Antrag auf Wiedereinsetzung mit einem Büroversehen der u.a. mit der Eintragung der Fristen und Führung des Fristenkalenders beauftragten, sehr erfahrenen und zuverlässigen Rechtsanwalts- und Notargehilfin U. Nach dem Vorbringen des Klägervertreters sei diese zusammen mit der Rechtsanwaltsgehilfin N. bürointern für die Bearbeitung der Massenklageverfahren, zu denen auch das vorliegende Verfahren zählt, zuständig gewesen. Es handle sich um ca. 135 vergleichbare Klageverfahren, die verstreut über diverse Landgerichte in Deutschland anhängig seien. Im vorliegenden Verfahren sei es trotz klarer Anweisung nicht zur Eintragung der beiden Fristen (Wiedervorlage- und Berufungsfrist) gekommen. Aus dem Übersichtsblatt zur Berufungsakte sei zu entnehmen, dass die Wiedervorlagefrist zum 27.02.2012 eingetragen und auch mit einem Erledigungs-Häkchen versehen gewesen sei. Dennoch sei sie in beiden Fristenkalendern nicht eingetragen worden. Zur Ergänzung ist auf den Klägerschriftsatz vom 09.03.2012 zu verweisen. Zur Glaubhaftmachung seines Vorbringens legt der Klägervertreter eine eidesstattliche Versicherung der Büroangestellten U. vor.

Der Senat hat die Klägerin mit Beschluss vom 05.04.2012 darauf hingewiesen, dass er beabsichtigte, dem Wiedereinsetzungsgesuch nicht stattzugeben und die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Auf die Ausführungen des Senats im Hinweisbeschluss wird verwiesen. Die Klägerin erhielt Gelegenheit hierzu Stellung zu nehmen bis 26.04.2012. Mit Schriftsatz vom 25.04.2012 erfolgte die Stellungnahme der Klägerin. Diese ergänzt ihren Vortrag zum Geschehensablauf und verweist ergänzend darauf, dass nicht mehr rekonstruierbar sei, wie es zur unterlassenen Fristeneintragung gekommen sei. Zudem verweist die Klägerin darauf, dass sie der Auffassung des Senats, wonach die Bearbeitung von "Masseverfahren" besondere organisatorische Anforderungen erfordere, nicht folgen könne. Die Klägerin legt u.a. Kopien der Fristenkalender vor.

Ergänzend wird auf die klägerischen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Der Senat hält an seiner im Hinweisbeschluss dargelegten Auffassung fest, dass die Klägerin eine unverschuldete Versäumnis der Berufungsfrist nicht ausreichend dargetan und glaubhaft gemacht hat, §§ 233, 236 Abs. 2 ZPO und ihr deshalb Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu gewähren ist. Die Berufung ist daher als unzulässig zu verwerfen.

Der Senat verkennt nicht, dass der Rechtsanwalt mit der Notierung und Überwachung von Fristen und der Führung des Fristenkalenders eine voll ausgebildete und sorgfältig überwachte Bürokraft betrauen darf (st. Rspr., vgl. BGH NJW-RR 2008, 1160 Rz: 12). Grundsätzlich ist dann Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn eine vom Rechtsanwalt verfügte Frist durch diese Büromitarbeiterin nicht richtig eingetragen ist (vgl. Zöller, ZPO, 29. Auflage, § 233 Rdnr. 23, "Fristbehandlung"). Im vorliegenden Fall liegen jedoch Besonderheiten vor, die der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entgegen stehen, da eine unverschuldete Fristversäumnis nicht hinreichend dargetan und glaubhaft gemacht ist.

Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass die Fristversäumnis auf ein Organisationsverschulden der Prozessbevollmächtigten zurückzuführen ist. Wie der Senat bereits in seinem Hinweisbeschluss ausführte, erhöht sich vorliegend die Sorgfaltspflicht des Anwalts - auch bezogen auf die Kontrolle der Fristeintragung - , da besondere Umstände vorliegen, die eine erhöhte Gefahr für den reibungslosen Ablauf des Kanzleibetriebs darstellen (vgl. Zöller, a.a.O. "Büropersonal"). Als solche Umstände sind vorliegend die Bewältigung der vom Klägervertreter in seiner Antragstellung dargestellten ca. 135 parallel bei unterschiedlichen Gerichten rechtshängigen Massenverfahren anszusehen. Diesen Verfahren liegen vergleichbare Sachverhalte zu Grunde, insbesondere handelt es sich auch nach dem Vortrag der Klägervertreter jeweils um Verfahren der Klägerin gegen diverse Kommanditisten (wie vorliegend den Beklagten). Dass diese Verfahren derzeit einen umfangreichen Teil der Kanzleitätigkeit der Klägervertreter ausmachen, ergibt sich zudem aus den vorgelegten Auszügen aus den Fristenkalendern. Daraus ist ersichtlich, dass in einer Vielzahl von Parallelverfahren in den M...

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