Verfahrensgang
LG München I (Entscheidung vom 13.07.2007; Aktenzeichen 7 O 1241/06) |
Tenor
I.
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Der Wert der Beschwerde beträgt 1.624,30 EUR.
IV.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Der vorliegende Rechtsstreit ist durch einen im Berufungsverfahren beim Oberlandesgericht München am 28.06.2007 abgeschlossenen Vergleich beendet worden, mit dem sich die Beklagte zur Zahlung von 17.500,0t) EUR an den Kläger verpflichtet hat. Unter der Ziffer III. des Vergleichs haben die Parteien vereinbart: "Alle Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte". Mit dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13.07.2007 hat der Rechtspfleger u. a. für die I. Instanz eine 1,3 Verfahrensgebühr gemäß der Nr. 3100 W-RVG in Höhe von 1.359,80 EUR und für die II. Instanz eine 1,3 Einigungsgebühr gemäß den Nr. 1004,1000 VV-RVG in Höhe von 839,80 EUR festgesetzt.
Gegen diese beiden Positionen wendet sich die Beklagte mit ihrer sofortigen Beschwerde. Zur Begründung wird ausgeführt, nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 W-RVG müsse eine wegen desselben Gegenstandes entstandene Geschäftsgebühr bis zu 0,75 anteilig auf die Verfahrensgebühr angerechnet werden. Es vermindere sich nicht die bereits entstandene Geschäftsgebühr, sondern die in dem anschließenden gerichtlichen Verfahren anfallende Verfahrensgebühr (BGH VIII ZR 86/06). Zum vorgerichtlichen Tätigwerden der Klägervertreter beziehe man sich auf den Vortrag in der Klageschrift vom 20.01.2006, dort Seite 7, 4. Absatz. An dieser Stelle der Klageschrift ist ausgeführt, die Beklagten hätten einer außergerichtlichen schriftlichen Abmahnung vom 24.09.2004 nur teilweise Folge geleistet.
Zur festgesetzten Einigungsgebühr weist die Beklagte darauf hin, gemäß § 98 ZPO seien die Kosten eines Vergleiches als gegeneinander aufgehoben anzusehen. Das Gleiche gelte von den Kosten des Rechtsstreits. Im Vergleich seien von der Beklagten ausdrücklich nur die Verfahrenskosten übernommen worden, die von den Vergleichskosten zu unterscheiden seien. Die Vergleichskosten seien deshalb als gegeneinander aufgehoben anzusehen und nicht zu ersetzen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO). Das Rechtsmittel erweist sich jedoch als unbegründet.
1.
Der Rechtspfleger hat zutreffend die beantragte 1,3 Verfahrensgebühr für den ersten Rechtszug in voller Höhe festgesetzt. Die von der Beklagten begehrte Anrechnung der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr war nicht veranlasst.
a)
Bereits unter der Geltung von § 118 Abs. 2 BRAGO hatte nach herrschender Meinung und der Rechtsprechung des Senats im Kostenfestsetzungs- und Beschwerdeverfahren keine Prüfung dahingehend stattzufinden, ob eine in derselben Angelegenheit vorprozessual entstandene Geschäftsgebühr auf die im Rechtsstreit entstandene Prozessgebühr anzurechnen war. Eine Ausnahme galt nur dann, wenn eine Titulierung des materiell-rechtlichen Anspruchs auf Ersatz der Gebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO vorlag (Senat MDR 1989, 272 und JurBüro 1995, 85).
b)
Die nunmehrige gesetzliche Regelung in der Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV-RVG hindert die Festsetzung der vollen 1,3 Verfahrensgebühr gegen den Prozessgegner ebenfalls nicht (ebenso Kammergericht JurBüro 2006, 202 = AnwBl. 2005, 792; OLG Hamm JurBüro 2006, 202; Gerold/Schmidt/Madert, RVG, 17. Aufl., 2300, 2301 VV Rn. 41).
Nach weit überwiegender Auffassung zählt die vorprozessuale Geschäftsgebühr nicht zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO und kann deshalb nicht im Kostenfestsetzungsverfahren nach den §§ 103, 104 ZPO festgesetzt werden (BGH JurBüro 2005, 261 = Rpfleger 2005, 279 = FamRZ 2005, 604; BGH WRP 2006, 237 = BB 2006, 127 m. w. N.; OLG Frankfurt NJW 2005, 759).
c)
Dementsprechend ist es auch nicht sachgerecht, im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens eine vorprozessuale Geschäftsgebühr ausnahmslos auf die zweifelsfrei spätestens durch die Klageeinreichung entstandene Verfahrensgebühr anzurechnen.
Dagegen spricht zum einen, dass es sich bei der Geschäftsgebühr gemäß der Nr. 2300 VV-RVG um eine Rahmengebühr handelt, deren Anrechnung im Kostenfestsetzungsverfahren, das grundsätzlich auf eine vereinfachte und schnelle Abwicklung angelegt ist, zur Folge hätte, dass dort die in § 14 Abs. 1 RVG genannten Umstände geprüft werden müssten, was einer zügigen Erledigung im Wege stünde. Hinzu kommt, dass die vorgerichtlich aufgewendeten Anwaltskosten nicht in allen Fällen im Wege eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs geltend gemacht werden können. Vielmehr setzt dies voraus, dass sich ein dahingehender Anspruch aus Vertrag, Verzug, positiver Vertragsverletzung, culpa in contrahendo, Geschäftsführung ohne Auftrag oder Delikt ergibt (BGH NJW 2007, 1458). Das Vorliegen derartiger Umstände müsste dann aber im Kostenfestsetzungsverfahren geprüft werden.
d)
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofesvom 07.03.2007 - VIII ZR 8...