Leitsatz (amtlich)
Der Ermäßigungstatbestand nach Nr. 3105 RVG-VV findet bei Erlass eines zweiten Versäumnisurteiis keine Anwendung, wenn derselbe Prozessbevollmächtigte bereits das erste Versäumnisurteil aufgrund mündlicher Verhandlung erwirkt hatte.
Normenkette
RVG-VV Nrn. 3104-3105
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 21.09.2005; Aktenzeichen 25 O 3167/05) |
Tenor
I. Der Beschluss des LG München I vom 21.9.2005 wird aufgehoben.
II. Die nach dem 2. Versäumnisurteii des LG München I vom 19.8.2005 von den Beklagten als Gesamtschuldner an die Klägerin weiter zu erstattenden Kosten werden auf 288,40 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.8.2005 festgesetzt.
III. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beklagten.
IV. Der Wert der Beschwerde beträgt 288,40 EUR.
V. Die Rechtsbeschwerde zum BGH wird zugelassen.
Gründe
I. Das LG hat die Beklagten aufgrund mündlicher Verhandlung mit Versäumnisurteil vom 13.5.2005 als Gesamtschuldner zur Zahlung von 7.937,70 EUR nebst Zinsen verurteilt und ihnen die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Die danach von den Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten sind mit rechtskräftigem Kos-tenfestsetzungsbeschluss vom 24.5.2005 auf 1.279,60 EUR festgesetzt worden (einschl. einer 0,5 Terminsgebühr i.H.v. 206 EUR).
Den von den Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom 13.5.2005 eingelegten Einspruch hat das LG aufgrund mündlicher Verhandlung vom 19.8.2005 durch das am selben Tage verkündete 2. Versäumnisurteil verworfen und den Beklagten auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Den weiteren Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin vom 19.8.2005 hat die Rechtspflegerin beim LG mit Beschluss vom 21.9.2005 zurückgewiesen. Dagegen hat die Klägerin sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie die geltend gemachte 0,7 Terminsgebühr i.H.v. 288,40 EUR weiterverfolgt. Nach Meinung der Klägerin ist für ihren Prozessbevollmächtigten mit der Wahrnehmung des zweiten Verhandlungstermins am 19.8.2005 die volle 1,2 Terminsgebühr entstanden, so dass unter Berücksichtigung der bereits festgesetzten 0,5 Terminsgebühr noch eine 0,7 Gebühr gegen die Beklagten festzusetzen sei.
II. Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist zulässig (§§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO) und auch begründet.
1. Für den Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist mit der Wahrnehmung des zweiten Verhandlungstermins am 19.8.2005 eine 1,2 Terminsgebühr angefallen (Nr. 3104 RVG-VV), aufweiche die schon im Termin vom 13.5.2005 entstandene - und bereits festgesetzte - 0,5 Terminsgebühr (Nr. 3105 RVG-VV) zu verrechnen ist (§ 15 Abs. 2 RVG), so dass von den Beklagten auch die nunmehr geltend gemachte 0,7 Differenzgebühr i.H.v. 288,40 EUR zu erstatten ist.
Für die Vertretung in einem zur mündlichen Verhandlung bestimmten Termin verdient der Rechtsanwalt grundsätzlich eine 1,2 Terminsgebühr (Vorbem. 3 Abs. 3, Nr. 3104 RVG-VV). Von dieser Grundregel bestimmt Nr. 3105 RVG-VV eine Ausnahme. Danach erhält der Rechtsanwalt nur eine 0,5 Terminsgebühr bei "Wahrnehmung nur eines Termins, in dem eine Partei nicht erschienen oder nicht ordnungsgemäß vertreten ist und lediglich ein Antrag auf Versäumnisurteil oder zur Prozess- oder Sachleitung gestellt wird". Nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung soll es bei dieser 0,5 Terminsgebühr auch dann bleiben, wenn der Rechtsanwalt mehrere Termine wahrgenommen hat, in denen jeweils eine Partei nicht erschienen oder nicht ordnungsgemäß vertreten war und lediglich ein Antrag auf Versäumnisurteil gestellt worden ist, also auch in dem hier vorliegenden Fall, in dem der Rechtsanwalt im ersten Verhandlungstermin ein Versäumnisurteil erwirkt hat und in einem weiteren Termin ein 2. Versäumnisurteil (so Hansens, JurBüro 2004, 251; Hansens, RVGreport 2005, 150; Gerold/Schmidt/Müller/Rabe, RVG, 16. Aufl., VV Nr. 3105 Rz. 25). Dies wird damit begründet, dass die Formulierung "nur eines Termins" in Nr. 3105 VV-RVG nicht als Zahlwort zu verstehen sei.
Nach anderer Meinung findet der Ermäßigungstatbestand der Nr. 3105 RVG-VV keine Anwendung auf den - auch hier vorliegenden - Fall eines 2. Versäumnisurteils, wenn derselbe Prozessbevollmächtigte bereits das erste Versäumnisurteil aufgrund mündlicher Verhandlung erwirkt hatte (OLG Celle v. 24.2.2005 - 2 W 36/04, NJW 2005, 1283; LG Regensburg JurBüro 2005, 648; Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 345 Rz. 7; Göttlich/Mümmler/Rehberg/Xanke, RVG, 1. Aufl., Terminsgebühr, Anm. 4.4.2). Dies wird damit begründet, dass die Ausnahmevorschrift der Nr. 3105 RVG-VV ihrem Wortlaut nach die Wahrnehmung "nur eines Termins" voraussetze.
Der zuletzt genannten Auffassung schließt sich der Senat an. Nr. 3105 RVG-VV stellt auf die "Wahrnehmung nur eines Termins" ab. Dieses "nur" bezieht sich nicht darauf, dass nur ein Antrag auf Versäumnisurteil oder zur Prozess- oder Sachleitung gestellt wird. Die Beschränkung auf diese Tätigkeit wird in Nr. 3105 RVG-VV durch das Wort "lediglich" zum Ausdruck gebracht. Entgegen der von Hanse...