Leitsatz (amtlich)
Ein gemeinschaftliches Wohnungsrecht für den Eigentümer und einen Dritten ist im Grundbuch eintragungsfähig.
Normenkette
BGB §§ 428, 1093
Verfahrensgang
AG München - Grundbuchamt (Beschluss vom 06.09.2011; Aktenzeichen Neuhausen, Bl. 10148) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des AG München - Grundbuchamt - vom 6.9.2011 aufgehoben.
II. Das Grundbuchamt München wird angewiesen, über den Eintragungsantrag vom 8.7.2011 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1 ist Eigentümer von Wohnungseigentum. Mit notarieller Urkunde vom 8.7.2011 bestellte er ein Wohnungsrecht für die Beteiligte zu 2 sowie für sich selbst als Gesamtgläubiger nach § 428 BGB. Der Beteiligte zu 1 bewilligte und beantragte gleichzeitig die Eintragung im Grundbuch. Unter dem 8.7.2011 hat der Notar gem. § 15 GBO Vollzugsantrag gestellt.
Mit Beschluss vom 6.9.2011 hat das Grundbuchamt den Eintragungsantrag kostenpflichtig zurückgewiesen, da der Inhalt des einzutragenden Rechts nicht eintragungsfähig sei. Es sei ausdrücklich ein Wohnungsrecht und keine Dienstbarkeit bestellt worden. Wesentliches Merkmal des Wohnungsrechts sei aber, dass der Eigentümer im Umfang der Dienstbarkeit von der Benutzung ausgeschlossen sei. Ein besonderes schutzwürdiges Interesse an der Bestellung eines Eigentümerrechts liege nicht vor. Ein solches sei nur dann zu bejahen, wenn der Eigentümer das zu belastende Objekt zu veräußern gedenke. Das Wohnungsrecht solle im Hinblick auf eine mögliche Rechtsveränderung bestellt werden. Darin sei jedoch keine konkrete oder baldige Veräußerungsabsicht zu erkennen.
Der Urkundsnotar hat mit Schreiben vom 23.9.2011 Beschwerde gegen die bei ihm am 9.9.2011 zugestellte Entscheidung, bezeichnet als "Zwischenverfügung vom 2.9.2011, hier eingegangen am 9.9.2011" eingelegt. Er verweist darauf, dass das Wohnungsrecht ausdrücklich unter Ausschluss des Eigentümers begründet werde. Der Umstand, dass der Wohnungsberechtigte zugleich Eigentümer ist, spiele keine Rolle; ein Wohnungsrecht könne auch für den Eigentümer bestellt werden. Ein schutzwürdiges Interesse des Beteiligten zu 2 an der Bestellung eines Eigentümerrechts liege vor.
Dazu hat der Notar noch, ergänzend zur Bewilligung vom 5.7.2011, die beglaubigte Abschrift einer Erklärung des Beteiligten zu 1 vorgelegt, wonach die Bestellung des Wohnungsrechts auch für ihn als Eigentümer vor allem deshalb erfolge, weil er in absehbarer Zeit beabsichtige, das Eigentum auf die Beteiligte zu 2 zu übertragen. Die Beteiligten verweisen überdies auf die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung zur Bestellung eines Eigentümernießbrauchs (BGH NJW 2011, 3517). Nichts anderes könne für die Bestellung eines Eigentümerwohnungsrechts gelten.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und darauf hingewiesen, dass sich aus der vorgelegten Erklärung ergebe, dass der derzeitige Eigentümer und die künftige Eigentümerin das Objekt gemeinsam nutzen wollten, was dem gesetzlichen Ausschluss des Eigentümers von der Nutzung widerspräche.
II. Die gem. § 71 Abs. 1, § 73 sowie § 15 Abs. 2 GBO namens sämtlicher Urkundsbeteiligter zulässig eingelegte Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Sie richtet sich dem Wortlaut nach gegen eine am 9.9.2011 zugestellte "Zwischenverfügung vom 2.9.2011". Insoweit liegt ein offensichtliches Versehen vor, gemeint ist ersichtlich der Beschluss vom 6.9.2011, der ausweislich der Empfangsbestätigung am 9.9.2011 zugestellt wurde. Eine Zwischenverfügung ist in diesem Verfahren zu keinem Zeitpunkt ergangen.
1. Die vom Grundbuchamt geäußerten Bedenken gegen die begehrte Eintragung sind nicht durchschlagend. Das bewilligte Wohnungsrecht ist eintragungsfähig. Die Eintragung eines Wohnungsrechts für den Eigentümer und einen Dritten als Gesamtberechtigte i.S.v. § 428 BGB widerspricht dem gesetzlichen - grundsätzlich unabdingbaren - Inhalt des § 1093 BGB nicht.
a) Die Bestellung von Eigentümerrechten ist grundsätzlich zulässig. Dafür spricht schon § 889 BGB, während die Bestimmung des § 873 BGB mit dem darin aufgestellten Erfordernis einer Einigung von zwei Personen dem nicht widerspricht, weil sie nur den Rechtserwerb gegen den Willen der anderen Person ausschließen will (vgl. BGH NJW 2011, 3517). Nichts anderes gilt nach wohl herrschender Meinung auch für das Wohnungsrecht als Sonderfall der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit mit nießbrauchsähnlichem Charakter (vgl. z.B. Staudinger/Mayer BGB Neubearb. 2009, § 1093 Rz. 19 m.w.N.; Palandt/Bassenge, BGB, 71. Aufl., § 1093 Rz. 1 und 7; Bayer in Bauer/v. Oefele GBO 2. Aufl. AT III Rz. 469). Dass § 1093 BGB den Ausschluss des Eigentümers als Rechtsinhalt des Wohnungsrechts erfordert, steht dem nicht entgegen, da die zunächst bestehende Personenidentität jederzeit durch eine Singular- oder Gesamtrechtsnachfolge auf Seiten des Eigentümers beseitigt werden kann (vgl. Staudinger/Mayer, a.a.O.).
Auch die Eintragung eines gemeinschaftlichen Wohnungsrechts fü...