Leitsatz (amtlich)

Art. 224 § 3 Abs. 3 EGBGB findet auch dann Anwendung, wenn dem vor dem 1.4.1994 geborenen Kind ein aus den Namen der Eltern zusammengesetzter Geburtsname aufgrund einer Rechtswahl zugunsten eines ausländischen Rechts erteilt wurde, die für das nachgeborene Geschwisterkind nicht mehr möglich ist.

 

Normenkette

EGBGB Art. 224 § 3 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 19.03.2007; Aktenzeichen 13 T 10797/06)

AG Nürnberg (Beschluss vom 14.11.2006; Aktenzeichen UR III 173/06)

 

Tenor

I. Auf die weitere Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 und 2 werden der Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 19.3.2007 und der Beschluss des AG Nürnberg vom 14.11.2006 aufgehoben.

II. Der Standesbeamte wird angewiesen, als Geburtsnamen der Beteiligten "xxx" in das Geburtenbuch einzutragen.

III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligte ist am 25.5.2006 als drittes Kind der weiteren Beteiligten zu 1 und 2 in N. geboren. Ihre Eltern sind seit 1992 verheiratet; sie führen keinen Ehenamen. Die weitere Beteiligte zu 2 war bis zu ihrer Einbürgerung am 2.4.1998 honduranische Staatsangehörige. Die Eltern haben beantragt, als Geburtsnamen "St. S." einzutragen, der sich aus dem Geburtsnamen des Vaters und dem ersten Teil des Geburtsnamens der Mutter zusammensetzt. Diesen Namen führt auch der 1997 in N. geborene Sohn, wobei die Eltern für dessen Namensführung honduranisches Recht gewählt haben. Die älteste Tochter ist 1993 in L./Schweiz geboren. Im März 1996 haben die Eltern ggü. dem deutschen Standesamt Br., bei dem das Familienbuch geführt wurde, die Erklärung abgegeben, dass ihre Tochter nach honduranischem Recht den Familiennamen "St. S." führen solle. Dementsprechend wurde im Familienbuch am 11.4.1996 bei der Eintragung hinsichtlich dieses Kindes vermerkt "führt durch Erklärung, wirksam seit 18.3.1996, den Familiennamen St. S.".

Der Standesbeamte hat die Eintragung des Geburtsnamens "St. S." für die Beteiligte abgelehnt. Den Antrag, ihm eine entsprechende Anweisung zu erteilen, hat das AG mit Beschluss vom 14.11.2006 zurückgewiesen. Die Beschwerde blieb erfolglos. Gegen die Entscheidung des LG richtet sich die weitere Beschwerde.

II. Das zulässige Rechtsmittel ist begründet.

1. Das LG hat im Wesentlichen ausgeführt:

Die Beteiligte könne als Geburtsnamen nur den Familiennamen des Vaters oder den der Mutter erhalten, nicht aber einen aus beiden gebildeten Doppelnamen. Die Rechtswahl zugunsten des honduranischen Rechts sei für sie nicht möglich, da die Mutter nicht mehr honduranische Staatsangehörige sei. Art. 224 § 3 EGBGB sei nicht anwendbar, weil diese Übergangsvorschrift nur die Unterschiede in der Anwendung des BGB in der früheren und in der neuen Fassung regele. Hier ergäben sich die unterschiedlichen Geburtsnamen der Geschwister aber aus der für die beiden Erstgeborenen getroffenen Rechtswahl, die nun nicht mehr möglich sei. Im Übrigen seien auch die Voraussetzungen der Vorschrift nicht erfüllt. Die Namenserklärung für das erstgeborene Kind sei nämlich nicht beim zuständigen Standesbeamten des Standesamtes I in Berlin eingegangen. Selbst wenn diese Erklärung dort noch eingehe und wirksam werde, könne der beantragte Geburtsname schon deshalb nicht eingetragen werden, weil er nicht aus dem vollständigen Geburtsnamen der Eltern zusammengesetzt sei; derjenige der Mutter laute nämlich "S. L.".

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) nicht stand.

a) Nach § 1617 Abs. 1 Satz 1 BGB kann als Geburtsname eines Kindes, dessen Eltern keinen Ehenamen führen, entweder der Name des Vaters oder derjenige der Mutter bestimmt werden. Ein aus dem Namen der Eltern zusammengesetzter Doppelname ist hingegen nicht zulässig. Abweichend hierzu sieht Art. 224 § 3 Abs. 3 EGBGB vor, dass die Eltern auch den aus ihren Namen zusammengesetzten Geburtsnamen, den ein vor dem 1.4.1994 geborenes Kind führt, zum Geburtsnamen ihres nach dem 31.3.1994 geborenen Kindes bestimmen können.

Wie die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben, war Hintergrund dieser Regelung, dass ein Kind während der Übergangszeit zwischen der Entscheidung des BVerfG vom 5.3.1991 bis zum Inkrafttreten der Neuregelung des Namensrechts zum 1.4.1994 einen aus den Namen der Eltern zusammengesetzten Doppelnamen erhalten konnte. Im Interesse der Namenseinheitlichkeit sollten abweichend von § 1617 Abs. 1 BGB Geschwister unter den Voraussetzungen des Art. 224 § 3 Abs. 3 EGBGB ebenfalls den Doppelnamen erhalten können. Der Gesetzgeber hat den Anwendungsbereich von Art. 224 § 3 Abs. 3 EGBGB jedoch nicht ausdrücklich auf diese Fallgestaltungen beschränkt, die Anlass und Hauptanwendungsfall für die Übergangsregelung waren. Es erscheint auch nicht geboten, die gesetzliche Regelung einschränkend dahin auszulegen, dass sie nur Anwendung findet auf die Fälle, in denen unter Anwendung deutschen Rechts aufgrund der Entscheidung des BVerfG vom 5.3.1991 ein Kind einen derarti...

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