Leitsatz (amtlich)
1. Bei einem Wechsel der Straßenbaulast gehen die jeweiligen dinglichen Belastungen auf den neuen Träger über.
2. Wird der Ausübungsbereich einer Dienstbarkeit (Geh- und Fahrtrecht) als öffentliche Straße gewidmet, wird die Dienstbarkeit nicht schon deswegen gegenstandslos.
3. Ist das Geh- und Fahrtrecht seit 40 Jahren gelöscht und das dienende Grundstück ununterbrochen als öffentliche Straße gewidmet, ist es - ohne sonstige Anhaltspunkte - nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Belastung für das herrschende Grundstück noch einen Vorteil bietet. Dann aber kommt die Eintragung eines Widerspruchs für den Berechtigten gegen die Richtigkeit des Grundbuchs nicht in Betracht.
Normenkette
BGB §§ 1018-1019; GBO § 22 Abs. 1, § 53 Abs. 1, § 84; BayStrWG Art. 11 Abs. 1, 4, Art. 12
Verfahrensgang
AG Traunstein (Beschluss vom 14.04.2014; Aktenzeichen Inzell Blatt xxx) |
Tenor
I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des AG Traunstein - Grundbuchamt - vom 14.4.2014 wird als unzulässig verworfen, soweit die Wiedereintragung des am 10.7.1973 gelöschten Geh- und Fahrtrechts an dem im Grundbuch des AG Traunstein von Inzell Bl. xxx vorgetragenen Grundstücks Flurstück xxx beantragt wird.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
II. Der Beschwerdewert beträgt 5.000,00 EUR.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 2, eine oberbayerische Gemeinde, ist Eigentümerin eines Grundstücks (Flst xxx), dessen Fläche früher zu dem Grundstück Flst xxx gehörte und als öffentliche Straße gewidmet ist. Das letztgenannte Grundstück ging im Jahre 1973 nach Art. 12 BayStrWG auf den Landkreis als Straßenbaulastträger über. Der Eigentumsübergang wurde am 10.7.1973 im Grundbuch eingetragen. Gleichzeitig wurde ein Geh- und Fahrtrecht zugunsten des jeweiligen Eigentümers des jetzigen Grundstücks Flst xxx (xxx) gelöscht. Eine Bewilligung des Berechtigten findet sich in der Akte nicht. Im Jahr 1980 wechselte das Eigentum des vormals als belastet ausgewiesenen Grundstücks wieder auf die Beteiligte zu 2, ohne dass sich den Akten der Rechtsgrund entnehmen ließe. Der Beteiligte zu 1, Eigentümer des herrschenden Grundstücks, hat am 6.11.2013 beantragt, die am 10.7.1973 gelöschte Grunddienstbarkeit wieder einzutragen, weil sie ohne Bewilligung fehlerhaft gelöscht worden sei. Die Beteiligte zu 2 wurde hierzu gehört und teilte mit, sie könne nicht mehr nachvollziehen, ob eine Löschungsbewilligung vorgelegen habe.
Mit Beschluss vom 14.4.2014 hat das Grundbuchamt den Antrag zurückgewiesen. Es sei nicht unwahrscheinlich, dass die Löschung zu Unrecht erfolgt sei. Allerdings bestehe die Möglichkeit, dass die Gemeinde das Grundstück gutgläubig lastenfrei erworben habe, da am 10.7.1973 der Landkreis als Eigentümer eingetragen worden und aus diesem Grundbesitz wiederum am 17.1.1980 das belastete Grundstück an die Beteiligte zu 2 übergegangen sei. Daher stehe nicht mit der für § 22 GBO erforderlichen Sicherheit fest, dass zu Unrecht gelöscht worden sei.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 1 mit dem Antrag auf Wiedereintragung des Geh- und Fahrtrechts und hilfsweise auf Eintragung eines Amtswiderspruchs. Das Grundbuchamt hat ihr nicht abgeholfen.
II. Das Rechtsmittel hat im Ergebnis keinen Erfolg.
1. Soweit der Beteiligte zu 1 die Wiedereintragung der Grunddienstbarkeit (§ 1018 BGB) in der Form eines Geh- und Fahrtrechts begehrt, ist die Beschwerde unzulässig. Dabei kann offen bleiben, ob bereits der Berichtigungsantrag unzulässig war. § 22 GBO ist nämlich unanwendbar (vgl. Demharter GBO 29. Aufl. § 22 Rn. 6), wenn das Grundbuchamt bei der Eintragung die ihm bekannte Rechtslage unrichtig beurteilt hat. Ein solcher Fall liegt aber vor, wenn, wie der Beteiligte zu 1 vorträgt, das Grundbuchamt ohne das Vorliegen einer Bewilligung (§ 19 GBO) oder ohne Nachweis der Unrichtigkeit (§ 22 Abs. 1 GBO) ein Recht löscht. Allerdings wäre dann, die Richtigkeit des Vorbringens unterstellt, die Eintragung eines Amtswiderspruchs gemäß § 53 Abs. 1 GBO veranlasst gewesen.
In beiden Fällen ist die Beschwerde nur mit dem Ziel der Eintragung eines Amtswiderspruchs (BGH FGPrax 2011, 163/164), also beschränkt zulässig (§ 71 Abs. 2 Satz 2 GBO), weil sie auf die Berichtigung einer ursprünglich unrichtigen Eintragung abzielt. Auch eine Löschung stellt eine Eintragung dar (vgl. Demharter § 71 Rn. 44). Lehnt das Grundbuchamt die Berichtigung einer ursprünglich unrichtigen Eintragung (Löschung) ab, kann der Beteiligte also mit der Beschwerde (nur) die Eintragung eines Amtswiderspruchs verfolgen, um sodann den Betroffenen auf Bewilligung der Berichtigung zu verklagen (vgl. Demharter § 71 Rn. 30 m.w.N.).
2. Die Voraussetzungen für die Eintragung eines Amtswiderspruchs gemäß § 53 Abs. 1 GBO liegen nicht vor.
a) Die Eintragung eines Amtswiderspruchs gemäß § 53 Abs. 1 GBO setzt voraus, dass das Grundbuchamt die Eintragung (Löschung) unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen hat und dadurch das Grundbuch unrichtig geworden ist, etwa weil das gelöschte Rec...