Entscheidungsstichwort (Thema)

Begründung der Rechtsbeschwerde, Rechtsbeschwerdegrund, Zwischenverfügung des Grundbuchamts, Bruchteilsgemeinschaft, Miteigentumsanteil, Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft, Elektronisches Dokument, Eintragungshindernis, Ergänzungspfleger, Bayerisches Oberstes Landesgericht, Elektronischer Rechtsverkehr, Eintragung im Grundbuch, Rechtsmittelverfahren, Aufgabe zur Post, Rechtsgeschäft, Unentgeltlichkeit, Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, Entscheidungserhebliche Rechtsfrage, Übertragung von Sondereigentum, Gemeinschaftseigentum

 

Leitsatz (amtlich)

Die Überlassung eines Grundstücks zu Miteigentum ist grundsätzlich als nicht lediglich rechtlich vorteilhaft im Sinne von § 107 BGB anzusehen.

 

Normenkette

BGB §§ 107, 748, 1629 Abs. 2, § 1809 Abs. 1, § 1824 Abs. 1; GBO § 20; WEG § 16 Abs. 2

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 20.06.2024; Aktenzeichen V ZB 1/24)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Antragsteller gegen Ziffer 6 der Zwischenverfügung des Amtsgerichts Ingolstadt - Grundbuchamt - vom 12.12.2023 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 2 bis 4 begehren ihre Eintragung im Grundbuch als Bruchteilseigentümer von Grundbesitz.

Im Grundbuch ist der Beteiligte zu 1 als Eigentümer des verfahrensgegenständlichen Grundstücks, das u.a. mit einem Wohnhaus bebaut ist, eingetragen. Mit notariellem Vertrag vom 24.11.2022 überließ er dieses Grundstück unentgeltlich seinen Enkelinnen, den Beteiligten zu 2 bis 4, zu Miteigentum. Zugleich räumten die Erwerber dem Beteiligten zu 1 und dessen Ehefrau auf Lebenszeit ein unentgeltliches Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht am Vertragsgegenstand ein; sämtliche Instandhaltungsaufwendungen sollte der Berechtigte tragen. In derselben Urkunde beantragten die Beteiligten zu 2 bis 4 ihre Eintragung im Grundbuch. Die minderjährigen Beteiligten zu 3 und 4 wurden von ihrer Mutter, der Tochter des Beteiligten zu 1, vertreten.

Mit Zwischenverfügung vom 12.12.2022 erklärte das Grundbuchamt neben anderen Beanstandungen unter Ziffer 6, hinsichtlich der Eigentumsübertragung an die minderjährigen Beteiligten zu 3 und 4 seien deren Eltern von der Vertretung ausgeschlossen. Die Ausnahme der Erfüllung einer Verbindlichkeit scheide aus. Das Rechtsgeschäft sei auch nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, da die minderjährigen Erwerberinnen in die Bruchteilsgemeinschaft einträten und wegen der privatrechtlichen Verantwortlichkeit von Miteigentümern aus Gefährdungstatbeständen und Verkehrssicherungspflichten insoweit als Gesamtschuldner haften würden.

Mit Schreiben vom 13.11.2023 legte der Urkundsnotar Beschwerde gegen Ziffer 6 der Zwischenverfügung ein. Der Erwerb eines Grundstücksbruchteils durch einen Minderjährigen erweise sich nach der obergerichtlichen Rechtsprechung und ihr folgenden Kommentarliteratur als lediglich rechtlich vorteilhaft, auch wenn der Minderjährige in eine Bruchteilsgemeinschaft eintrete. Ob es wegen privatrechtlicher Gefährdungshaftungstatbestände und Verkehrssicherungspflichten zu einer Schadensersatzpflicht kommen werde, stelle zum Zeitpunkt des Eigentumserwerbs eine bloß theoretische Möglichkeit dar, über deren Eintritt oder Nichteintritt sich nur spekulieren lasse. Wollte man bereits deswegen den lediglich rechtlichen Vorteil im Sinne von § 107 BGB verneinen, so würde das genannte Kriterium zu eng gehandhabt.

Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 20.11.2023 der Beschwerde nicht abgeholfen. Zur Begründung hat es auf einen Beschluss des Kammergerichts vom 1.8.2023 verwiesen. Die Formulierung des Oberlandesgerichts München in der Entscheidung vom 28.9.2021 deute durch den Konjunktiv eher auf eine Einzelfallentscheidung hin.

II. Die zulässige Beschwerde ist begründet.

1. Beschwerdegegenstand ist lediglich Ziffer 6 der Zwischenverfügung. Denn die Begründung des Rechtsmittels beschränkt sich auf Ausführungen zur dort behandelten Frage der Genehmigungsbedürftigkeit nach § 107 BGB.

2. Die Beschwerde ist zulässig.

a) Als Rechtsmittelführer sind, da vom im Rahmen der Ermächtigung nach § 15 Abs. 2 GBO tätigen Notar hierzu keine weiteren Erklärungen abgegeben wurden, die an der Errichtung der Urkunde Beteiligten anzusehen; denn diese haben entweder in der zum Vollzug eingereichten Urkunde Anträge gestellt oder hätten solche stellen können (BayObLGZ 1953, 183/185; Demharter, GBO, 33. Aufl. 2023, § 15 Rn. 20; Hügel/Reetz, GBO, 4. Aufl. 2020, § 15 Rn. 63; Meikel/Böttcher, GBO, 12. Aufl., § 15 Rn. 38; Schöner/Stöber, GBR, 16. Aufl., Rn. 189).

b) Die Beschwerde ist gemäß § 71 Abs. 1 GBO statthaft. Entscheidungen des Grundbuchamts im Sinne dieser Bestimmung sind auch Zwischenverfügungen nach § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO (OLG Frankfurt a. M. FGPrax 2021, 197; Senat FGPrax 2011, 173; Demharter § 71 Rn. 1; Hügel/Kramer § 71 Rn. 68; Meikel/Schmidt-Räntsch § 71 Rn. 35; Schöner/Stöber Rn. 473).

3. Die Beschwerde bleibt aber in der Sache ohne Erfolg, da d...

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