Leitsatz (amtlich)

1. Die Erklärung des Ausschlusses der Aufhebung der Miteigentümergemeinschaft ist nicht lediglich rechtlich vorteilhaft oder zumindest neutral.

2. Wird in einem Grundstücksüberlassungsvertrag die Eintragung eines solchen Ausschlusses für einen geschäftsunfähigen Minderjährigen durch einen sorgeberechtigten Elternteil bewilligt, der wie der Minderjährige einen Miteigentumsanteil an dem Grundstück erhält, ist die Bewilligung wegen des Vorliegens eines unerlaubten Insichgeschäfts unwirksam.

3. Dies hindert, wenn ein innerer Zusammenhang mit der Grundstücksüberlassung besteht, auch die Eintragung der Auflassung.

 

Normenkette

BGB §§ 104, 177, 181, 749, 1010, 1626, 1629; FamFG § 9; GBO §§ 16, 19

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts München - Grundbuchamt - vom 13. April 2021 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 300 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 2 und 3 sind als Miteigentümerinnen von Grundbesitz zu je 1/2 im Grundbuch eingetragen. Die Beteiligte zu 1 ist die Tochter der Beteiligten zu 2 und die allein sorgeberechtigte Mutter der ein Jahr alten Beteiligten zu 4.

Mit notarieller Urkunde vom 20.10.2020 überließ die Beteiligte zu 2 Miteigentumsanteile von 3/16, 2/16, 2/16 und 1/16 an die Beteiligten zu 3, 1, 5 bzw. 4, letztere vertreten durch die Beteiligte zu 1.

In der Urkunde ist in Abschnitt XI. u.a. vereinbart:

2. Das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen wird für immer ausgeschlossen (§ 1010 BGB). [...] Die Vertragsteile bewilligen und beantragen die Eintragung des vorgenannten Ausschlusses der Aufhebung der Gemeinschaft an ihrem jeweiligen Miteigentumsanteil im Grundbuch. [...]

Abschnitt XII. lautet:

Die Beteiligten bewilligen und beantragen, gemäß den Erklärungen in dieser Urkunde in das Grundbuch einzutragen:

1. alle zur vertragsgemäßen Lastenfreistellung und Rangverschaffung zweckdienlichen Erklärungen,

2. die Umschreibung des Eigentums gemäß Abschnitt III.,

3. Aufhebungsausschluss gemäß Abschnitt XI. Ziffer 2.,

4. im Rang danach die Nießbrauchsrechte gemäß Abschnitt IV. Ziffer 1 c) an nächstoffener Rangstelle [...],

5. im Rang danach die Vormerkung [...].

Auf den Eintragungsantrag vom 29.10.2020 hin hat das Grundbuchamt am 13.4.2021 eine Zwischenverfügung erlassen, wonach die Bestellung eines Ergänzungspflegers für die Beteiligte zu 4 erforderlich sei. Gemäß §§ 1629 Abs. 2, 1795 Abs. 2, 181 BGB sei die Mutter von der Vertretung ausgeschlossen, wenn sie als Vertreter auf beiden Seiten des Vertrags stehe. Die Minderjährige könne nicht durch einen Elternteil vertreten werden, der selbst einen Miteigentumsanteil erhalten solle, wenn im Vertrag ein Ausschluss der Auseinandersetzung vereinbart sei.

Gegen diese Zwischenverfügung hat der Urkundsnotar mit Schriftsatz vom 30.4.2021 im Namen der Beteiligten zu 1 Beschwerde eingelegt. § 181 BGB sei nach dem Normzweck nicht anwendbar, wenn das Insichgeschäft dem Vertretenen lediglich einen rechtlichen Vorteil bringe. Die Vereinbarung des Auseinandersetzungsausschlusses bewirke nur eine Einschränkung der Möglichkeit, den Grundstücksanteil zu verwerten. Durch sie würden keine weiteren unmittelbaren oder finanziellen Verpflichtungen oder sonstige rechtliche Belastungen des Vermögens des Erwerbers herbeigeführt.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Beschluss vom 15.6.2021 nicht abgeholfen. Hinsichtlich der Vereinbarung des Auseinandersetzungsausschlusses sei die Mutter von der Vertretung der Tochter ausgeschlossen, da sie auf beiden Seiten des Vertrags stehe.

Auf einen Hinweis des Senats zur Frage des rechtlichen Vorteils hat der Urkundsnotar ergänzend vorgetragen, im vorliegenden Fall sei der Ausschluss des Rechts, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, Inhalt des erworbenen Miteigentumsanteils der Minderjährigen. Es könne keinen Unterschied machen, ob der Veräußerer die Vereinbarung bereits vor der Übertragung gemeinsam mit anderen Vertragsteilen ohne die Minderjährige in einer gesonderten Urkunde treffe und danach die Übertragung an die Minderjährige des bereits mit dem Ausschluss belasteten Anteils erfolge oder ob dies aus Kostengründen in einer Urkunde geschehe. Die Reihenfolge der Eintragungsanträge in Abschnitt XII. der Urkunde zeige auch, dass der Ausschluss wie der Nießbrauch und die Rückforderungsrechte Inhalt des zugewandten Anteils seien.

II. Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

1. Die Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ist sie gemäß § 71 Abs. 1 GBO statthaft, denn Entscheidungen des Grundbuchamts i.S. dieser Bestimmung sind auch Zwischenverfügungen nach § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO (Senat vom 11.4.2011, 34 Wx 160/11 = FGPrax 2011, 173; OLG Hamm FGPrax 2010, 177; Demharter GBO 32. Aufl. § 71 Rn. 1; Hügel/Kramer GBO 4. Aufl. § 71 Rn. 68; Schöner/Stöber GBR 16. Aufl. Rn. 473). Als gemäß § 13 GBO Antragsberechtigte ist die Beteiligte zu 1 auch beschwerdeberechtigt (vgl. BGH NJW 2005, 1430; Demharter § 71 Rn. 63; Hügel/Kramer § 71 Rn. ...

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